Samstag, 23. Februar 2013

Machen Verlage die Autoren kaputt?

Seitdem ich 2004 meinen ersten Roman veröffentlichte, wehre ich mich dagegen, in Folge "immer dasselbe" schreiben zu sollen. Egal, ob Klein - oder Großverlag, unabhängig von Erfolg und Misserfolg, es wurde immer erwartet, die einmal befahrene Schiene weiter zu bedienen. Das wollte ich nicht. Und ich wollte raus aus den Zügen, die immer in die gleiche Richtung fuhren, alle gleich aussahen und irgendwann total überfüllt waren. Ich hatte eine ganze Palette von historischen, kriminologischen und Thriller-Ideen, teilweise schon ausgeführt, teilweise auch veröffentlicht, manche aber immer noch auf der Festplatte. Momentan bin ich ziemlich orientierungslos, um es ehrlich zu sagen. Fragen, die ich mir stelle:
Was wird mit meinem Hausverlag, wenn das nächste Buch nicht "erfolgreich" ist?
Was mache ich mit meinem Schwarzwaldkrimi, der in überarbeiteter Form vorliegt? Soll ich ihn mit Hilfe von Testlesern und mindestens 12 Überarbeitungen zur Bestform bringen? Wem soll ich ihn dann anbieten? (Meinem Agenten zuerst, denn er war an der Plotentwicklung beteiligt). Wird von mir erwartet, dass ich ihn unter Pseudonym herausbringe, wegen des Genrewechsels? Oder steht mein Name inzwischen so da, dass ich jonglieren könnte? Der Krimi ist nicht ganz Genre-lupenrein, er hat auch Thrillerelemente. So etwas wurde mir schon mal in einer Rezension vorgeworfen, dass es solche Elemente in einem historischen Roman gab. Und auch der Thriller, den ich gerade lese "Bluternte" von Sharon Bolton wird am Thrillergenre gemessen: Er sei doch eher gemütlich wie ein Krimi. Mir gefällt das im Übrigen recht gut, was sie schreibt, schon die Atmosphäre des Moordorfes mit Abteiruine und Friedhof.

Bei jedem Zweifel wurde mir von Kollegenseite geraten, doch das zu schreiben, was mir in die Finger käme und wofür ich brenne. Das habe ich auch getan, nur kollidiert es immer wieder mit dem "Markt"! Meine eigensten Bücher waren fast immer die am schlechtesten verkauften, von Verlags- und Agentenseite her gesehen. Den besten Rat, den mir andere gaben und den ich auch weitergeben würde, ist der: einfach immer weiterschreiben, die Texte optimieren und sich nicht beirren lassen! Alles, was mir in den letzten Wochen durch den Kopf ging, habe ich im Blog von Petra A. Bauer wiedergefunden.

Machen Verlage die Autoren kaputt?

Darin beschreibt sie das Dilemma der Autoren und der Trends, denen immer hinterhergehechtet wird. Bei den langen Vorlaufszeiten ist der Zug meist wieder abgefahren, wenn das Buch veröffentlicht wird. Was die E-Books betrifft, rät die Autorin davon ab, aktuelle Herzensprojekte in den Ring zu werfen - sie sieht das eher als Möglichkeit, vergriffene Werke wieder aufzulegen. So, wie ich es ja auch getan habe und wieder tun würde. Übrigens fällt mir dabei ein Thema ein, das ich schon mal in einem Roman verarbeitet habe: Die Suche nach dem Stein der Weisen ("Das Vermächtnis des Bischofs"): Da wird die Suche nach dem Stein allmählich ab absurdum geführt - um dann doch als Frage offen zu bleiben. (Und prompt kam wieder eine Kritik, die den Roman nicht "historisch" genug fand!) Genauso agieren gerade die Verlage und auch viele Autoren: Irgendwo muss doch das Rettende stecken, irgendwo muss es doch herkommen, irgendwie muss es mir dir ihm ihr ihnen doch gelingen, endlich aus niederen Metallen Gold zu machen!

Siehe dazu auch: Such dir ein globales Dorf von Petra van Cronenburg.

9 Kommentare:

  1. Liebe Christa

    Die Antwort auf die Frage "Machen Verlag Autoren kaputt" ist eigentlich einfach: Nur, wenn sie sich kaputt machen lassen.

    Denn: Die Verlagswelt ist extrem hart geworden und deshalb könnte man, wenn man wollte, deine Frage auch mit JA beantworten. Zum Glück haben wir alle die Freiheit, uns das nicht anzutun.

    Mir stellt sich deshalb immer öfter genau diese Frage: "Will ich mir das antun?" Wobei sich das "das" auf mehrere Punkte verteilt. Und immer öfter ist die Antwort ein NEIN.

    Ich schliesse nicht mehr aus, meine Herztitel in Zukunft nur noch als eBook zu machen. Genau diese. Weil die mir am wichtigsten sind. Und weil ich eigentlich nur Herztitel mache, bedeutet das, dass ich möglicherweise schon bald ganz neue Wege einschlage.

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  2. Ganz herzlichen Dank für deine offene Antwort, Alice! Wobei der erste Satz der allerwichtigste ist. Jetzt muss ich noch einmal weg, aber ich würde mich freuen, wenn sich auch noch andere zu Wort melden würden. Heute Abend habe ich dann Zeit für eine ausführlichere Antwort.

    Herzlichst
    Christa

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  3. Liebe Christa,

    du kannst dir sicher vorstellen, dass mir zu deinem neuen Post wieder alles mögliche aus den Fingern will. Mit vielem, was ihr schreibt, sprecht ihr - du und Petra Bauer - mir aus dem Herzen. Ich merke aber, dass ich mich zurückhalten muss, sonst steigere ich mich innerhalb kürzester Zeit in einen Zustand hinein, in dem ich den Laptop zu- und nie wieder aufklappe. