Dienstag, 23. März 2010

Burnout-wenn die Seele ausbrennt

















Gestern um 22.23 wurde bei 3Sat ein Gespräch mit Miriam Meckel ausgestrahlt, das ich nach Abfassen meines Artikels hier anschaute. Thema: Ihr Buch "Brief an mein Leben". Eines Morgens, nachdem Frau Meckel ihre Emails gecheckt hatte, brach sie zusammen und wurde in eine Klinik gebracht. Sie selbst hat ihre Erfahrungen nicht nur der Überarbeitung zugeschrieben, sondern der "Informationsüberflutung." Unter anderem berichtete Frau Meckel über Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Sonntagabend eine Email schreiben, was alles bis Montag morgen um 10.00 erledigt sein müsse. Und da Emails sozusagen Befehlscharakter haben, führt das zur Beschleunigung des Lebens und zu massivem Druck auf die Mitarbeiter. Ich selbst habe kürzlich erlebt, dass mich die AOK anrief und mir ein Entspannungsprogramm anbot. Beim Versuch, mit einem Passwort hineinzukommen, wurde ich so gestresst, dass ich es aufgegeben habe. Schöne Entspannung, das! Frau Meckel habe ihr Leben verlangsamt, sagte sie, ihr Handy stehe nicht mehr auf Empfang. Und aus der Medienüberflutung habe sie sich herausgezogen, so weit es ging. Hier ist noch ein Beitrag aus "Presse.com" mit heutigem Datum. Darin ist u.a. auch von Freudenberger die Rede, der das Thema ja schon einmal publik gemacht hatte. Von ihm und von Gail North ist übrigens auch das Buch "Burnout bei Frauen-über das Gefühl des Ausgebranntseins", das mich in Phasen von drohendem Burnout immer wieder an einen Punkt zurückgeführt hat, von dem aus ich wieder neu starten konnte. Frau Meckel sprach von "Depersonalisation", einer Entfremdung, ein Neben-Sich-Stehen, das ich auch schon mal erlebt habe. (Keine Sorge, schlimmer wurde es bei mir nicht.)
Dazu die Phasen des Burnouts nach Freudenberger (es kann immer auch eine Depression dahinter stecken, und es läuft natürlich niemals gradlinig):

Nach ihm sind es zwölf Stadien:

1. Der Zwang, sich zu beweisen
2. Verstärkter Einsatz
3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
4. Verdrängung von Konflikten
5. Umdeutung von Werten
6. Verstärkte Verleugnung von Problemen ("...ich mache Urlaub, aber erst, wenn die Serie fertig ist ...")
7. Rückzug
8. Verhaltensänderungen
9. Depersonalisation
10. Innere Leere
11. Depression
12. Völlige Burnout-Erschöpfung

Bei jeder Stufe ist eine Umkehr möglich. Am Schluss werden noch einmal Ratschläge dazu gegeben wie "Vermeiden Sie Isolation", "Hören Sie auf, sich überfürsorglich zu verhalten", "Kümmern Sie sich um ihren Körper".
Das Buch "Burnout bei Frauen" ist ziemlich auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten, aber es enthält viele Beispiele, mit denen man sich durchaus identifizieren kann.
Das andere Buch, das ich dazu besitze, heißt: "Burnout als Chance" von Udo und Gerd Datené, eine eher wissenschaftliche Bestandsaufnahme mit persönlichem Maßnahmenkatalog. Sicher gibt es auch eine Menge neuerer Literatur dazu. Aus meinen persönlichen Erfahrungen noch Folgendes: Ich kannte einen Sozialarbeiter, der sich 12 Jahre lang mit einer Messiefrau herumgeschlagen hat, ohne Erfolg-und dann an einem Herzinfarkt starb. Wir haben uns von der Frau getrennt. Burnout-Prophylaxe hängt also sicher auch mit Psychohygiene zusammen. Wenn eine Beziehung ausgebrannt ist, muss manchmal der schmerzliche Prozess der Trennung vollzogen werden. Man muss sich natürlich nicht gleich vom Partner trennen, man muss nicht den Beruf aufgeben oder das Schreiben, wenn es einem nachweislich zu schaden beginnt. Aber, so meinen Freudenberger und North, es gibt auch noch was anderes da draußen. Und an Shere Hite
erinnere ich mich: "Keinen Mann um jeden Preis!" Da sagt sie, dass in einer Beziehung mindestens 70% der Bedürfnisse erfüllt sein müssten. Übertragen auf andere Situationen könnte man auch sagen: Keine Arbeit mehr, die mich nur noch fertig macht und deren Bedingungen sich nicht ändern lassen. Kein Buch, kein Bestseller und kein Schreiben um jeden Preis!

