Diesen Wahlspruch von Autoren habe ich seit Jahren im Ohr gehabt und habe auch an ihn geglaubt. Dann und wann musste ich ihn wieder revidieren: Manchmal dachte ich, hier und da hat sich nicht unbedingt ein Talent durchgesetzt, sondern ein "Modethema". Wobei die entsprechenden Autoren durchaus hochtalentiert sein können! Mein Zweifel schleicht sich wieder ein, seitdem ich das Tübinger Dichterbuch lese (und es ist für mich so spannend, das ich die Schlafenszeiten vergesse!)Nehmen wir einmal den Schriftsteller Hermann Kurz, den heute kaum einer kennt. Immerhin wird ihm und seiner Tochter Isolde Kurz ein Kabinett im Museum der alten Buchdruckerstadt Reutlingen gewährt. Dieser Hermann Kurz also war ein kompromissloser Autor, der seinem Onkel, dem Pfarrer Mohr, sagte: "Lieber tot sein als Vikar!" Daraufhin machte er sich nach Stuttgart auf, wo er zwischen 1836 und 1844 "grausame Jahre" als Schriftsteller und Übersetzer verlebte. Georg Cotta, der Verleger, lehnte seinen schon angenommenen Roman"Heinrich Roller" aus Loylität gegenüber dem Königshaus ab. Erst sechs Jahre später kam er bei Franckh in Stuttgart heraus und wurde ein Misserfolg.
Mit seiner Familie lebte er nach vielen Irrungen und Wirrungen in der Neckarvorstadt in Tübingen, in einem kalten, zugigen Haus. Die Familie war bei den Tübingern nicht angesehen, weil sie "anders" war. Hermann Kurz mischte Essig in sein Wasser, damit es ein wenig wie Wein schmeckte, rauchte Zigarren aus Erdbeerblättern und aß Brotsuppe. Sein Talent verkümmerte immer mehr. Die Ideen der 48er Revolution zogen ihn an (was er mit seiner Frau teilte). Mit seinem Freund Eduard Mörike verkrachte er sich, als er ihm auf dem Stuttgarter Schlossplatz sagte, ein Schriftsteller müsse Farbe bekennen und dürfe nicht aus seinem Schneckenhaus heraus dichten. Doch auch die Ideen der Revolution wurden zerschlagen. Während Schriftsteller, die heute vergessen sind, große Karriere machten, waltete ein "Unstern" über Hermann Kurz' Leben, der immer zwischen alle Leserinteressen und Moden fiel. Schließlich bewarb er sich untertänigst um die Stelle eines zweiten Unterbibliothekars im Schloss Tübingen und wohnte mit seiner Familie nahe des Marktplatzes, in einem Haus, das selten die Sonne erreichte.
Vor dem Lärm der Stadt flüchtete er sich in zwei Hinterzimmer. Er starb nach einem Sonnenstich, den er sich bei der Enthüllung des Uhland-Denkmals geholt hatte. Isolde Kurz, seine vielverprechende, aufmüpfige Tochter zog dann allerdings später die falschen Schlüsse, indem sie als Schriftstellerin unter den Nazis Karriere machte.
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