Montag, 31. August 2015

Was wir können

In der Diskussion über meinen Blogartikel der letzten Woche Das Ende der Ungeduld kam noch einmal die Frage nach Sinn und Zweck von Pseudonymen auf. Dass sie in bestimmten Fällen sicher gerechtfertigt sind, zum Beispiel bei erotischer Literatur oder bei Thrillern, die völlig aus der bisherigen "Marke" des Autors herausfallen. Vielleicht gibt es auch Namen, die von vornherein ein bisschen aufgepeppt werden können-und dabei kann man dann auch bleiben. Wenn ich Lieschen Müller heißen würde, wäre mir "Christa S. Lotz" dann doch einen Tick lieber. Novalis ist als Novalis klangvoller in die Literaturgeschichte eingegangen als mit dem Namen Friedrich von Hardenberg. Die andere Frage war die nach der Bekanntheit eines Autors, und dass er sich mühsam mit einem fremden Namen neu aufbauen muss, wenn er ein Pseudonym annimmt. Ich kenne zwar einen, der erst mit dem Pseudonym zum Bestsellerautor avancierte, aber auch nur, weil sich Agent und Verlag stark für ihn eingesetzt hatten. Bei Normalautoren sehe ich eher eine Art Zerstückelung des Namens. Ich als Leserin kann mir auf Teufel komm raus nicht merken, welcher mir bekannte Autor hinter einem Pseudonym steckt. Es sei denn, er ist mir so bekannt, dass ich einfach alles über ihn weiß, vor allem das, was er kann. Dabei kam für mich die Frage auf, was ich eigentlich kann.

Es gab Zeiten, da war ich so überkandidelt, dass ich glaubte, alles schreiben zu können, was ich wollte. Das stimmt aber nicht, wie ich im Lauf der Zeit merkte, und es ist auch dem leichten Größenwahn ensprungen, den viele Autoren zu entwickeln pflegen. Ich selbst wollte immer etwas bewegen mit meinem Schreiben, innerlich und äußerlich. Mit meinen Zeitungsartikeln habe ich viel bewegt, es gab sogar Offiziere und Bürgermeister, die öffentlich mit uns in den Medien diskutierten. Bei einer Kurzgeschichte gab es einen Leser, dem während des Lesens der Griffel aus der Hand gefallen sei. Und selbst Trauerreden kann ich schreiben, wie sich jetzt in Hamburg zeigte. Von einem professionellen Redner vorgetragen, wirkte sie so nachhaltig, wie ich es noch nie vorher erlebt hatte. Vor allem auch emotional. Dass ich Romane schreiben kann, brauche ich wohl niemandem mehr zu beweisen. Was ich nicht kann: das schreiben, was andere von mir erwarten. Genreliteraur schon, aber nicht in deren engen Grenzen. Ich möchte nicht Liebesszenen einbauen, wo keine hingehören, keine Toten und kein überflüssiges Blut oder verwesende Körpereile nur des Effektes willen hinzufügen. Es gibt also eine ganze Menge, was ich nicht kann. Am liebsten schreibe ich eh so, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Als nächstes lasse ich mich hier im Blog über das Eventleben und seine Schattenseiten aus, inspiriert durch die Reise nach Hamburg, von der ich gestern nacht spät zurückkam, nachdem die Deutsche Bahn mir mal wieder ein paar mehr oder wenige lustige Streiche gespielt hat.

