Donnerstag, 7. Februar 2013

Verleger und Autoren-eine unendliche Beziehungs-Geschichte!

Durch eine Diskussion auf Facebook angeregt, bin ich wieder auf einen meiner Vorfahren gestoßen, Georg Lotz (1784-1844), der in Hamburg, München und anderswo lebte. Er war ein Schriftsteller seiner Zeit, Kaufmann, Autor, Übersetzer und Herausgeber, verkehrte im Literatursalon Heinrich Heines und übersetzte Sir Walter Scott, den Vater des historischen Romans. Von ihm stammen historische Romane und Erzählungen wie "Abendfahrten auf den Lagunen" oder "Die Jüdin von York". Sein Reisebuch "Wanderungen eines jungen Norddeutschen in Spanien, Portugal und Noramerika" ist 2010 und 2011 als Reprint neu aufgelegt worden und wird von vielen Portalen wie Weltbild angeboten, allerdings zum stolzen Preis zwischen 79,90,- und 230,-Euro. Deshalb gibt es natürlich schwuppdiwupp auch gleich einen kostenlosen Download. Im Zuge dieser Recherchen fand ich auch noch einen Brief des Verlegers Campe (Hoffmann und Campe) an Heinrich Heine, der damals in Paris in der Rue Cité Bergère No 3 lebte. Darin beklagt sich Campe über Georg Lotz, der in München krank darnieder liege, nichts zu beißen habe und ihn um einen Vorschuss für sein nächstes Buch gebeten hätte. Campe gab das Geld, auch wenn er selber nicht viel hatte. Es verging eine lange Zeit, aber das Buch kam und kam nicht, auch wenn Campe es alljährlich anmahnte. Schließlich habe Lotz das Geld zurückzahlen wollen, aber das ging Campe gegen den Strich, weil er doch das Buch haben wollte und nur das Buch!


Zwischen damals und heute liegen Welten, nicht wahr? Heute kannst du zehn Bücher geschrieben haben und fühlst dich immer noch wie ein Bittsteller bei den Verlagen. Warten auf Zusagen, Zittern, wenn es heißt, wir müssen erst die Verkaufszahlen abwarten, bevor wir ein weiteres Manuskript anbieten können. Anfangs rannte man jeden Tag zum Briefkasten, ob eine Antwort des Verlags auf das angeforderte Manuskript da war. Später war es die elektronische Mailbox, die man wieder und wieder ausquetschte, bis endlich eine erlösende Antwort kam, sei sie positiv oder negativ. Ja, es war eine Mail, die mein Leben veränderte. Im Februar 2002 kam die Mail eines Verlegers, bei dem ich schon persönlich vorgesprochen hatte, mit der Antwort, dass man mein Buch veröffentlichen wolle, wenn ich bereit sei, kleinere Änderungen zusammen mit dem Lektorat vorzunehmen. Ich schwebte tagelang über den Baumwipfeln! Zehn Jahre und zehn Bücher weiter sehne ich mich immer noch nach einer Mail oder einem Anruf, die mein Leben verändern könnten. Aber sie kommen nicht bzw. sie sind alle schon dagewesen. Mein Leben hat sich radikal verändert. Georg Lotz lebte in einer Zeit, als die Verleger noch zum Autor kamen, wir leben in einer Zeit, in der wir uns überlegen müssen, ob wir diese unendliche Geschichte noch weiter aushalten, die Sache selbst in die Hand nehmen oder einfach weitermachen und auf bessere Zeiten warten wollen.

7 Kommentare:

  1. Was für eine spannende Geschichte um Deinen Ahnen Georg Lotz, liebe Christa. Darüber solltest Du noch viel mehr erzählen!
    So viel verändert hat sich seit dieser Zeit aber gar nicht.
    "nichts zu beißen habe und ihn um einen Vorschuss für sein nächstes Buch gebeten hätte"
    Das ist heute noch genauso gültig.;)

    Liebe Grüße
    Nikola

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  2. Ja, es kam mir in Teilen auch merkwürdig modern vor, Nikola.
    Vielleicht sind den Verlegern auch heute noch die Autoren wichtig, nur tun sie so, als wenn
    sie uns jederzeit fallen lassen würden, wenn wir uns ihren Konditionen nicht anpassen. Ich werde gern noch ein wenig weiter über meinen Vorfahren recherchieren, schließlich habe ich einige seiner Bücher und seine Biografie hier bei mir. :-)

    Liebe Grüße
    Christa

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  3. Und noch was: Natürlich haben die Verleger damals auch an Verkaufszahlen gedacht. In dem Brief an Heine schreibt Campe, der Autor X sei ein Buchmacher, dem es wie Würmer aus dem Körper rausschlüpfe, ein anderer habe 187 Bücher verkauft, Lotz das Doppelte, und das könnte doch für Heine ein "Barometer" sein. Wobei mir nicht klar ist, ob Heine mehr oder weniger verkauft hat. Im Großen und Ganzen macht mir das Lust, vielleicht mal auf ganz anderen Spuren zu wandeln, zum Beispiel von Mark Twain im Schwarzwald und am Neckar oder von Schiller oder Uhland oder Sophie de la Roche.

