Dienstag, 28. Mai 2013

Ohne Agent und ohne Verlag


Wie es mir geht? Es scheint mir, als rühre ich die Suppe um, die ich mir mit allen Zutaten, die eine gute Suppe benötigt, eingebrockt habe. Ich fische im Trüben und im Klaren, stochere in alten Geschichten und hafte doch an keiner von ihnen an. Das Gedicht von Petrarca fällt mir wieder ein, besonders die beiden letzten Strophen:
Ich wanke wie das Gras, so von den kühlen Winden
Um Vesperzeit bald hin geneiget wird, bald her.
Ich walle wie ein Schiff, das in dem wilden Meer
Von Wellen umgejagd nicht kann zu Rande finden.
Ich weiß nicht was ich will, ich will nicht was ich weiß,
Im Sommer ist mir kalt, im Winter ist mir heiß.
(Francesco Petrarca, 1304-1374; aus dem Italienischen von Martin Opitz)
Das habe ich schon einmal in einem Roman verwendet, selbstverständlich war das ein Roman, der nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat. Jetzt, wo ich frei bin, zu schreiben, was immer mir in den Sinn kommt, kann ich mich nicht entscheiden. Da ist die Geschichte der Herren von Zimmern und der Burg Wildenstein, die mich fasziniert. Es geschah ein Mord, es geschahen Angriffe, es gab eine tief verstörende Beziehung zwischen Froben Christoph, dem Chronisten und seinem Vater. Hier versteckte sich die Familie ein Jahr lang vor der Pest 1519. Ferner gab es besoffene, berühmte Adlige, die dort Zuflucht suchten, einen Hexenturm, in dem angeblich die inhaftierten Frauen verbrannten, und es bestanden Beziehungen zu Herzog Ulrich von Württemberg, einem der Helden meines Bauernkriegsromans.

Ich könnte auch die Zacken der Revolutionsgeschichte wieder richten, die etwas arg lädiert waren, und sie wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzen. Dann liegt ein sehr altes Projekt in den Dateien, das geordnet werden müsste, das fängt mit einem Prolog aus dem Frankfurt des 2. Weltkrieges an und umfasst immerhin um die 300 Seiten. Wie würdet ihr entscheiden? Was macht man, wenn man, wenn auch an Erfahrungen sehr viel reicher, nach sieben Jahren quasi wieder von vorne anfängt?

Samstag, 25. Mai 2013

Vom Glück, ein Autor zu sein

Villingen mit Jungesellenabschied, August 2012
Gestern Abend habe ich mir ein Interview mit Titus Müller angehört, das auf seinem Sender "Wissen ist Macht" ausgestrahlt wurde. Es passt wirklich schön auf meine momentane Situation, finde ich, und deswegen habe ich es mir auch in seiner ganzen Länge angehört. Da ist von Disziplin die Rede, vom Staunen und vom Finden der Geschichten unterwegs. Und vom Transportieren eigener Themen in diese Geschichten, sei es nun fiktional oder authentisch, historisch, kriminal oder auch ganz anders. Titus Müller schreibt im historischen Genre, er denkt an weibliche und männliche Leser und hat auch immer eine Liebesgeschichte darin verwoben. Das ist ein glücklicher Autor, habe ich gedacht, denn er macht genau das, was er immer machen wollte. Heute gingen mir diese Aussagen noch einmal durch den Kopf, als wir durch die sonnigen Straßen von Villingen spazierten. An der Stadtmauer mit dem Pfleghof aus dem 14. Jahrhundert habe ich das wieder gespürt. Die Historie ist und bleibt mein Lieblingskind. Der Geruch der alten Mauern, die Geschichten, die man zwischen ihnen aufstöbern kann ...In der Buchhandlung fand ich einen Band mit Geschichten zur Burg Wildenstein im Donautal. Dort schrieb Christoph Froben von Zimmern einen großen Teil seiner "Zimmerschen Chronik", einer einzigartigen und teilweise sehr burlesken Aufzeichnung des Lebens im 16. Jahrhundert. (Inspirierte mich übrigens zu einem Roman, in dem auch die Figuren des Christoph Froben von Zimmern auftauchten). Es bestärkt mich darin, weiter mit wachen Sinnen durch die Welt zu gehen und auf die Geschichten zu achten, die dort am Wege liegen, sei es aus der Gegenwart oder der Vergangenheit.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Wie man einen Krimi schreibt

 
Jetzt geht's mir wieder gut - ich habe einiges vom Kollegen von der Polizei gelernt, was Mordermittlung, Einsätze, Züge und Diensthunde betrifft. Dazu bin ich wieder auf die vier Teile der Abhandlung meiner Kollegin Mara Laue gestoßen (hier zum Beispiel Teil 1: Ablauf einer Mordermittlung). Sehr gut zusammengefasst erläutert sie alles, was Fiktion und Fernsehkrimi und was reale Polizeiarbeit ist. Lohnt sich für jeden Krimischreiber, die vier Teile zu lesen! Wobei es sicher übertrieben wäre, bei jeder Zeugenbefragung, die man schildert, Name, Wohnort, Geburtsdatum usw. herunterleiern zu lassen. Ich bin in meinem Leben schon wiederholt von der Polizei befragt worden, sogar von der Kripo Tübingen. Damals ging es um einen fingierten Mordanschlag auf einen jungen Mann, den wir als Studenten gemeinsam betreuten. Später bin ich in Mutlangen auf dem Revier richtig verhört worden (wegen des Verdachts der Nötigung, d.h. Sitzen vor einem Armeelastwagen) und später zu 1000 DM Geldstrafe verdonnert worden. Das wurde allerdings noch viel später vom Europäischen Gerichtshof in Straßburg aufgehoben, und ich bekam mein Geld zurück, da die Tat nicht als verwerflich anzusehen war. Zumindest war es einen enorme Mutprobe für mich gewesen, den Lastwagen bis auf wenige Zentimeter an mich heranfahren zu lassen, ohne zurückzuzucken. Auf jeden Fall wurde ich dort auf dem Revier schon als Beschuldigte vernommen.



Da ich in Zukunft ziemlich frei schalten und walten kann, stehen mir viele Möglichkeiten offen. Mit meinem Schwarzwaldkrimi werde ich auf jeden Fall das Handwerk von der Pike auf lernen und dann sehen, ob ich das weiter verfolge, auch mit historischen Krimis. Gerade habe ich ja, wie schon erwähnt, das Buch "Vorsatz und Begierde" von P.D. James gelesen, jetzt lese ich (vom Trödel) "Die Gnadenfrist" von Mary Higgins Clark, das mehr ein Thriller ist.

Hier noch zwei weitere Krimis der letzten Zeit, die mir gut gefallen haben:
(Ich lese übrigens seit meiner Jugendzeit gerne Krimis und Thriller)

Mittwoch, 15. Mai 2013

Das Fohlen scharrt im Stall

Nein, ich habe das Ei des Kolumbus noch nicht auf den Kopf gestellt. Wenn es nur so einfach wäre! Den Traum vom Schreiben habe ich peu á peu verwirklicht, aber sagte nicht schon der alte Goethe: Endet mein Streben, endet mein Sein ...? Alle Aufräumarbeiten sind erledigt, so gut wie alles Wissenswerte über Autoren und ihre Möglichkeiten des Publizierens wurde von mir gelesen. Aus dem Chaos schwebt nicht Phönix mit Ascheresten an den Federn empor, sondern schafft noch größeres Wirrwarr. Die Schubladen mit den drei Romanen habe ich wieder zugemacht und dabei etwas entdeckt, was wie der Anfang eines Krimis der ganz anderen Art klingt. Nur ein kleines Exposé und vier Seiten Text. In einer wahnwitzigen Minute zwickt mich der Hafer und ich überlege, ob ich den nicht bei Diogenes anbieten soll. Die lesen ja alles, hatte mir mal eine Lektorin geschrieben. Dann hörte ich nie mehr etwas von ihr. Aber heute bin ich ja neun oder zehn Bücher weiter, denke ich.

