Freitag, 27. Dezember 2019

Digitale Depression

Vor langer Zeit hatte ich hier mal einen Artikel geschrieben, in dem vom sogenannten digitalen Suizid die Rede war. Bei den Mitgliedern der sozialen Medien herrschte damals die Meinung vor, man begehe einen sozialen Suizid, wenn man sich den Medien entzieht oder sie wieder verlässt. Das Phänomen hat sich nicht verändert. Vor ein paar Jahren ist das Buch von Frau Prof. Sarah Diefenbach mit dem Titel "Digitale Depression" erschienen.
Digitale Depression
Es handelt davon, wie die sozialen Medien unsere Beziehungen und unser Glücksempfinden beeinflusst haben. Früher hat man nach einem Urlaub Freunden und Verwandten Fotos gezeigt oder etwas Landestypisches mitgebracht. Nicht zu vergessen diese manchmal recht langweiligen Diaabende (ein Bekannter hatte mal zirka 10 Diakästen über Bali zeigen wollen, bis alle protestierten!). Heute werden Fotos vor allem deshalb gemacht, damit sie in den sozialen Medien geliked werden. Ich werde nie vergessen, wie ich auf der Burg Hohenemmendingen mal aus der Ferne ein hübsches Foto von einer Hochzeitsgesellschaft zwischen Ruinen gemacht hatte und einer von ihnen mir nicht etwa zurief "Fotografieren von Personen verboten", sondern "Aber nicht vor uns bei Facebook einstellen!" Da war mir die Macht dieser Medien noch nicht so bewusst. Aber ich habe es am eigenen Leib erfahren. Nach sieben Jahren Facebook, einem halben Jahr 2011 bei Twitter und mit einem wenig benutzten Account bei Instagram  kann ich sagen, dass die Kommunikation und die Likes einen kurzfristigen Kick hervorrufen, der sofort wieder verrauscht und süchtig danach macht. Aus den Gründen habe ich Twitter schon lange auf Eis gelegt und melde mich bei Facebook nur noch alle zwei, drei Wochen. Denn die sozialen Medien verdrängen das reale Leben. Und meine Bücher sind dadurch vielleicht bekannt gemacht, aber kaum verkauft worden.

Nun habe ich seit ein paar Wochen (neben einem kleineren, nicht internetfähigen Handy) auch ein Smartphone. Auf der Harzreise im November tat es mir gute Dienste: Ich konnte Anschlusszüge bei Verspätungen heraussuchen, mein Autorenforum checken, Fotos machen und mit meinem Sohn austauschen. Da sind wir auch schon bei einer der wenigen positiven Funktionen: Man kann mit Menschen, die man gut kennt, in intensivem Austausch bleiben. Nachteil beim Fotografieren ist: Die Fotos meiner Digitalkamera kann ich dort nicht verwenden, muss also dafür mit dem Smartphone Bilder machen.

Die Smartphonebenutzer hatte ich oft als ziemlich unangenehm erlebt. Das laute Gequake plötzlich, dauernd dachte ich, jemand rufe nach mir oder meine mich. Dann die Geschichten mit den Unfällen und dass viele das Smartphone sogar neben dem Bett liegen haben, um erreichbar zu sein. Ich sah Fernsehberichte über Entzugsbehandlungen in der Klinik. Daneben fand und finde ich es immer als unhöflich, wenn jemand mitten im Gespräch oder während des Essens ans Handy geht. Das tue ich jetzt allerdings auch nicht, ganz bewusst nicht, meistens ist das Smartphone aus. Es ist zwar schwierig, sich heutzutage ohne Smartphone durch die Welt zu bewegen, aber es ist machbar sogar auf Reisen. Man kann immer noch normal in Hotels einchecken, wenn man rechtzeitig da ist und nicht alle schon von unterwegs gebucht haben. Und eines ist mir jetzt ganz klar geworden: Die anderen in den Medien sind auch nicht permanent glücklich und haben ein ach so tolles Leben und ständig Urlaub unter Palmen. Gespräche mit Menschen direkt und gemeinsame Erlebnisse sind wesentlich nachhaltiger und klingen dauerhafter nach.

Hier noch ein Link zum Blogbericht eines Musikers, der sich aus der digitalen Depressionsfalle befreit hat:
Digitale Depression
Reale Erlebnisse, hier: merkwürdige Figuren am Eulenturm im Kloster Hirsau/ Schwarzwald
Jagdschloss im Kloster Hirsau

Montag, 23. Dezember 2019

Weihnachten

Jetzt sind wir dicht davor, vor dem Fest und dem Wechsel zum neuen Jahrzehnt. Von der Beschaulichkeit früherer Tage ist nichts mehr vorhanden. Das Weihnachtsgeschäft boomte dieses Jahr wie selten zuvor, nur der Bücherverkauf durch die Buchhandlungen ist wegen des anhaltend schlechten Wetters eingebrochen. Statt dessen gehen elektronische Geräte und Kosmetika wie geschnitten Brot über den Ladentisch. In der Hektik wurde eine Frau auf einem Parkplatz angefahren, der Berliner Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz musste wieder wegen eines Bombenalarms teilgeräumt werden, was sich glücklicherweise als blinder Alarm entpuppte.

Manchmal, wenn ich so vor mich hin spaziere und sinniere, denke ich an den Tannenbaum meiner Kindheit, der schon längst verschwunden ist. Mit dem Lametta, den glänzenden Zweigen und den Kerzen, den Kringeln und dem Duft nach Harz. Erst viel später erfuhr ich, dass mein Weihnachtsgedicht vor diesem Baum eins von Eichendorf war.
Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh’ ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus in’s freie Feld,
Hehres Glänzen, heil’ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schneees Einsamkeit
Steigt’s wie wunderbares Singen –
O du gnadenreiche Zeit!
(Joseph von Eichendorff)

Ich wünsche allen Lesern und Leserinnen eine entspannte Zeit zwischen den Jahren.
Und es ist auch wieder ein Krimi am Entstehen, der diesmal in meiner alten Heimat an der Ostsee spielt.

Donnerstag, 21. November 2019

Aufstieg auf den Brocken

 "Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine, Heinrich Heine", soll der Dichter im Jahr 1824 in das Gipfelbuch des Brockens eingetragen haben. Er befand sich auf seiner "Harzreise", die er vor allem dazu nutzte, mit Deutschland abzurechnen. Wir beide, mein Sohn David und ich, haben einfach nur ein verlängertes Wochenende für eine Harzreise genutzt. Das sollte in erster Linie der Abwechslung und Entspannung dienen, mit schönem Hotel in Bad Harzburg, Sole-Therme, Spaziergängen, Wanderungen und Stadtausflügen. Dass wir schon am zweiten Tag den Brocken besteigen würden, hatte ich mir nicht träumen lassen!

Es war ein kalter, nebliger Tag, Samstag, der 16. November. Wir standen uns die Beine in den Bauch beim Warten auf den Dampfzug, der jährlich Tausende auf den Gipfel dieses berühmten Harzer Hexenberges bringt. Also entschlossen wir uns, zu Fuß weiterzugehen. Der Weg sah auch ganz gemütlich aus. Links liefen die Bahngleise, rechts ein aufsteigender Märchenwald mit Steinen, alten Tannen, Moosen und Bächen.
Der Zug kündigte sich mit einer dicken Rußwolke an, die uns und die anderen Wanderer umhüllte. Irgendwann kam dann ein Schild, das auf den Schwierigkeitsgrad des letzten Aufstiegs hinwies. Der kam dann auch wie mit einem Knall. Ein Felsenmeer, 200 Höhenmeter steil hinauf, glitschig, nass, teilweise schneebedeckt. Zwei- dreimal spürte ich meine Grenzen, um uns herum hörte ich Satzfetzen wie "Aber runter gehen wir da nicht!", "Hätten wir uns nicht einen anderen Steig aussuchen können?", und einmal haute es mich hin, als ich zur Seite trat und etwas fotografieren wollte. Die Rippe habe ich noch Tage später gespürt! Endlich waren wir oben auf der Straße, auf der Hunderte Leute Richtung Brockenwirt wanderten. Es zog und zog sich, dazu klirrte uns ein eiskalter Wind um die Ohren. Beim Brockenwirt standen die Leute schon auf der Straße, so voll war es. Nicht viel anders im Hotel weiter oben, aber dort bekamen wir wenigstens einen Sitzplatz und eine heiße Suppe.





Die Rückfahrt fand dann mit der Brockenbahn statt. Satte 58 Euro kostete die einfache Fahrt für zwei Personen nach Schierke. Dafür durften wir dann draußen auf der Plattform hinter der Lokomotive stehen, was natürlich ein Erlebnis für sich war. Heine ist den Weg nach Ilsenburg hinuntergelaufen, natürlich gab es die Bahn da noch nicht. Am nächsten Tag war -Kontrast! - die wunderschöne Stadt Wernigerode angesagt, die selbst bei Nebel und leichtem Regen ein großer Anziehungspunkt ist. Besonders schön das Café Wien und die Burg Wernigerode hoch über der Stadt. Da kann man ganz allein durch die vielen Prunkgemächer ziehen und die Aussicht auf die Stadt im Nebel genießen.


Länger der Wanderung: 11 Km. Ausgangspunkt Bahnhof Schierke

Mittwoch, 25. September 2019

Der Sommer war sehr groß



Pünktlich zum kalendarischen Herbstanfang ist trübes, kälteres Wetter eingekehrt. Und es regnet, was für die ausgetrocknete Natur ein wahrer Segen ist. Es war ein großer, langer, heißer, schöner, unvergesslicher Sommer. Aber es war ein durch den Klimawandel unnatürlicher gewordener Sommer in Folge, und es musste jetzt eine Waldfläche dreimal so groß wie Berlin abgeholzt werden, wie ich gerade aus den Nachrichten erfuhr. Nicht nur die Natur und das Klima sind in äußerster Gefahr, auch kulturell verändert sich immer mehr zum Schlechteren. Die Klima-Anstrengungen haben sich durch die Fridays- for -Future-Bewegung, durch individuelle Ansätze und das Aufschrecken der Politik massiv vermehrt. Aber zu Recht fragte gestern ein Sprecher die Bundesministerin für Umwelt, ob das nicht alles schon seit dreißig Jahren bekannt ist und ob nicht ein globaler Schulterschluss unumgänglich sei, um überhaupt noch etwas auszurichten. Daraufhin gab es eine ausweichende Antwort, Deutschland gelte ja als Vorzeigenation, was die Klimapolitik betreffe. Ja, und Greta Thunberg wird für den alternativen Nobelpreis vorgeschlagen. Schon in den neunziger Jahren gingen Bilder um, die den weiträumig toten Harz (durch Borkenkäfer) zeigten.
                                                           
Ich persönlich sehe nicht viele Ergebnisse. In Berlin wurde ein Verbot der SUVs gefordert, bei Mac Donalds sei der Umsatz durch junge Leute zurückgegangen, man bringt dort jetzt älteren Menschen das Essen und die Getränke an den Tisch. Aber weiterhin wird unser Car-Sharing-Auto, das wir auf dem Land dringend benötigen, massiv von großen Autos bedrängt, weiterhin werden ländliche Gebiete in Industriezonen umgewandelt, werden in jedem Kuhdorf unzählige neue Eierkistenhäuser gebaut, statt den Immobilien-Preistreibern das Handwerk zu legen. Der Lastwagenverkehr nimmt zu statt ab (die Rufe: "Güter auf die Schiene!" von vor dreißig Jahren sind klanglos verhallt), es wird geflogen und es werden Kreuzfahrten gemacht, dass es kracht. An schönen Tagen ist der klare Himmel oft durch Kondensstreifen "bewölkt".

Und wie sieht es bei mir persönlich aus - seit dem letzten Eintrag im Juli? Seit fast einem halben Jahr erhole ich mich von den Freuden und Leiden des jahrzehntelangen Schreibens. Dieser Blogbeitrag soll ein kleiner Wiedereinstieg sein, worauf anderes folgen könnte. Ich habe Ideen für einen dritten und letzten Schwarzwaldkrimi, evtl. auch für die schwäbische Alb oder die Ostsee.


Zum Schluss noch eins meiner liebsten Herbstgedichte von Friedrich Hebbel /1813-1863).


Herbstbild
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.
Friedrich Hebbel


Sonntag, 28. Juli 2019

Hitze und faule Tage

Bei der Wallfahrtskirche Birnau
Die Zeit der großen Hitze ist nun erstmal vorbei. Der Höchstwert an Glutofen, der bei uns hier im Schwarzwald gemessen wurde, betrug 38,5 Grad. So viel hatten wir, glaube ich, selbst im Jahr 2003 nicht gehabt. Und im Rheintal ging es über die 40° hinaus. Wie haben wir das überstanden? Ich selbst war abends mal im Freibad oder einen Nachmittag am See, habe Eis und Salat und überhaupt wenig gegessen und viel Sprudel getrunken. Meine Wohnung war schön kühl, da ein Riesenwalnussbaum , Büsche und Oleander im Garten stehen. Ich hoffe, dass sie im Zuge der Erderwärmung auch dort stehen bleiben.

Aber es geht auch noch ganz anders. Da wir alle Regionen Baden-Württembergs und auch andere Bundesländer sehr gut kennen, sind wir jetzt mal andersrum vorgegangen. An einem Tag fuhren wir zur Bärenhöhle auf der schwäbischen Alb, einem Touristenzentrum, das wir zwanzig Jahre lang gemieden hatten wie der Teufel das Weihwasser. Dort saß niemand in dem wunderschönen neuen Biergarten, weil es auch dort noch 30° heiß war. Das beste Getränk gegen die Hitze war eine Holunderschorle mit Eis, Minze und Gurkenraspeln. Schmeckte wie ein Gazpacho (kalte Gemüsesuppe) in Barcelona!
https://www.ausflugslokal-baerentatze.de/



Holunderschorle in Frankfurt-Höchst 2017


Der zweite Moment, der an unbeschwerte frühere Tage erinnerte, ergab sich gestern Abend. Seit dem Nachmittag hatten sich schwere schwarze Wolken aus dem Westen zusammengebraut, zuvor hatte es schon letzte Nacht gewittert und geregnet. Gott seis gelobt und getrommelt! Wir tranken gerade noch eine Cola draußen bei einer Tankstelle, als es losging. Erstmal begann es heftig und heftiger zu schütten. Früher kamen immer Sturmböen, Blitz und Donner zuerst, dann der Regen. Die Blitze zuckten jetzt quer über den Himmel, und wir saßen da wie unter einem Zelt wie früher auf dem Balkon in Iselshausen. Ein gewaltiges Schauspiel- besser als jedes Fernseh- oder Computerprogramm. Auf dem Weg nach Hause wurde fast das Auto weggeschwemmt! Heute bin ich zu Hause und schnaufe richtig durch. Volles Programm, Blogbeitrag, Sofa, ein bisschen Tour de France. Vielleicht fange ich auch erstmalig seit dreieinhalb Monaten wieder an zu schreiben.


Früher habe ich meinen Klienten und Klientinnen oft gesagt, sie sollten sich mal daran erinnern, was sie früher gern getan haben. Hobbies, Outdoor-Aktivitäten, Lieblingsbeschäftigen wie Lesen, Malen Wandern, Schreiben. Dazu kann ich nur jedem raten. In der heutigen fast desorientierten, niedergewirtschafteten Welt und den trüben Zukunftsaussichten ist es -neben dem Kampf gegen diese Zerstörung - wichtiger denn je, auch für sich selbst Nischen zu finden.

Anbei noch ein paar Fotos aus der "heißen Zeit":
Hier um die Ecke

Der Bodensee zwischen Überlingen und Lindau


Ein großer Perlmuttfalter (dem Kaisermantel ähnlich)

Montag, 8. Juli 2019

Wo ist Heimat?

Welchen Ort empfinden Menschen als ihre Heimat? Den, wo sie geboren wurden? Ist sie dort, wo die Familie und Freunde sind und der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen? Ich selbst hatte immer gedacht, dass mein Geburtsort Flensburg eine solche Heimat wäre. Und ich hatte oft genug an diese Gegend gedacht, an die Flensburger Förde, den Geruch des braunen Tangs, die Schreie der Möwen, das mit Buchen bestandene Hügelland, den immerwährenden Wind, der stets den Geruch von Salz mit sich brachte. Das stundenlange Traben durch Wälder und Felder in den Sommerferien, die nie zu enden schienen, der blühende Apfelbaum im Garten, die Zollhäuser, die Waldwiese und der Niehuuser See. Das Blau der Ostsee, die Schülerbälle, Ruderboote, Quallen und Seesterne. Der erste Kuss unweit der Krusau, der erstmal daneben ging. Der rote dänische Sild, der Räucheraal, der Wackelpudding und der große Kloß, das Lesen mit der Taschenlampe im Bett, Tanzstunde, Spiele und Lagerfeuer. Da knisterte die Welt noch und war voller Abenteuer!

 Am letzten Wochenende machten wir uns daran, die Gegend noch einmal zu besuchen. Drei Jahre lang war ich nicht mehr dort gewesen. Die vielen, vielen Baustellen hielten uns diesmal nicht davon ab, weiterzufahren. Die Aussicht, am langen Strand in Wassersleben spazieren zu gehen, im Kollunder Wald in der kleinen Sandbucht zu schwimmen, mit dem Schiff zum Flensburger Hafen hinüberzufahren, noch einmal den besten Hotdog von Dänemark zu verzehren und mit dem Klingelboot auf die Ochseninseln zu schippern, hielten den Willen aufrecht. Abends liefen wir in Flensburg ein. Ich erkannte nichts mehr wieder! Dort irgendwo musste meine Schule gewesen sein, aber es war alles voll mit neuen Häusern. Die Meile am Hafen war noch die alte, doch der Wasserslebener Strand war von einer Baustelle versperrt. Zu den Residenzen dahinter waren noch etliche dazugekommen. Das Einzige, was vertraut schien, waren der Grieche und der Fleggard, ein Einkaufszentrum, das insbesondere gern von den Dänen aufgesucht wird. Unsere Ferienwohnung war zu klein, die Übernachtung im "Hotel des Nordens" direkt an der dänischen Grenze war teuer, einsam, kalt und fast gänzlich schlaflos. Was für herrliche Stunden hatten wir früher im hoteleigenen Bad verbracht! Ich musste zähneknirschend feststellen, dass hier nichts mehr war, keine Heimat, keine Familie, keine Freunde, es war nichts mehr da. Das Grab meiner Eltern brauchte dringend eine Anpflanzung. Die einzige Stelle, die sich nicht verändert hatte, war die sogenannte Schusterkate, der kleinste Grenzübergang Dänemarks. Hier lag einst das Boot meines Vaters, hier haben wir Muscheln gesucht und Enten gefüttert. Später ruderte ich in einem Dingi mit einem Freund zur Ochseninsel, ein Abenteuer, das zu vorgerückter Nachtstunde endete. Wir verließen den ungastlichen Ort und fuhren nach Husum, das wir von einem anderen Besuch her in guter Erinnerung hatten.
Bootshafen an der Krusaumündung

Schusterkate, die Brücke über die Krusau

Das ehemalige Hotel "Ganther" in Wassersleben (wo wir im Jahr 1955 beim Umzug von Bayern mit meinen Eltern abstiegen)
Das nächste Ziel war Husum, die "graue Stadt am Meer" des Schriftstellers Theodor Storm. Vom Hafen mit seinen Kuttern durch die engen, malerischen Gassen zu Storms Haus, in dem er von 1866 -1880 wohnte und den Schimmelreiter" vollendete.

Die Rückfahrt ins Schwäbische sollte drei Tage dauern, und zwar kreuz und quer durchs Land. Es wurde immer heißer und trockener. Die schönste Gegend fanden wir rund um Hildesheim (duftende Lindenalleen, versteckte Kapellen und malerische Dörfer) und später im Werratal mit dem Hohen Meissel.

            Abends landeten wir in einer alten Gastwirtschaft in einem Ort namens Grasdorf. Zwei großzügige Zimmer, eins mit Erker, und eine vergnügliche Unterhaltung am Dorftresen. Im schönen Werratal mit seinen alten Burgen tauchte dann eine wahre Perle auf: Die alte Fachwerkstatt Eschwege. Es sei die einzige Stadt, die ihren lebendigen Charakter erhalten habe, weil die Stadtverwaltung die Einzelhandelsgeschäfte bezuschusst hat. Das war der ganzen Gegend anzumerken. Die Menschen waren offen und liebenswürdig, das Hotel gut und die Gastronomie vielfältig. Doch wie überall sonst auf dem Land wurden um zehn Uhr die Bürgersteige hochgeklappt. So saßen wir mit einem Bier auf einer Bank in dieser warmen, lindenduftgeschwängerten Nacht und beobachteten das nächtliche Treiben der Jugend.

Der Rest der Reise ist schnell erzählt.  Nach einem Mittagessen in Veitshöchstheim (so ein Schweinebraten mit Knödel kann auch ein Stück Heimat sein)
Tauberbischofsheim
noch zwei heiße, gemütliche Stopps in Walldürn und Tauberbischofsheim.  Es ist sicher klar, dass wir froh waren, wieder in unsere kühlen Wohnungen zurückzukehren. Diese Fahrt war sehr aufschlussreich. Sie zeigte nicht nur den klimatischen und sozialen Zustand unseres Landes, sondern auch, wo Heimat nicht sein kann. Immer wieder kleine Heimatgefühle, doch die Heimat kann nur dort sein, wo sich das Gefühl von Heimat einstellt. In diesem Link wird kurz erläutert, worüber es seitenlange Zeitungsartikel gibt:
https://www.phoenix.de/themen/rubriken/was-ist-heimat-a-252781.html  

Zitat: "Auszudrücken, warum wir uns irgendwo und mit irgendwem zuhause fühlen, fällt den meisten schwer. Wie sehr wir unsere Heimat schätzen, stellen wir oft erst fest, wenn wir fern davon sind und das Heimweh oder die Sehnsucht ausbricht. Manch einer verspürt sie sogar erst, wenn er das Gefühl hat die Heimat könnte verloren gehen."                            


 


St. Dyonis in Eschwege

Sonntag, 16. Juni 2019

Ver-Reisen, Urlaub, Tourismus

Kürzlich las ich in meiner Zeitung, dass es bestimmte Gebiete dieser Erde gäbe, auf die sich der Massentourismus konzentriere und sie auch zerstört habe. Vielerorts überlege man sich schon, ob man nicht Quoten erstellen solle, weil die Venezianer und Barceloner keinen  bezahlbaren Wohnraum mehr bekommen, denn es wird alles an Touristen vermietet. Als Erstes fallen einem da Orte wie Venedig, die Insel Mallorca, der Louvre und viele andere ein. Hier eine Liste mit den 25 berühmtesten Reisezielen:https://fritzguide.com/reiseziele-die-der-tourismus-zerstoert-hat/
Da ich selbst in meinem Leben sehr viel gereist bin, habe ich diese Entwicklung mit zunehmender Sorge verfolgt. Und eigentlich kann ich von Glück sagen, dass ich den Eiffelturm, den Louvre, den Parthenon von Athen, Mallorca, Dubrovnik, Pompeji, Barcelona und die Ruinen von Delphi in einer Zeit besucht habe, in der das noch halbwegs zivilisiert möglich war. Aber schon die Mona Lisa konnte ich vor langen Jahren schon nicht mehr aus der Nähe sehen, weil unzählige Touristenköpfe sie verdeckten. In Venedig war Anfang dieses Jahrtausends kein Besuch des Markusdoms möglich, wir mussten auf den Dogenpalast und die Gemäldegalerie ausweichen. Schloss Neuschwanstein konntest du selbst im Regen vergessen. Die Iguazu-Wasserfälle hatte ich schon mit 19 Jahren gesehen, den Londoner Tower mit 18, den Salto Angel in Venezuela in den Neunziger Jahren vom Flugzeug aus. Auf Madeira im Oktober wanderten wir mit unzähligen anderen Leuten auf den Wegen. Die blaue Grotte in Capri wurde mit etwa zehn Booten befahren. War alles einmalig, doch zu welchem Preis, wenn man die Besucherzahlen anschaut!