Montag, 22. März 2010

Der Burnout-Test

Die vier Beiträge zu "Der Durchbruch", man könnte es auch "Aufstieg und Fall eines Autors" nennen, war im Grunde die Geschichte eines möglichen Burnouts: Das Ziel, nämlich "Der Durchbruch" als Autor, wurde dermaßen überbewertet, dass ihm am Ende kaum noch Ressourcen geblieben sein können, um die seelischen und körperlichen Folgen durch einen Urlaub auskurieren zu können. Ich kann die ganze Prozesshaftigkeit des Burnouts hier nicht darlegen, kann nur betonen, dass vermehrter Einsatz zum Erreichen eines Ziels und zunehmende Vernachlässigung eigener Bedürfnisse -unter anderen Faktoren -ausschaggebend sind. Der Prozess fängt schleichend an, führt zu Müdigkeit, Erschöpfung, Schlaflosigkeit, Verdauungsbeschwerden, Gereiztheit, zu sozialem Rückzug bis hin zu körperlichen Krankheiten, sogar bis zum Tod. Jede Phase ist bei rechtzeitigem Erkennen umkehrbar, wenn man sich nicht noch mehr auflädt, sich wirkliche Pausen und Erholung gönnt. Aber je weiter dieser Prozess fortschreitet, desto schwieriger wird es, sich ohne fremde Hilfe aus der Burnout-Spirale zu befreien. Mangelnde Wertschätzung, Termindruck und mangelnder Kontakt verschärfen die Situation. Manchmal reicht es, sich zu sagen, dass es ja auch noch andere Dinge da draußen gibt als die Arbeit (die Beziehung, das Schreiben usw.)Es gibt Tests, aus denen man entnehmen kann, wie weit der eigene Burnout fortgeschritten ist. Hier ist einer, der von Psychologen und Psychotherapeuten entwickelt wurde. Er trifft die Symptome, die sich entwickeln können, recht gut. Ich selbst bin, in einem helfenden Beruf und gleichzeitig als Autorin, natürlich auch ständig gefährdet. Mein Rezept besteht darin, immer mal wieder innezuhalten und mir anzuschauen, wie es um mich steht. Und dann zurückzufahren mit den Ansprüchen an mich selbst und von anderen. Andere erkennen es meist nicht, wenn ihr Gegenüber ausbrennt. Ein Warnsignal ist für mich: Wenn zum Beispiel die Arbeit oder das Schreiben und alles,was damit zusammenhängt, wichtiger werden, als für mich selber zu sorgen. Deshalb habe ich jetzt die Schreib- und Internetzeiten verkürzt, einen Friseurtermin ausgemacht und plane weiter Ausflüge an den Wochenenden, denn die bauen mich besonders gut auf. Was habe ich von "Erfolgen", wenn ich dann so fertig bin, dass ich sie nicht genießen kann?