Ich kann nicht warten. Die Wände könnte ich mal wieder hoch - und runtergehen! Von der Lektorin, der ich ein Beispiel-Exposé geschickt hatte, ist auch noch keine Antwort da. Einen neuen Roman kann und will ich mir nicht aus den Rippen schneiden. Wie wäre es mit einem Thriller namens "Trauma"? Den Titel gibt's noch nicht, würde sich doch gut machen mit einem Blutfleck auf weißem Untergrund, oder? Aber dazu müsste ich erst mal eine zündende Idee haben. Vielleicht sollte ich mich doch beim Trauma-Seminar in meinem Lieblings-Kloster anmelden. Das interessiert mich aber eigentlich viel weniger als das im November mit dem Titel "Reduzieren und gewinnen-Ballast abwerfen." Wenn ich nach meinen beliebtesten Postings aller Zeiten gehen würde, müsste ich Bücher mit Titeln wie "Auf Wolframs Spuren","Fluchtpunkte", "Worum sich Menschen sorgen" oder "Eduard Mörike im lieblichen Taubertal" schreiben, aber das erwähnte ich ja früher schon. Ich bin einfach rat- und rastlos. Glücklicherweise habe ich noch meinen Beruf und meinen Partner, sonst würde mir nämlich die Decke auf den Kopf fallen. Insbersondere bei den Wetteraussichten, die uns für Pfingsten wieder angekündigt werden. Die Blogs der anderen sind für mich eine willkommene Ablenkung und Bereicherung. Dagegen nützt es überhaupt nichts, den Computer immer wieder auszuwringen, um auf Deubel komm raus irgendwo etwas wirklich Nützliches zu  finden. Das regt nämlich nicht an, sondern vielleicht - auf, im Übrigen macht es unendlich müde.

Dienstag, 14. Mai 2013

Lebensträume - und der Traum vom Schreiben!

Man müsse aus einem Traum erst einmal erwachen, bevor man ihn verwirklichen kann, sagt ein Sprichwort. Wie viele ungelebte, unverwirklichte Lebensträume mögen auf dem Grund so vieler Leben begrabenliegen! Wenn ich mich einmal ganz persönlich frage, welche Träume ich hatte und vieviele davon ich verwirklichen konnte, dann fällt mir doch eine Menge ein. Mit 15 träumte ich davon, eine Familie und drei Kinder zu haben. Dieses Soll wurde nicht ganz erfüllt, aber immerhin heiratete ich, viel zu jung, mit 21 Jahren und bekam später einen wundervollen Sohn. Mit 19 träumte ich davon, Buchhändlerin zu werden, um die Welt zu fahren und ein Buch zu schreiben. Im gleichen Jahr fuhr ich mit einem Frachter nach Argentinien, ritt über die Pampa und reiste mit den Verwandten nach Misiones, zu den Wasserfällen des Iguacu. Aus der Buchhänderin wurde nichts, da man damals bei Thalia einfach zu wenig verdiente. Statt dessen studierte ich an der Uni Tübingen Sozialpädagogik und Sozialpsychiatrie. Und machte Reisen in ganz Europa. Mit 27 war ich fertig und übe den Beruf bis heute aus. Teilweise unter Traumbedingungen, teilweise ganz schön schlauchend. Einige Zeit arbeitete ich in einer multinationalen Kindertagesstätte und wollte Kinderbuchautorin werden. Immerhin wurden Fotos und Texte von mir bei Ravensburger veröffentlicht. Meinem Traum vom Schreiben war ich aber noch kein Stück näher gekommen. Das kam erst viel später. Jahrelang erschienen Artikel von mir in regionalen und überregionalen Zeitungen, darauf folgten Wanderungen für den Kalender des Albvereins. 2004 veröffentlichte ich meinen ersten (biografischen) Roman, bis heute folgten sechs weitere Romane, eine Anthologie und ein Almanach. Der Traum von früher lebte wieder auf: Ich wollte reisen, in einem Haus im Süden wohnen und schreiben. Gereist bin ich weiterhin, das Haus im Süden stand am Gardasee, aber nur für ein paar Tage. Eigentlich muss ich mich mal ganz kräftig in die Nase kneifen und mich fragen: Habe ich den Traum nun verwirklicht oder nicht?

Sonntag, 12. Mai 2013

Ballast abwerfen - zwanzig Jahre Leben!