Madeira, Capo de Sao Vicente
Wenn man viele der schönsten und berühmtesten Orte dieser Welt gesehen hat, kann man ja eigentlich auch zu Hause bleiben. Oder? Wenn dieses Wörtchen "wenn" nicht wäre. Wenn einem die Decke auf den Kopf fällt, weil man zwar an einem Ort wohnt, an dem andere Urlaub machen (Schwarzwald), diese Gegend aber sukzessive ebenso massiv zerstört wird wie die anderen Touristenorte auch. Nicht nur durch den Tourismus. Durch Flächenverbau, Bodenversiegelung, Industrieansiedlungen, neue Straßen und rapide zunehmendem Verkehr. Es gibt aber Orte, die wie Rückzugsgebiete sind. Man muss sie nur kennen. Hier einige Beispiele von Ecken, die sich ihren ursprünglichen Charme bewahrt haben.
Versteckte Stellen am Bodensee

Burg Wildenstein im Donautal

Der Blautopf in Blaubeuren (nicht ganz so "totbesucht" wie der Mummelsee im Schwarzwald)

Idylle im Garten des Schlosses Lindich bei Hechingen

Dom in St. Gallen

Jagdschloss in Hirsau

Figuren am Eulenturm in Hirsau

Hohenzollernblick

Ein ursprünglicher Traufweg der schwäbischen Alb

Samstag, 25. Mai 2019

Von digital brutal runter auf real

 Das Schreiben gehörte schon immer zu meinem Leben, aber seit fast zwanzig Jahren ist es die Grundlage desselben geworden. Inzwischen habe ich zehn Romane und zwei Sachbücher veröffentlicht, ein ganzer Roman und ein überarbeiteter Kleinverlagsroman liegen noch auf Halde, und es gab in diesen zwanzig Jahren kaum eine Phase, in der ich nicht geschrieben habe. Seit etwa sechs Wochen, genau seit dem 6. April 2019, liegt der Griffel still bzw. schweigt die Tastatur. Nicht nur ich selbst habe bemerkt, dass ich mal eine Pause brauche. Aber es ist schon grauslich, das durchzuhalten. Ich hänge herum, surfe durch die Foren und sozialen Medien, aber da ist auch nicht viel los, dass mich über längere Zeit fesseln könnte. Wie wäre es, sich mal wieder mehr dem realen Leben zuzuwenden?

Heute Morgen habe ich aus dem Fenster geschaut, die Sonne leuchtete über meinem kleinen Garten und dem Walnussbaum. Plötzlich schreckte ich auf. Was waren denn das für Geräusche? Rückten meine Vermieter über mir wie verrückt mit den Möbeln? Noch ein Blick aus dem Fenster: Da hatte sich vom Schwarzwald her eine tintenschwarze Gewitterwand aufgebaut. Eine Stunde raste es über uns hinweg, dann begann der Regen. Zwei schöne Tage hatten wir letzte Woche, die wir auch mit langen Spaziergängen und einer Wanderung auf der Alb verbrachten. Sollte ich jetzt mein Pausengelübde brechen? Im Papyrus Autor hatte ich schon vor einiger Zeit einen vorläufigen Krimiplot und ein paar Figuren in der Datenbank aufgestellt. Dazu hatte ich aber keine Lust. Also mal sehen, was mein neuester Krimi bringt. Ein paar Buchhandlungen haben das E-Book schon aufgenommen, eine Linzer Buchhändlerin hat sich sogar bei FB gemeldet. Aber das braucht alles seine Zeit -Das Printbuch erscheint ja erst im Juli. Zumindest laufen die "Martinsmorde" kontinuierlich. Ich bin müde, mache es mir auf dem Sofa gemütlich und löse reale Kreuzworträtsel.

Abends fällt mal wieder mein HD-Fernseher aus (so alle paar Wochen für ein paar Stunden). Also auch kein Filmegucken. Dann habe ich eine Frage an Google gestellt. Wie ist es eigentlich, wenn man vom ziemlich digitalisierten zum analogen, realen Leben zurückkehren will? Dazu habe ich zwei Links gefunden. https://bit.ly/2X8rVA6 .Bei Smartphonebesitzern - es sollen über 90% aller Deutschen sein - verschmelzen die digitalen und die realen Welten. Ich habe nur ein Handy, das ich selten brauche, aber mein Laptop leistet die gleichen Dienste. Mein reales Leben ist nämlich ebenfalls mit dem digitalen eng verschmolzen. Was macht das mit einem? Außer Entfremdung von da draußen engt es die Wahrnehmung und die Gefühle ein. Und die Sinne. Dann: Zehn Dinge, die man wieder im Realleben machen sollte. https://bit.ly/2EjbU36

-Mal wieder ins Kino gehen
-Fotos abziehen lassen - das habe ich schon lange nicht mehr gemacht.
-Mit Leuten sprechen, anrufen. Da gibt es nicht viele, ein paar nahestehende Menschen, Nachbarn, mit denen man übers Nüssesammeln usw. mal ins Gespräch kommt. Im Schwimmbad immer wieder Smalltalks. Zufallsgespräche wie gestern im Antiquariat in Weil der Stadt oder mit Exmann und Lebenspartner. Ex überreichte mir das Muttertagsgeschenk unseres Sohnes, einen Krimi von Nele Neuhaus. Dazu eine handschriftliche Karte, die mich an die Worte aus seiner Kinderzeit erinnerten. Filmreif der Einwand des Ex zum Jetzigen, der sich über die Einmischung der Exgatten in die neuen Beziehungen ereifert hatte: "Du bist ein Göckele". Darauf dieser: "Ein Gockel hat immer mindestens drei Hennen!" Mein Ex und ich lachten minutenlang darüber, denn es gibt wirklich drei Hennen!

-Konzerte besucht haben wir auch schon lange nicht mehr und sind in letzter Zeit nicht weiter als in die Schweiz gereist. Aber ich lese dicke Bücher und Zeitungen, und wir treiben uns draußen herum, wann immer das Wetter mitmacht. Und kreativ war ich die letzten neunzehn Jahre auch.

Am Allerbesten sind die Spaziergänge und Wanderungen in der Natur. Vorgestern waren wir auf der Pfullinger Wiese und begegneten nur zwei Personen (am Wochenenden ist es dort manchmal recht voll). Einer mit Strohhut meinte auf die Frage, ob dahinten noch mehr von den Orchideen kommen: "Das hier ist nur die Ouvertüre!" Der andere war allein unterwegs und verschwand schnell Richtung Trauf. Zusammen mit dem tausendfachen Grillen der Zikaden war es in der Tat wie der Besuch eines Freilandkonzertes. Auf dem Rückweg fanden wir einen Kreuzenzian, den wir bisher nur im botanischen Garten in Tübingen gesehen hatten. Der Bärlauch blühte noch und duftete wie beim Italiener. Nur in der Natur, beim Kochen und Essen und bei Ausflügen kann man die Welt noch mit allen Sinnen erfassen.



Sonntag, 19. Mai 2019

Dein ökologischer Fußbdruck



Heuhütten in einem abgelegenen Schwarzwaldtal
Vor einiger Zeit bekam ich Besuch von einer sehr netten Freiburger Studentin. Normalerweise  verhandle ich keine Angelegenheiten an der Haustür, aber sie kam, um für den Beitritt im B.U.N.D zu werben. Und sie erwies sich auch als absolut fachkundig, selbst, was Adressen für den Kauf von Kleidung betraf, die nicht in Bangladesch oder einem ähnlichen Land hergestellt wird. Ich unterschrieb also den Beitrittsvertrag und bekam gestern die erste Ausgabe des B.U.N.D-Magazins. Da waren die Stellungnahmen der Parteien zu den großen Themen wie Klimaschutz bei der Europawahl aufgeführt. Es gab eigentlich keine Partei, der ich da eine große Kompetenz zutrauen würde, am ehesten noch den Linken, ein wenig den Grünen und der SPD. Die Frage der Landschaftszersiedelung und der Bodenversiegelung durch immer neuen Straßen- und Häuserbau tauchte eigentlich nirgendwo auf. Und doch ist dieser menschengemachte Flächenverbrauch -neben vielen anderen Kriterien -mitverantwortlich für das Artensterben und auch für den Klimawandel. Der langen Rede kurzer Sinn: Auch wenn die Europawahl früher mehr oder weniger an mir vorbeiging, halte ich sie diesmal für sehr wichtig, auch wegen der sozialen Gerechtigkeit und der Ausbreitung des Rechtspopulismus. Und habe die Briefwahlunterlagen bestellt, weil ich noch nicht weiß, ob ich am 26. Mai da sein werde. Eines ist auf jeden Fall klar: Die gegenwärtige Nässe- und Gewitterperiode ist genauso wenig "normal" wie die vorhergehende und sicher folgende Dürreperiode, so sehr die AfD das auch klein zu sülzen versucht.

Im Zuge dieser Überlegungen bin ich auf einen Test gestoßen, mit dem man seinen ökologischen Fußabdruck messen kann. Das heißt, inwieweit man mit seinem Konsumverhalten selbst zum Klimawandel beiträgt. Ich teile mir mein Auto voll und ganz mit jemandem, der 8 Km entfernt wohnt, ich verursache nicht viel Müll, den ich recyceln lassen, esse weniger tierische Produkte als früher, bin in den letzten zehn Jahren nur einmal geflogen und habe in meinem Garten Blumen wie Lavendel, Rosmarin, Primeln, Traubenhyazinthen u.a., die den Bienen als Futter dienen. Ein Fahrrad kann ich leider nicht unterbringen, aber lange Strecken in Deutschland fahre ich mit der Bahn. Alte Geräte und Möbel werden erst ausgetauscht, wenn sie kaputt sind. Trotzdem ist mein ökologischer Fußabdruck so groß, dass, wenn jeder so handelt,  man 2,6 Erden benötigen würde, um die kollektiven Bedürfnisse zu erfüllen. Mach diesen Test mal,/ machen Sie diesen Test einmal (alle Sprachen), und sie werden staunen, was das Konsumverhalten des Einzelnen für eine Auswirkung auf das Ganze hat.