    Liebe Grüße
    Christa

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  4. Liebe Christa,
    das ist ja irre spannend mit deinem Vorfahr! Und dass der auch noch ausgerechnet im Historischen unterwegs war! Und es klingt sehr modern, da hat Nikola recht.

    Es gab auch die andere Seite in der 1. Hälfte des 19. Jhts.: nämlich kein Urheberrecht, was den Autoren enorm viel Macht gab (mag man heute nicht glauben). Die konnten ihre Bücher nämlich gleichzeitig mehrfach verlegen, auch bei der Konkurrenz und obendrein noch selbst. Manche machten so richtig Reibach. Dementsprechend buhlten die wenigen großen Verleger um sie.

    Was die heutigen Verhältnisse betrifft, so möchte ich dir widersprechen. Was du schilderst, ist ganz typisch für Konzernverlage, für die großen Buchfabriken. Gewiss, die großen Verlegerpersönlichkeiten wie bei Ammann, Diogenes, Suhrkamp o. ä. sterben langsam weg, die auch noch oft ihre Autoren nebenher unterstützt haben und lebenslange Freundschaften pflegten, nicht selten mit Familienanschluss.

    Aber gerade in eher literarischen Verlagen, aber auch in den vielen wunderbaren Independent-Verlagen herrscht doch noch ein anderer Ton, werden Bücher und Autoren anders wertgeschätzt.

    Ich hab beides erlebt und kann nur ermuntern: Ob ich Bittsteller werde oder nicht, liegt auch ein Gutteil an mir selbst. Man muss sich nicht erniedrigen. Autor - Verlag ist eine Partnerschaft. Ich spreche auf Augenhöhe oder ich sage das schöne Wörtchen Nein.

    Herzlichst,
    Petra

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  5. Ist ja spannend, dass dir die historischen Romane sozusagen "im Blut liegen", Christa. Danke für diese Geschichte! Irgendwie hat das Schreiben wohl nicht umsonst den Ruf, eine brotlose Kunst zu sein ...

    Was die weltverändernden Mails betrifft, kann ich dir wieder einmal nur von ganzem Herzen zustimmen!

    Herzlichst
    Marie
    die auch jahrelang zum Briefkasten gerannt ist

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  6. So, jetzt bin ich zurück von einem arbeitsreichen Tag (habe den neuen Hausmeister eingefrührt, morgen kommen die pädagogischen Hilfskräfte).

    Liebe Petra,

    ist auch spannend, was du über die Macht der Autoren Anfang des 19. Jahrhunderts sagst! Kein Wunder, wenn ich immer wieder davon geträumt habe, damals Schriftstellerin gewesen zu sein! :-) Durch das Kernerhaus in Weinsberg und seine mehr oder weniger literarischen Gäste habe ich ja schon einen Eindlick bekommen. Damals konnte auch eine Ottlie Wildermuth in Tübingen reüssieren und wurde durch ihre Damenkränzchen und ihre Stellung ganz schön erfolgreich. Allerdings kennt sie heute kaum noch jemand, und ihre Romane sind auch ein wenig arg ihrer Zeit verhaftet.
    Wenn du von den Konzernverlagen, den literarischen und den Indie-Verlagen sprichst, kann ich mir schon einen Unterschied vorstellen. Aber mit literarischen Verlagen hatte ich noch nicht das Vergnügen. Nur mal Leseproben an Lektorinnen des Diogenes- und Hanser- Verlages geschickt, die es anforderten, weil sie alles lesen müssten. Dann aber nie mehr was von sich hören ließen. Ich habe damals beschlossen, es nicht mehr auf der literarischen Schiene zu versuchen. Das mit der Augenhöhe und dem Nein ist natürlich unumstößlich richtig! :-)
    Herzlichst
    Christa

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  7. Liebe Marie,

    dass ich einen Vorfahr habe, der Schriftsteller war, habe ich vor 10 Jahren in der Bibliothek meines Vaters in Flensburg entdeckt, die mein Großvater zusammengestellt hatte. Viele dieser Bücher habe ich inzwischen hier, auch die von Georg Lotz. Ja, ich dachte, das mit dem Historischen hätte sich vielleicht über die Generationen fortgepflanzt (meinen Mörike hatte ich damals schon veröffentlicht). Meine Eltern sagten, Schriftsteller ja, aber erfolglos. Wobei sie natürlich den Reibach und den Ruhm meinten. :-) Bis ich entdeckte (und jetzt immer mehr entdecke), dass es da auch noch ganz andere Dimensionen gab!

    Herzlichst
    Christa

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