Heute ist der heilige Pankratius ins Land gegangen. Und hat wahrlich eine Eiszeit mit sich gebracht. Mit einer Schniefnase und Husten liege ich
auf dem Sofa und schaue dem Ast des Quittenbaums zu. Dessen rote Blüten werden mal vom Regen gegen die Scheibe gepeitscht, dann wieder sanft im Sonnenlicht gewiegt. Die ganze Zeit weht ein Wind, der mir eine Gänsehaut macht. Also keim Schwimmen und kein Spaziergang heute, sondern ich tue etwas, das ich mir schon sehr lange vorgenommen habe: Ich nehme die zehn Kästen mit den alten Dias, ziehe sie einzeln heraus, begucke sie durch einen kleinen Apparat und trage nach und nach 95% davon in den Müll. Zwanzig Jahre sind darin eingefangen, Reisen nach Korsika, Venezuela, Mexiko, Spanien, Umbrien, Venedig. Betriebsausflüge und Gruppenfreizeiten, Grillparties, Wanderungen und Städtetripps ohne Ende. Blumen und Burgen, Schlösser und Ruinen, Felsen und klare Bäche, Menschen, Tiere und Bäume. Die besten habe ich natürlich in einem der Kästen gesammelt und werde sie abziehen oder digitalisieren lassen. Viele von ihnen habe ich als Papierausdruck vorliegen oder schon digitalisiert. Erstaunlich, wie sich im Lauf der Jahre nicht nur das Schreiben und der ganze Mensch, sondern auch die Art des Fotografierens verändert. Viele Bilder von damals sind einfach nichtssagend, von der Qualität her sind sie meist schlechter oder wenigstens nicht besser als die heutigen Digitalfotos. Zur Belohnung gönne ich mir jetzt einen Espresso! Und als nächstes sind dann Bücher dran, die ich nicht mehr lese, die Bilderdatei im Computer und überflüssiges Geschirr.

Freitag, 10. Mai 2013

Die Ressourcen des Autors

In meinem Beruf arbeiten wir ressourcenorientiert, das heißt, wir schauen nicht auf die Mängel und Defizite und jammern herum, sondern achten auf die Stärken und die Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Meine grundsätzlichen Stärken sind Empathie und Durchhaltevermögen, meine größte Schwäche sind die Ungeduld und die starke Zielorientierung meines Handelns. Zeiten, in denen nichts passiert, halte ich kaum aus, besonders beim Schreiben nicht. So packe ich zum Beispiel meinen Krimi und meinen alten historischen Krimi in die Schublade, nur um sie gleich wieder rauszuholen und laut zu überlegen, was in aller Welt ich denn nun damit machen könnte. Damit bringe ich mich in eine Pattsituation, kann weder vor noch zurück. Ich sollte einfach darauf vertrauen, dass es weitergeht.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Warum Frauen so gern ins Gestern reisen-und warum sich Verlage so schwer tun, das Kundeninteresse zu bedienen

Warum schreibe ich nicht eine Fortsetzung des Schwarzwaldkrimis, warum recherchiere ich statt dessen darüber, wie das Schloss Hohentübingen im 15. Jahrhundert ausgesehen hat? Dieses Renaissance-Portal der Vorburg entstand nämlich erst im Jahr 1513, als das gesamte alte Schloss abgerissen war und von Herzog Ulrich von Württemberg neu aufgebaut wurde. Warum hat mich der gestrige Bericht über die Kelten im Südwesten so sehr interessiert?

Eine Antwort darauf könnte ein Artikel aus der Brigitte Woman geben. Das Interesse vieler Frauen für historische Romane könnte damit zusammenhängen, dass sie quasi Geschichtsunterricht nachholen möchten und sich vor allem für die kleinen Dinge des Alltags und des Zusammenlebens interessieren. Das trifft auf mich zu. Vor mehr als zehn Jahren wollte ich wissen, was man eigentlich früher im Schwäbischen zum Frühstück aß. Und stieß auf ein Buch von Peter Lahnstein, der mir das alles sehr anschaulich erklärte: "Schwäbisches Leben in alter Zeit". Das war der Beginn meines Schreibens von historischen Romanen.

Nun ist aber in den letzten Jahren eine solche Schwemme von historischen Romanen über uns hereingebrochen, dass der Markt übersättigt ist. Ich selbst kaufe und lese kaum noch historische Romane. Dagegen interessiert mich nach wie vor brennend, was in der Vergangenheit, besonders an den Orten, an denen ich lebe und die ich kenne, geschehen ist und wie die Leute dort lebten. Von Schmuck und Schwertern wollte ich nie besonders viel wissen, aber die filigranen Goldfibeln der Kelten haben mich so fasziniert, dass ich es bedauerte, aufgrund Millionenandrangs nicht in die Stuttgarter Keltenausstellung gekommen zu sein. Dieses Interesse für alte Mauern und altes Leben wird auch noch lange anhalten.