Dienstag, 25. August 2015

Das Ende der Ungeduld

Gerade wollte ich schauen, ob ich den Titel "Das Ende der Ungeduld" nicht schon einmal verwendet hatte. Dabei stieß ich auf einen meiner Blogartikel aus dem Jahr 2010, in dem zwar von der Ungeduld des Autors die Rede, der Titel aber ein anderer war. Es ging um Genrewechsel und Pseudonym. Zwei Mitautoren rieten mir zum Pseudonym, Petra van Cronenburg ermunterte mich zum eigenen Namen, zur eigenen Marke. Und eine eigene Marke ist sie auch geblieben, wie man ihrem neuesten Beitrag entnehmen kann! Diesen Kreativitätsrausch kenne ich ebenfalls, und mein Phänomen der "glühenden Ohren" hatte ich in dem Artikel beschrieben; "Grenzen der Geduld" hätte ich es auch nennen können. Ich persönlich bin eigentlich ein grenzenlos geduldiger Mensch, und in diesem Sinne wurde meine Arbeit der vegangenen mehr als dreißig Jahre auch gebührend gewürdigt. Gleichzeitig bin ich aber ein wahnsinnig ungeduldiger Zeitgenosse. Schon als Kind habe ich Bastelarbeiten, die mir nicht gleich gelangen, an die Wand geschmissen. Das änderte sich schlagartig, als ich zu schreiben und zu veröffentlichen begann. Es gehört schon eine gewaltige Portion an Geduld - oder sagen wir lieber Ausdauer und "langer Atem"- dazu, Tausende von Seiten zu füllen, dafür Verlage und Agenturen zu suchen und das über einen Zeitraum von fast fünfzehn Jahren durchzuhalten. Das noch länger zu tun grenzt vordergründig schon an grenzenlose Selbstmarter, wenn man sich die heutigen Bedingungen der Veröffentlichung näher besieht. Die großen Buchhandlungen ordern offensichtlich nur noch Taschenbücher, die von den Verlagen massiv beworben werden. Am Self Publishing ist momantan wohl nur die Tatsache motivierend, dass Amazon pünktlich zahlt und dass man jeden Tag gucken kann, wie viele hundert Seiten heute denn wieder gelesen wurden. Manch ein Autor hat die Gelegenheit ergriffen und einen eigenen Verlag gegründet. Das Ende der Fahnenstange und das der Geduld scheint erreicht. Man könnte es auch als das Erreichen einer Belastungsgenze bezeichnen. Für mich ist es aber auch das Ende der Ungeduld, denn ich kann nicht mehr bekommen, als ich schon erhalten habe. Es gibt keinen Fortschritt mehr außer dem, den ich selber mache.

Das Ganze ist aber völlig zweitrangig, wenn man die Kulturschaffenden, die Autoren betrachtet. Ich höre nichts davon, dass sie massenweise aufgeben oder sich mit dem Gedanken tragen, aufzuhören. Nein, mit jedem neuen Buch brechen sie wieder auf in die von ihnen selbst geschaffene Welt. Und es wird immer Leser geben, die ihnen dorthin folgen. Auch ich habe ein Projekt, dessen Anfänge fast zehn Jahre zurückreichen. Vor einiger Zeit hat es mich gebissen, dann war ich wieder abgelenkt. Wunderte mich, dass es mich nicht mehr zum Schreibtisch gezogen hat. Bis ich (nach einigen Fragen meines Testlesers) darauf kam, dass das Vorhaben nicht schlüssig war und deshalb nicht funktionierte. Ich habe dann zwei Figuren und einen überflüssigen Mord rausgeworfen, die hatten den Handlungsfluss gestört. So richtig reinstürzen kann ich mich zwar immer noch nicht, weil ich für ein paar Tage in einer familiären Angelegenheit nach Hamburg muss. Aber vielleicht lässt mich die Zugfahrt auch ein wenig kreativ sein. In Hamburg kann ich einige Schauplätze meines Romans in Augenschein nehmen. Und dann gibt es noch den Krimi, der von einem kleineren Publikusverlag nicht veröffentlicht wurde, weil er an einigen Stellen nicht spannend genug gewesen sei. Ob sie damit meinten, die Polizeiarbeit hätte zu wenig im Vordergrund gestanden? Waren es zu wenig Dialoge, die ich beim Lesen gar nicht schätze, wenn das ganze Buch nur daraus besteht?

Ich hatte mir vorgenommen, nicht nur weiterzuschreiben, sondern auch an "meinen Themen" Achtsamkeit, Resilienz (Belastbarkeit), Burnout, Grenzen und soiale Medien dranzubleiben. Und so werde ich mich für Mitte Oktober wieder im Kloster Heiligkreuztal anmelden. Da geht es um die Grenzen gegenüber anderen, aber auch um Belastbarkeitsgrenzen. Durchgeführt wird das Seminar von einer Psychotherapeutin mit einem Lehrauftrag in Innsbruck, die sich ebenfalls mit Burnout, Trauma und ähnlichen Themen beschäftigt. Ich erwarte mir davon Abstand und die Erfahrung von Grenzen, meinen Grenzen und denen der anderen.