Samstag, 13. März 2010

Schwarzwälder Gaumenfreuden

Am Donnerstag abend durfte ich anlässlich einer Betriebsfeier Schwarzwälder Delikatessen im Gasthof Adler in Nagold genießen. Diesen Hotel-Gasthof kenne ich schon seit ca. 30 Jahren, einen Familienbetrieb, und wenn sich auch überall die Preise erhöhen, so hat sich die Kochkunst in diesem gemütlichen Betrieb ebenfalls sehr gesteigert. Es gab wahlweise Flädlesuppe vom Feinsten (ich weiß noch, wie ich einmal aus Spanien zurückkam und mich auf dieses Süppchen stürzte), ein Vorspeisenbuffet mit Spargeln in Schinken, geräucherten Schwarzwaldforellen, Salaten, Eiern mit Schrimps, gefüllten Kalbsbraten mit Spätzle oder Zanderfilet mit Reis, zum Nachtisch Eis, Tiramisu, Erdbeeren und exotische Früchte. Daran musste ich gestern abend beim "Nachtcafé" von Wieland Backes denken, und auch heute morgen beim Recherchieren Schwarzwälder Spezialitäten. Ein Filmemacher aus Österreich berichtete im Nachtcafé, er sei sehr einsam, wenn er nachts in seinem Zimmer sitze- und was biete sich anderes an, als dann zu essen? Bei seiner Reise nach Stuttgart habe er Maultaschen vorgesetzt bekommen, diese Teigwaren mit Fleisch, sehr kalorienhaltig, und überhaupt seien doch die Fernsehköche und Medienmacher schuld daran, dass vor allem die Deutschen so übergewichtig seien. Eine dünne Powerfrau hielt ihm entgegen, dass alles eine Sache der Disziplin sei, man müsse nur Krafttraining machen und von seinem Sofa herunterkommen. Das brachte den Filmemacher noch mehr in Harnisch. Er lasse sich das nicht vorschreiben, wo bliebe da die Lebensqualität mit Quarkshake zum Frühstück, und überhaupt wolle er doch nur geliebt werden, auch mit seinen Filmen. Susanne Fröhlich (Moppel-Ich) schlichtete immer wieder mit ihrer fröhlichen Stimme, dass ein wenig Speck und Schwimmringe am Bauch zu einer höheren Lebenserwartung beitrügen, und man dürfe alles essen, nur nicht im Übermaß. Die Gesellschaft schreibe vor, wie man auszusehen habe, und eine ganze Schlankheitsindustrie verdiene sich dumm und dämlich daran!
Ja, auch ich habe in meiner Jugend Diätzeitschriften und - Bücher gekauft, obwohl ich nicht mehr wog als jetzt (guter Bereich des Bodymaßindex). Und heute kann ich ab und zu schlemmen und kasteie mich auch nicht mit Tofu und Extremsport. Die Schwarzwälder Köstlichkeiten, die ich heute anlässlich meines Berichtes über die Klosterstadt Alpirsbach im Schwarzwald recherchiert habe, können meinen Appetit anregen und machen auf diese Weise nicht dick. Schwarzwaldeisbombe und Kirschtorte, Schwarzwälder Schinken, Schäufele, badische Leber, Schlachtplatte und so weiter und so fort. Die Recherchierzeit verging in Windeseile, und so ist dieser Bericht schon fertig, innerhalb eines Tages, denn wir haben die Gegend ja erst kürzlich besucht. Neu war mir, dass diese Hahn&Henne-Teller, -Becher, -Tassen und -Eierbecher, die ich seit meiner Kindheit liebe, aus Zell am Harmersbach, nahe Offenburg kommen.
Da ich meist etwas beifüge, das mit dem Schreiben an sich zu tun hat: Meine Romane und Bücher kamen bei der Feier natürlich ebenfalls zur Sprache. Wann ich denn Zeit zum Schreiben hätte, fragte eine Kollegin. Meine Pilgerin verschenkte ich an den Jubiliar. Und ein Exkollege lud mich zu sich ein, damit wir darüber sprechen können, "wie man denn einen Roman schreibt."

Donnerstag, 4. Februar 2010

Warum Fiction-Writing gelöscht wurde

In einem Kommentar zu einem älteren Post habe ich einen Link zu der Kölner Schreibhexe gefunden, die eine virtuelle Literaturzeitung betreibt. Darin werden die Gründe für das Scheitern der bislang erfolgreichen Schreibwerkstatt erläutert. Inzwischen, seit November, haben einige engagierte Mitglieder eine neue Schreibwerkstatt aufgebaut, die ähnlich funktioniert wie die alte. Noch ein Gedanke dazu, der mir beim Lesen kam und den ich auch in meiner realen Arbeit oft bestätigt finde:
Es kann alles noch so nervig sein, die Wogen können hochschlagen, die Fetzen fliegen, irgendwie gibt es immer wieder einen Neuanfang. Doch der Angriff auf den Leiter wirkt sich in der Regel so destruktiv aus, dass er zum Scheitern des Ganzen führen kann. Wobei der Sache in diesem Fall bestimmt besser gedient gewesen wäre, wenn der Angreifer rausgeschmissen worden wäre. Aber man steckt nicht (mehr) drin.