Eine andere Frage ist, wie sich das für die Autoren und Leser historischer Romane darstellt. (Und für Autoren und Leser sämtlicher Buchgattungen). Im Tübinger Osiander sah ich, dass das Regal für Hardcover mit Osiander-Prospekten aufgefüllt war. Die Angebotskurve verflacht, Hardcover und Taschenbücher gehen zurück, der E-Bookmarkt boomt, ist aber noch unübersichtlich, die Verlage müssen umdenken und innovieren. Dazu fand ich im Buchreport-Blog Überlegungen eines Innovationsberaters, welche Strategien erforderlich wären, um dem künftigen Leserinteresse und dem Interesse aller an der Entstehung und Verwertung eines Buches Genüge zu tun.
-Trendthemen haben immer kürzere Laufzeiten, müssen mit langfristiger Planung und Aufbau von Autoren Hand in Hand gehen.
-Die Lösungen müssen kundenorientiert sein.
-Der Inhalt muss bezahlbar sein.
-Verlagsintern müssten neue Strukturen für Innovationen geschaffen werden
-Das Projektmanagement sollte zum zentralen Handwerkszeug werden.

Mit eigenen Worten: Wir Leser brauchen professionell erstellte Bücher mit gutem Inhalt, die leicht zu erwerben, bezahlbar und trotzdem individuell sind.
Wir Autoren brauchen Vertriebsstrukturen, die gut zu verkraften sind -flexibe Verlage, die über der Gewinnorientierung die Wertschätzung ihrer Autoren nicht vergessen. Und Leser, die sich dessen bewusst sind, dass die Entstehung von Büchern ein Prozess ist, der sich kaum mit der Produktion von Fertiggerichten vergleichen lässt.

Samstag, 4. Mai 2013

Wie man einst vom Schreiben lebte-Sophie la Roche

Nein, im Moment kommt keine Freude auf. Der Winter ist zurückgekommen, nachdem wir schon einen wunderschönen ersten Mai im sonnigen Donautal verbringen konnten. Beruflich läuft's gerade nicht rund, an die Zukunft meines Schreibens will ich jetzt gar nicht erst denken. Da fällt mir Sophie de la Roche ein, die erste deutsche Schriftstellerin, die vom Schreiben gelebt hat. Wie hat die das wohl geschafft?
 Sophie la Roche wurde 1730 in Kaufbeuren geboren. Zusammen mit ihrer Familie kam sie nach Biberach, wo sie sich häufig im literarischen Salon des Schlosses Warthausen aufhielt. Hier traf sie ihren Jugendfreund Christoph Martin Wieland wieder und verlobte sich 17jährig mit ihm. Wieland sollte später, zusammen mit Goethe und Schiller, zum Dreigestirn in Weimar aufsteigen. Sophie heiratete aber nicht ihn, sondern den kurmainzischen Hofrat von la Roche. Häufig weilte sie im Schloss von Bönningen, wo sie ihren Roman "Das Fräulein von Sternheim" beendete. Später zog die Familie nach Koblenz und Speyer. Über ihre Tochter Maximiliane avancierte sie zur Großmutter von Bettina und Clemens Brentano. Aus politischen Gründen wurde ihr Mann aus dem Dienst entlassen, wodurch schlagartig alle Salontätigkeiten endeten. Als er schließlich starb, musste Sophie, als 58jährige Witwe, sich und ihre Kinder mit dem Schreiben durchbringen. Für mich eine spannende Lebensgeschichte, die ich vielleicht noch einmal aufzeichnen werde. Und das, obwohl laut Agenten und Verlagen das 18. Jahrhundert ein absolutes No-Go ist!
Schloss Bönningen
Jetzt aber noch etwas zu der Frage, wie es Sophie la Roche geschafft hat, vom Schreiben zu leben - und das in einem Jahrhundert, in dem es eine Unmöglichkeit für eine Frau war, Bücher, dazu noch Romane zu veröffentlichen! Ihr erster Roman, "Das Fräulein von Sternheim", den sie nach eigenen Angaben aus einer Depression heraus schrieb, weil ihre Kinder nicht bei ihr waren, sondern in einem Kloster erzogen wurden, kam unter dem Namen Christoph Martin Wielands heraus-und wurde so etwas wie ein Bestseller. Das verschaffte ihr große Anerkennung bei Hofe und bei den zeitgenössischen Schriftstellern und Philosophen. Es gibt schon einen hervorragenden biografischen Roman von Renate Feyl, dessen Besprechung ich hier verlinke. Mit großen Augen las ich, dass sie ihren Mann schon zu Lebzeiten schreibend unterstützen musste, weil er keinen Neuanfang wagte. Er war nämlich wegen seiner Kirchenkritik als angeblicher Atheist entlassen worden und fürchtete einen erneuten Absturz. Nach zahlreichen Schicksalsschlägen blieb Sophie nur ihre literarische Arbeit, um den Alltagssorgen zu entkommen. Sie gründete die Frauenzeitschrift "Pomonia", die aber bald aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt werden musste. Außerdem schrieb sie offensichtlich einen Roman nach dem anderen (hier eine Liste). Besonderer Beliebtheit erfreuten sich ihre Beschreibungen der Reisen, die sie innerhalb Europas machte. Ohne die materielle Absicherung musste sich Sophie mit Verlegern herumschlagen, "denen es nur um pekuniären Erfolg und Schreiben gemäß dem - immer schneller wechselnden - Zeitgeist und nicht in erster Linie um literarische Qualität ging." (...) Sie hat sich nicht verbiegen lassen, sich in ihren Werken - auch um den Preis des literarischen Mißerfolges - nicht dem Zeitgeist angepasst, sondern sich die Freiheit genommen, nach (ihrem) Charakter zu leben".