Sonntag, 16. August 2015

Der Flatrate-Autor

Mit einem Paukenschlag ist der Glutofensommer nun zu Ende gegangen. Zeit, um durchzuatmen und sich wieder auf alles zu besinnen, was vorher da gewesen war. In den letzten Tagen haben wir unseren traditionellen Zug durch die Buchhandlungen wieder aufgenommen. Ach was, Buchhandlungen, dazu zählen ja auch Antiquariate und die so genannten Bücherbäume. Bücherbäume sind das, was im Internet "Tausch-Gnom", "Tausch-Ticket" und so weiter genannt wird. In Städten wie Rottenburg, Bräunlingen, Obersontheim und Reutlingen gibt es Bücherregale, -stände und -bäume, in die man seine gebrauchten Bücher stellen und wieder welche mitnehmen kann Auch wenn da viel Verstaubtes von teils schon verstorbenen Unterhatungsliteraten steht, kann man doch immer mal wieder eine kleine Perle entdecken. Und ab und zu stelle ich dort eins meiner Autorenexemplare ein, zwecks diskreter Werbung. In den Buchhandlungen und sogar in den größeren Supermärkten nun ist mir aufgefallen, dass es dort inzwischen, wie bei Amazon, eine Flatrate zu geben scheint. Bücher, vor allem Hardcover, werden von 12,99 auf 3,99 Euro runtergesetzt. Bei Osiander in Reutlingen gibt es eine Riesenfläche, auf der Suhrkamp-Titel für einen Euro angeboten werden. In dem Zusammenhang muss ich noch sagen, dass die nächste kleinere unabhängige Buchhandlung in meiner Nähe vor allem Papierwaren verkauft und die Buchtitel relativ ungeordnet sind. Manchmal stoßen wir während unserer Touren noch auf diese kleinen, schönen Läden, zuletzt in Ehingen an der Donau. Die Buchhänderin erinnerte sich sogar an meinen letzten Aufbau-Roman.

Wenn ich also das nächste Mal wieder in einem Verlag veröffentlichen würde, hätte ich auf jeden Fall die Chance, nach ein paar Monaten oder Jahren unter diese Flatrate zu fallen, wie auch bei der Verramschung. *Edit: Das ist natürlich keine Flatrate, sondern ein Preisrabatt, wenn der Ladenpreis aufgehoben wurde. Nur habe ich nichts davon, denn selbst wenn ich vertraglich daran beteiligt würde, übersteigen die Verwaltungskosten meist das Resultat. Nicht so bei Amazon, sollte man denken. Seit Einführung der Flatrate im letzten Oktober sind die Einnahmen der Self Publisher kontinuierlich gesunken, bei mir seit Januar. Auch der, der nicht aufs Geld schauen will oder muss, ist darauf angewiesen, zumal er die Investitionskosten für das E-Book wieder reinkriegen muss. Jetzt ist die mit großer Spannung erwartete Juli-Abrechnung von Amazon gekommen. Die große Frage war für alle, mit wieviel Prozent aus dem Millionentopf die Autoren pro gelesener Seite vergütet werden. Es sind 0,06%. Und da kommt dann bei mehr als 10 000 gelesenen Seiten soviel raus wie vorher, also im Jahr 2015, für die Verkäufe. Gerecht, weil jetzt die Autoren mit mehr Seitenumfang mehr bekommen als die mit Kurzgeschichten? Gerecht, weil die lektorierten, korrektorierten, mit einem professionellen Cover versehenen und "spannenden" Bücher weniger verkauft, dafür mehr ausgeliehen und gelesen werden? Die meisten Verlage und deren Autoren haben sich bisher gegen das Flatratemodell gesperrt. Bei den Printbüchern kann man ja auch gar nicht erfassen, wieviele Seiten der Leser liest. Ob jemand, außer in einem Science-Fiction-Roman, wohl jemals daran gedacht hat, das Leserverhalten "auszuspähen"? Ich selbst lese übrigens immer noch am liebsten gedruckte Bücher, und wie ich hörte, soll es den meisten anderen Lesern auch so gehen. Mein persönliches Fazit aus der Situation ist folgendes: Ich werde meine drei E-Books weiter in diesem Programm laufen lassen und die wenn auch gesunkenen Tantiemen mitnehmen. Aber es hat sich definitiv etwas verschlechtert: Vor einem Jahr hatte ich die Kosten für das Buch in sechs Wochen wieder drin, diesmal wird es vorraussichtlich 8-9 Monate dauern, weil vierfache Kosten dazugekommen sind. Und wer weiß, wie schnell der Topf immer kleiner wird, weil immer mehr Autoren auf den Markt wollen! Für mich persönlich ist auch die Frage der Sichtbarkeit existentiell. So wie die Bücher in den Buchhandlungen gesehen werden müssen, um gekauft zu werden, müssen die Amazon-Kunden das Buch ebenfalls im Shop sehen, um es zu kaufen oder auszuleihen. Mit den Verkäufen war die Sichtbarkeit immer wieder gegeben, mit den Ausleihen kaum noch. Selbst wenn mir der Support versicherte, auch die gelesenen Seiten hätten einen Einfuss auf das Ranking. Für andere mag dieses Modell noch seinen Reiz haben, bei mir war es jetzt mit dem dritten Buch ein Auslaufmodell.