Samstag, 30. Januar 2010

Über das schreiben, was man kennt

Im Autorenforum Montsegur gab es vor Kurzem einen Thread mit der Frage, ob man nur über das schreiben solle, was man kennt.Es kam schon einmal ein Thread mit diesem Thema, und zusammenfassend habe ich daraus für mich mitgenommen, dass ich über Orte schreiben kann, die ich kenne, die ich ausreichend recherchiert habe, über Gefühle, Haltungen, Epochen, und dass ich vor allem über das schreibe, in das ich mich einfühlen kann, mittels Empathie. Es muss für den Leser einfach stimmig sein. Dabei ist auch das Erfahrungswissen wichtig, das ein Autor für sein Schreiben mitbringt.
Mir ist das gerade wieder an einem Beispiel aufgefallen: Ich lese zum zweiten Mal den Krimi "Der Saal der Mörder" von der grande alten Dame des englischen Krimis, P.D. James. Sie hat lange in der Verwaltung eines Krankenhauses gearbeitet und später in der Kriminalabteilung eines Ministeriums. Das merkt man diesem Buch auch an.Ich persönlich würde nie einen internationalen Thriller schreiben, sondern eher eine "Schwarzwälder Dorfgeschichte". Von denen gibt es zahlreiche Beispiele wie auch von der Schwäbischen Alb oder deutschen Städten. Eindringlicher Titel der letzten Zeit für mich: "Schäfers Tod" von Frank Faber, erschienen im Verlag Oertel&Spörer.
Historische Romane wiederum erfordern eine noch eingehendere Recherche und eine andere Art von Einfühlungsvermögen, nämlich das in Personen, die längst nicht mehr da und vielleicht in zeitgenössischen Zeugnissen zu finden sind.
Dann gibt es noch die Fälle, in denen man, aus beruflichen oder anderen Gründen, seinen Lesern ein Stück voraus ist. Das zu vermitteln, ist das eigentlich Schwierige, aber auch eine schöne Herausforderung. In meinem Roman bin ich gerade an einer solchen Stelle. Wie verhält sich eine Person in einer bestimmten Situation?
Nach heutigen Mustern ganz sicher nicht. Aber sie kann sich auch nicht so verhalten, das es für keinen mehr nachvollziehbar ist.

Freitag, 15. Januar 2010

Das Wesen der Literatur

In einer Zeit, in der täglich so viel passiert, so viel Wandel stattfindet, auch beruflich sich Neuerungen abzeichnen, die für hochfahrende Gefühle sorgen und mich wenig schlafen lassen, bin ich immer froh, wenn ich mich auf eine Insel flüchten und
der Realität zumindest stundenweise entfliehen kann. So geht es mir mit meinem Roman, in dem die Abgründe gerade immer mehr Gestalt annehmen, und so ging es mir auch mit dem Buch über die Tübinger Dichter, Philosophen, Politiker und Schriftsteller. Eines ist ihnen allen gemeinsam: Dass sie, oft schon in jungen Jahren, immer veröffentlicht hatten. Dass sie sich mit sich selbst, der Welt, oft auch mit der Religion und der Vergangenheit auseinandersetzten.
Da ich selbst sieben Jahre in der Fachwerkstadt am Neckar studiert und gelebt habe, hatte ich natürlich einen besonders bildreichen Bezug dorthin. Und es gab vielmehr Schriftsteller, Gelehrte und Dichter, als ich je gewusst hatte. So konnte ich auch den Werdegang und die Freundschaften meines ehemaligen Universitätsprofessors Andreas Flitner zusammen mit denen von Walter Jens verfolgen. Am nächsten stehen mir nach wie vor alle, mit denen sich Peter Härtling beschäftigt hat: Hölderlin, Mörike, Waiblinger,Hauff, Kerner. Darüber hinaus, was nur die Tübinger betrifft, Hesse, Graf Eberhard im Bart als "Herrscher". Und ich glaube, dass die Herangehensweise auch etwas ähnlich ist-ich nenne es mal "Identifikation". Der Autor des Buches erwähnt Theodor W. Adorno, der geschrieben habe, Literatur und Kunst seien der Wirklichkeit entronnen, dabei von ihr durchdrungen. Ebenso der vom Autor erlebte Augenblick. Dazu die letzte Strophe eines Frühlingsgedichtes von Mörike.

"Ich denke dies und denke das,
Ich sehne mich und weiß nicht recht nach was:
Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
Mein Herz, o sage,
Was webst du für Erinnerung
In golden Grüner Zweige Dämmerung?
Alte unnennbare Tage!"

Donnerstag, 14. Januar 2010

Ab die Post!