https://www.fussabdruck.de/fussabdrucktest/#/start/index/

Weitere, ergänzende Tests:
https://bit.ly/2EjbU36

https://www.atmosfair.de/de/

Donnerstag, 2. Mai 2019

Nichts bleibt, wie es war

Bericht über eine Ausflugsfahrt

Gestern, am 1. Mai, überkam uns die Lust, mal wieder einen kurzen Abstecher in die Schweiz zu machen. Zum Wandern war es überall noch zu nass, und die lustigen Trecker mit den fröhlichen Menschen sind auch nicht so ganz unsere Sache. Leider ist in Bayern ein solcher Traktor mit mehreren Anhängern verunglückt, es wurden zahlreiche Menschen verletzt. Die Schweiz, insbesondere St. Gallen mit seinem Klosterviertel und die Bodenseestadt Arbon, sind uns vom letzten Jahr her noch in bester Erinnerung. So kamen wir auch in flotter Fahrt über Schaffhausen in die Schweiz hinein. Es herrschte Kaiserwetter, die Landschaft des Thurgau glänzte feiertäglich, alles schien einen guten Anfang zu nehmen. Wir wollten die Städte Baden bei Zürich, Brugg und eventuell noch das schöne Aarau besuchen. Für eine oder zwei Übernachtungen hatten wir die übliche Reisetasche dabei. Je mehr wir uns Zürich näherten, desto dichter wurde der Verkehr. Und hier erlitten wir dann den ersten Kulturschock. In einer - wunderschönen - Raststätte mit Naturlehrpfad mussten wir für zwei Latte Macchiato, eine Schnecke, ein trockenes Hefebrötchen und einen Saft sage und schreibe fünfundzwanzig Fränkli löhnen, bei einem Wechselkurs von 1 zu 1! Natürlich weiß jeder Schweiz-Tourist, dass dieses Land ein teures Pflaster ist, aber das hatten wir wohl verdrängt. In abgelegenen Gegenden wie dem Emmental hatten wir schon recht günstig zu Mittag gegessen.

Dann wollten wir in Baden, das einmal zu den berühmtesten Bädern Europas zählte, nach dem Kurpark und dem Hotel Verenahof schauen, in dem Hermann Hesse entscheidende Jahre seines Lebens weilte und die glossenhafte Erzählung "Der Kurgast" schrieb.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurgast . Es war nichts mehr von dem zu finden oder zu spüren, was hier einmal gewesen war. Eine hässliche, hektische Industriestadt mit Staus und verwirrender Straßenführung! Den Kurpark haben wir nur im Vorbeifahren vorüber gleiten sehen, eine Kurterrasse mit gelben Schirmen wehte eine Erinnerung herüber, bevor wir durch eine endlose industrialisierte und zersiedelte Wildwestlandschaft wieder zurück nach Deutschland flohen.

Ankommen in Tiengen bei Waldshut: Am Bahnhof kann man seinen Wagen abstellen, sich in der warmen Sonne niederlassen und sich wie im Urlaub fühlen. Wir waren länger nicht dort gewesen und entdeckten die Stadt wieder ganz neu.
Schloss in Waldshut-Tiengen


Bernhard von Clairveaux weilte 1146 in dieser Herberge und heilte Kranke

Fundstücke


Das letzte Foto zeigt den unteren Innenraum eines Antiquitäten- und Trödelhändlers. Es war ein echtes Abenteuer, sich vom Händler durch die kleinen Räume führen zu lassen, die sich übereinander befanden, nur über steile Eisentreppen zu erreichen. Es war, als steige man in ein Labyrint hinein und steige immer höher, umgeben von Tausenden Sammelstücken eines Lebens!

Weiter ging es nach Bad Säckingen, dem Trompeterstädtchen. Auch hier ein ruhiges, verheißungsvolles Ankommen, auch hier entdeckten wir ein schon bekanntes Städtchen ganz neu.
Das "Trompeterschlösschen" diente dem Schriftsteller Viktor von Scheffel als Kulisse für seinen Roman "Der Trompeter von Säckingen" mit dem Kater Hidigeigei"https://www.trompeter-von saeckingen.de/scheffel/trompeter.htm
Durch den wunderschönen Park gelangt man schnell an den Rhein mit seiner bekannten Holzbrücke. Zur Krönung des Tages speisten wir im "Kater Hidigeigei"; dort erhielt ich für 14,90 Euro einen voluminösen Salat mit vier leckeren Rumpsteakschnitten. Das Lokal hat einen sonnig-schattigen Biergarten und großzügige Innenräume, man kann dort auch übernachten. Die Qualität ist laut Gästekritiken seit Jahren gleichbleibend gut. Ein paar Tische weiter saß ein englisches oder amerikanisches Pärchen, plauderte über "The Trumpeter" und ließ sich riesige panierte Schitzel auf Pommes schmecken.

Die Rückfahrt machten wir durch das wildromantische Albtal, durch den Hotzenwald und St. Blasien zurück ins Neckartal und zur Autobahn. Fazit dieser kurzen Reise: Das Gute liegt so nah, manches bleibt so, wie es war, vieles ist nicht so geblieben, und manches bleibt in Büchern oder anderen Zeugnissen für die Nachwelt bestehen.



Albtal