Samstag, 8. August 2015

Heißes Leben und Schreiben

Kann sich einer überhaupt noch vorstellen, dass es um den 11. Juni herum eine Schafskälte gab und man sogar nachts die Heizung anwerfen musste? Außer im Jahr 2003 habe ich nie so einen Sommer erlebt! Und meine Zeitung berichtet heute, dass der Hitzerekord in Baden-Württemberg mit über 40° zwei Mal in Bad Kitzingen im Fränkischen geknackt wurde. Ja, es hat auch seine Nachteile, verminderte Ernten und Weinlesen, verbranntes Gras, Algenblüte in den Seen, Waldbrände, Kreislaufbeschwerden. Das ewige Warten auf das Gewitter, wenn sich die Wolken tintenschwarz am Himmel ballen. Und wieder ist das örtliche Ereignis anderswo niedergegangen. Aber es wird noch kommen, vielleicht schon morgen! Die Vorteile überwiegen: Wann zuletzt hatten wir so viel Sonne satt, solche tropischen Nächte, die man im Freien verbringen konnte, solche Blütenpracht und solchen Wuchs? Im Winter hatte ich mir noch vorgestellt, ich würde quer durch Europa reisen, wenn ich mit der Arbeit aufhöre. Aber das ist ja nun gar nicht mehr nötig gewesen. Alle Orte, an denen wir waren (u.a. Ellwangen, Staufen, Hindelang, schwäbische Alb, Schwarzwald) hatten heuer dieses Flair des Südens. Die letzten Tage der Sonnenglut habe ich dann nur noch an unbekannten Seen verbracht, an denen sich ausschließlich ein paar Einheimische tummelten. Früher habe ich Kurzgeschichten und Teile von Romanen an Seen und am Meer geschrieben. Oder auch im Café. Das habe ich jetzt zwei Mal versucht, aber nach ein paar Seiten fiel mir der Griffel aus der Hand. Viel leichter ist es mit dem Lesen. Dabei ist mir jetzt via Buchhandlung in Calw ein Krimi von Elisabeth Herrmann in die Hand gefallen "Zeugin der Toten". Ihr Stil läuft mir sehr gut rein, das Thema ist dem meines Jetztzeit-Krimis nicht unähnlich. Alles in allem, auch wenn man den "Verlust des Arbeitsplatzes", den ich gar nicht vermisse, und andere Verluste bedenkt, war die erste Zeit des Nichts - und - Allestuns bisher eine ungeheuer produktive und entspannte Zeit. Selbst das Einkaufen und Essengehen wird immer mehr zum Genuss. Petra van Cronenburgs Beitrag "Tomatensalat: ein Geschäft" hat mir dazu mal wieder einen Anreiz gegeben. Und so schmeckten die Antipasti beim Italiener heute, als wären die Zutaten ganz und gar nicht aus dem Supermarkt gekommen: der Parmaschinken wie vom italienischen Metzger, hauchdünn geschnitten, das eingelegte Mittelmeergemüse wie aus Italien, und die Melonen hatten einen Reifegrad, den sie im Discounter niemals erreichen können, weil sie unreif geerntet werden.