Es ist mal wieder vollbracht: Die Kalender-Datei ist vollständig und auf dem Weg zum Lektor. Die Arbeit am Roman schreitet zügig voran, denn heute habe ich, dank des Autos in der Werkstatt, "Stubenarrest". Na ja, bei den schon tauenden Schneemassen zieht einen ja auch nicht wirklich etwas hinaus. Ich muss schon sagen, dass ich meinen Roman sehr mag, und ich wundere mich manchmal, dass ich ihn geschrieben habe.
Er wird seinen Platz finden, und wenn nicht bei den Großen, dann bei den Kleinen. Meine neuen Verbindungen ermöglichen es mir, unabhängiger zu operieren. Auch wenn die Bücher aus den Regalen verschwunden sind, auch wenn keine neuen HRs mehr gebraucht werden, kann ich auf vielfältige Art weitermachen. Nach zwei, drei Jahren des Zweifelns bin ich nun wirklich dort angekommen, wo ich immer hinwollte.

Dienstag, 12. Januar 2010

Ein Talent setzt sich durch

Diesen Wahlspruch von Autoren habe ich seit Jahren im Ohr gehabt und habe auch an ihn geglaubt. Dann und wann musste ich ihn wieder revidieren: Manchmal dachte ich, hier und da hat sich nicht unbedingt ein Talent durchgesetzt, sondern ein "Modethema". Wobei die entsprechenden Autoren durchaus hochtalentiert sein können! Mein Zweifel schleicht sich wieder ein, seitdem ich das Tübinger Dichterbuch lese (und es ist für mich so spannend, das ich die Schlafenszeiten vergesse!)Nehmen wir einmal den Schriftsteller Hermann Kurz, den heute kaum einer kennt. Immerhin wird ihm und seiner Tochter Isolde Kurz ein Kabinett im Museum der alten Buchdruckerstadt Reutlingen gewährt. Dieser Hermann Kurz also war ein kompromissloser Autor, der seinem Onkel, dem Pfarrer Mohr, sagte: "Lieber tot sein als Vikar!" Daraufhin machte er sich nach Stuttgart auf, wo er zwischen 1836 und 1844 "grausame Jahre" als Schriftsteller und Übersetzer verlebte. Georg Cotta, der Verleger, lehnte seinen schon angenommenen Roman"Heinrich Roller" aus Loylität gegenüber dem Königshaus ab. Erst sechs Jahre später kam er bei Franckh in Stuttgart heraus und wurde ein Misserfolg.
Mit seiner Familie lebte er nach vielen Irrungen und Wirrungen in der Neckarvorstadt in Tübingen, in einem kalten, zugigen Haus. Die Familie war bei den Tübingern nicht angesehen, weil sie "anders" war. Hermann Kurz mischte Essig in sein Wasser, damit es ein wenig wie Wein schmeckte, rauchte Zigarren aus Erdbeerblättern und aß Brotsuppe. Sein Talent verkümmerte immer mehr. Die Ideen der 48er Revolution zogen ihn an (was er mit seiner Frau teilte). Mit seinem Freund Eduard Mörike verkrachte er sich, als er ihm auf dem Stuttgarter Schlossplatz sagte, ein Schriftsteller müsse Farbe bekennen und dürfe nicht aus seinem Schneckenhaus heraus dichten. Doch auch die Ideen der Revolution wurden zerschlagen. Während Schriftsteller, die heute vergessen sind, große Karriere machten, waltete ein "Unstern" über Hermann Kurz' Leben, der immer zwischen alle Leserinteressen und Moden fiel. Schließlich bewarb er sich untertänigst um die Stelle eines zweiten Unterbibliothekars im Schloss Tübingen und wohnte mit seiner Familie nahe des Marktplatzes, in einem Haus, das selten die Sonne erreichte.
Vor dem Lärm der Stadt flüchtete er sich in zwei Hinterzimmer. Er starb nach einem Sonnenstich, den er sich bei der Enthüllung des Uhland-Denkmals geholt hatte. Isolde Kurz, seine vielverprechende, aufmüpfige Tochter zog dann allerdings später die falschen Schlüsse, indem sie als Schriftstellerin unter den Nazis Karriere machte.