Diese Geschichte einer Schriftstellerin aus dem 18. Jahrhundert macht wirklich Mut. Wenn eine Autorin gegen den Zeitgeist und gegen den Willen der Verleger geschrieben hat und trotzdem Erfolg hatte, ja sogar davon leben konnte, dann ist es mehr als eine Motivationsgeschichte! Und es sollte heute ebenso, wenn nicht vermehrt, möglich sein, so etwas zustande zu bringen. Ich wäre gern Sophie la Roche gewesen, hätte auf Schlössern gelebt, einen Wieland und berühmte Menschen zu Freunden gehabt. Das ist aber nur die romantische Seite der Medaille. Diese Frau hat hart gekämpft, um mit dem Schreiben zu überleben. Hat sich nicht ins Bockshorn jagen lassen, sondern das durchgesetzt, was sie schreiben wollte. Und wenn ich jetzt gerade immer mehr über das Leben von Sophie la Roche erfahre, wird mir leichter ums Herz. Ich möchte keinen biografischen Roman mehr über sie schreiben, denn den besten gibt es ja schon. Ich möchte sie als ein gewisses Vorbild ansehen, das ich immer wieder heraufholen kann, wenn ich glaube, dass es mit dem Schreiben nicht weiter geht.

Donnerstag, 2. Mai 2013

Self Publishing ist keine Alternative


In den letzten Tagen hat mich ein Beitrag von Tom Liehr im Literaturcafé beschäftigt und mir mitsamt den Kommentaren Denk- und Entscheidungshilfen gegeben: Selbst-Publishing ist keine Alternative und kein Allheilmittel. Für mich persönlich kann ich folgendes Fazit abgeben: Unabhängig davon, ob ein Autor bei einem Verlag oder selbst publiziert, wirklich Geld kann er damit nicht verdienen. Es sei denn, er schreibt mehrere Bestseller oder haut jedes Jahr mehrere erfolgreiche Bücher raus. Ich streite immer noch mit dem Finanzamt um die großartigen Einnahmen, die ich nicht gehabt habe, und auch die 0,00-Abrechnung vom Verlag ist immer noch nicht da. Es gibt also keinen Grund, uns Autoren zu beneiden. In einem Piratenblog habe ich gesehen, dass über Verlagsabsagen gestöhnt wird und darüber, dass die Verlagsautoren auf andere Autoren herabsähen, die es zu keinem Verlag geschafft haben. Aber auch sie "piratisieren" keine Indie-Autoren. Wie kommt das? Gönnen sie den Indie-Autoren ihren Verdienst und wollen nur die Verlagsautoren schädigen? Für mich ergibt sich auf jeden Fall, dass Schreiben nur gut ist, wenn man es für sich selber macht.