Dienstag, 4. August 2015

Bücher veröffentlichen heute

So, die Rabattaktion ist beendet. Und sie hat mir den Effekt gebracht, den ich damit verfolgte: Das Ebook ist jetzt in seiner Kategorie sichtbar geworden, hat dabei das vorige Buch ein wenig mitgezogen. Neuerdings können wir als Autoren ja direkt mitverfolgen, wieviele Seiten der Bücher gelesen werden. Dabei entsteht lustigerweise ein Konkurrenzspielchen zwischen "Nacht des Wolfes" und "Teufelswerk". Im letzten Monat lief der Teufel dem Wolf davon, jetzt sammelt Letzterer doppelt so viel gelesene Seiten! Amazon kümmert sich sehr um seine Autoren, das muss man ihm lassen. Wahrscheinlich hat es auch allen Grund dazu, denn wie ich gerade wieder einmal in der Selfpulisherbibel gesehen habe, eröffnete kürzlich sogar die Mayersche Buchhandlung eine Self Publishing-Plattform, nach Tolino und diversen anderen. Die Mayersche kannte ich, seit dort ein Buch von mir erhältlich und auf der Plattform "Lies mich" gelistet war. Welche Ziele diese Verlage und die Buchhandlungen damit wohl verfolgen? Erst einmal dem Monopolisten etwas entgegensetzen, das erscheint absolut logisch, und dabei den Autoren mit den Konditonen entgegenzukommen. Außerdem werden sie versuchen, neue, für die Verlagslandschaft hoffnungsvolle Talente zu entdecken. Das Prinzip ist immer dasselbe: Für wen am meisten gevoted wird, wer am meisten Bücher verkauft, dem wird gegeben. So kann man bei der Mayerschen auch ein Buchcover gewinnen, wenn man viel verkauft. Ich schätze aber mal, dass die Leistungen durch Lektorat, Korrektorat, Covergestaltung und Vermarktung dabei in Anspruch genommen werden sollten-und das sicher nicht bei allen umsonst! Es war also für einen Autor nie so einfach wie heute, seine Werke an die Leser zu bringen. Aber der Weg zur nachhaltigen Etablierung hat sich wenig geändert. Außer einem handwerklich einwandfreien Manuskript muss der Autor eine zündende Idee rüberbringen, bereit sein, an seinem Text zu arbeiten. Das Ganze scheint mir ein wenig wie diese Wandlung beim Einkaufen innerhalb der letzten Jahrzehnte: Während früher der Kunde vor der Theke stand und aus den Regalen auswählte, was er brauchte, fährt er jetzt mit einem überdimensionierten Einkaufswagen durch endlose Reihen von Regalen. Auf diesem Weg, der mittlerweile zu einer Fußreise von einer halben Stunde ausarten kann, hat der Kunde (wie auch im übertragenen Sinn der Autor) eine unendliche Menge von Möglichkeiten. Aber seine Ware musste schon immer so gut sein, dass sie Leser überzeugte, und sie muss auch heute noch so gut sein.

Nach Versorgung meines E-Books, die sich einige Zeit hinzog, habe ich mich endlich wieder an meinen neuen Roman gemacht. Ein erstes Kapitel ist entstanden, das Exposé ist im Werden. Für meine bisherigen Bücher hatte ich nie "professionelle" Exposés verfasst, eher Klappentexte. Erst kurz vorm Lektorat bekam der Lektor das gesamte Exposé. Da ich den neuen Roman aber nicht mehr im SP veröffentlichen, sondern eine Agentur oder einen Verlag suchen möchte, komme ich wohl nicht drum herum. Dabei habe ich gelernt, dass ein Exposé kein Handlungsabriss ist, sondern eine Vorstellung der Idee, der Charaktere und des dramatischen Aufbaus. Manche Agenturen und Verlage wollen bis zu drei Seiten, manche nur eine, aber alle wünschen bis zu dreißig Seiten Probetext. Ich finde diese Situation sehr reizvoll. Muss keine Markterwartungen bedienen, kann das Buch schreiben, das ich schon immer mal schreiben wollte. Und mich dann im Supermarkt der Möglichkeiten umschauen, wer den Zuschlag erhalten soll.