Montag, 11. Januar 2010

Meine Blogs

Zur Zeit betreibe ich drei Blogs, auch wenn zwei davon mehr oder weniger brach liegen. Das alte www.schreibteufelchen.myblog.de habe ich jetzt mal gespeichert und schaue es nach Verwertbarem durch, so bald ich Luft habe, bevor ich es dann lösche. Sonst kann es passieren, dass mitten in der Nacht eine englische Antwort auf etwas kommt, das ich vor zwei Jahren geschrieben habe...Der parallel laufende Blog "Lust am Wandern" kann nicht intensiv von mir gepflegt werden und war auch von Anfang an wenig besucht (auch wenn sich gleich vier regelmäßige Leser eingetragen hatten). Der Blog, der sich eigentlich über die Jahre durchgesetzt und seine Stammleser hat, ist dieser hier.
Inzwischen geht es ja nicht mehr nur darum, den Schreibprozess für andere Kollegen durchsichtig zu machen, sich "über die Schulter gucken" zu lassen. Es geht bei mir inzwischen um eine Mehrfachstrategie, nämlich der, Romane für große Verlage zu schreiben und der, regional etwas auf die Beine zu stellen. Zu den Romanen wird es immer wieder Hinweise auf die Schreibprozesse geben, auch zum Leben eines Autors und einer Sozialpädagogin allgemein. Zu den regionalen Aspekten- das sind im Moment der
Schwäbische Haus- und Heimatkalender, die "Schönsten Wochenenden" und der Schwäbische Literaturpreis - kommen immer mal wieder Anregungen, die ich hier kulminieren möchte. Es hat sich nämlich erwiesen, dass es keine Fluktuation der LeserInnen zwischen dem Schreibteufelchen und der "Lust am Wandern" gibt. So werde ich den anderen Blog rein für Wanderungen verwenden und hier alles listen, was mir sonst noch wichtig erscheint. Da kann dann durchaus auch mal ein Ausflug auftauchen, Lektüre, Rezepte und Aufgeschnapptes.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Barbarossa&Co













Nach dem Aufziehen des gesamten bisherigen Kalendariums auf den USB-Stick stehe ich nun vor der Frage:
Wie geht es weiter?
Ich könnte gegen das Vorgehen unserer Regierung in Afghanistan schreiben.
Oder an meinem historischen Roman weiterarbeiten.
Oder einfach mal eine Pause machen.
Zwei Bücher sind mir total reingelaufen:
Die "Schwarzwaldgeschichten" von Jürgen Lodemann und "Barbarossa&Co, Reise ins Land der Staufer" von Johannes Lehmann. Im ersten erfuhr ich zu meinem Erstaunen, dass Hemingway hier bei uns im Schwarzwald als "Ausländer" diffamiert wurde. Nach sechs Stunden Wanderung auf heißer und staubiger Straße warf ein Wirt ihn und seine Begleiter hinaus. Und auch sonst erfährt man eine Menge über dieses Volk im größten deutschen Waldgebirge, von den Salpeterern bis Rudi Dutschke.
Das andere Buch hat mich fasziniert, weil Geschichte mit Geschichten, dazu noch dramatischen und lustigen erzählt wird. Rein wissenschaftliche Abhandlungen kann ich kaum noch lesen. Lehmann gibt sogar Ratschläge, wie die verborgenen Orte der Staufer zu finden sind. Es begann alles im Wäscherschlösschen und endete 1268 mit der Enthauptung Konradins in Neapel. Barbarossa selbst ist überall begraben, nicht in Lorch und auch nicht in Speyer, sondern in Tarsus, in Tyrus, in Anthiochia. Gefunden wurden diese Grabstellen nie - deshalb sitzt er auch der Sage nach im Kyffhäuser, um eines Tages aufzuwachen und ein neues Stauferreich zu errichten.
Jetzt weiß ich auch endlich, wie das berühmte Zitat des Götz zustande kam. In seinen Memoiren schreibt er:"Ich hatted en Vorstaz, mich ein wenig zu rächen und zündete mit nur sieben Reitern in einer Nacht drei Orte an. Das waren Ballenbaerg, Obernheim und das schafhaus zu Krautheim unterm Schloss, wo wir von der Mauer aus zum Schloss hinauf miteinander reden konnten. (...) Während ich aber unten brannte, schrie der Amtmann nun von oben herunter, und ich schrie wieder zu ihm hinauf, er solle mich hinten lecken."(Lehmann, S. 110)

Wenn mich jemand fragen würde, welche Persönlichkeiten der Geschichte mich am meisten interessieren, würde ich aufzählen:

Friedrich Barbarossa
Friedrich II.
Albecht Dürer
Herzog Ulrich von Württemberg
Die Maler seiner Zeit
Johannes Kepler
Die romantischen Dichter
Anette von Droste-Hülshoff

Das ließe sich beliebig fortführen. Über alle ist genug geschrieben worden, über Herzog Ulrich zum Beispiel von Wilhelm Hauff. Sein "Kaltes Herz" dringt am tiefsten in das Wesen dieser Schwarzwälder ein, zu diesem Schluss kam auch Lodemann. Ich kann sie alle regional verarbeiten in den nächsten Jahren. Für die Romane gilt weiterhin:
Historie+Fiktion, auch bei einem möglichen Thriller. So fügt es sich vielleicht einmal als Ganzes zusammen.

Samstag, 5. Dezember 2009

Steffen Osvath

Die Bilder dieses Künstlers habe ich am Donnerstag am Nagolder Vorstadtplatz gesehen.
Auf Initiative des Nagolder Gewerbevereins, dem der Rechtsanwalt Rainer Schmid angehört, hatte Steffen Osvath in den Räumen der Kreissparkasse ausgestellt. Von Rainer Schmid erhielt ich auch den Tipp mit Botticelli in Frankfurt.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Historische Romane -ein Auslaufmodell?

Bleiben wir mal bei den Buchläden. Ich komme ja viel herum und besuche sie alle, die großen wie die kleinen. Die Regale "Historische Romane" rücken immer enger zusammen. Aus berufenem Munde hörte ich kürzlich, bis etwa 2016 sei die Abnahme historischer Romane gesichert. Und was ist dann? Was wird aus den vielen Frauen (und Männern), die ihre Autorenkarriere auf dieses Genre gebaut hatten? Werden sie areitslos oder schwenken sie auf Fantasy und Krimis um? Liebesromane und Krimis gehen immer, die sind zeitlos, sagte mir mal ein Schweizer Verleger. Und natürlich die "normale" oder auch nicht so normale Beleltristik, denke ich. Ob jemand in zehn Jahren noch Vampirromane liest? Ich fühlte mich selbst ja schon erschlagen von der Flut, gerade der historischen Kopfabschneider. Die berühmtesten dürfen jetzt wieder ganze Köpfe auf dem Cover tragen, sie dürfen auch 19. Jahrhundert (auf das 18. braucht man dann sicher auch nicht mehr lange zu warten), und die vielen Autoren, Männlein wie Weiblein, müssen sich eigene Trends schneidern. Oder auf andere Züge springen. Ich selbst habe vor, im jetzt einmal gefundenen Tempo weiterzufahren. Niemand gibt mir die Geschwindigkeit vor und auch nicht, was ich schreibe.

Montag, 30. November 2009

Vereinheitlichung in den Buchläden

Wenn ich in eine Buchhandlung hineinkomme - und das sind meist größere wie die genannte Thalia-Buchhandlung in Pforzheim-sehe ich erst einmal Berge von Büchern, die auf (Themen-) Tischen und Regalen verteilt sind. Die Krimis sind entweder alle weißgrundig (Wie "Kalte Asche") oder haben ein "lautes" Reizwort auf dunklem oder buntem Grund. Die historischen Romane haben fast alle einen abgeschnittenen Mädchenkopf mit Busen. Wozu der Busen, fragte einmal mein Mann, er soll doch Frauen ansprechen!:-)Meine Romane sind auch unter diese Kategorie gefallen. Dabei finde ich sämtliche anderen Cover ebenfalls als austauschbar. Es sei der Wiedererkennungseffekt, höre ich, und dass die Buchhandlungen nur historische Romane ordern, die folgenden Kriterien entsprechen:

Von Autorin geschrieben
Über eine Frau
Mittelalter
Deutschland

Also die Romane, die diesen Kriterien nicht entsprechen, werden gar nicht erst bestellt und sind somit für den Leser/ die Leserin nicht verfügbar.
Ich habe bis jetzt keinen Ausweg und auch keine kollektive Lösung dieses Phänomens gefunden. Individuell kann ich es nur so handhaben, dass ich, wie im Augenblick, auch mal andere Sachen mache. Da kriege ich dann den Blautopf bei Blaubeuren als Cover und kann "meine" Sachen schreiben für Leute, die ebendiese Dinge und Freizeitbeschäftigungen ebenfalls mögen. Kann meine eigenen Fotos bringen. Die Auflage ist halt geringer.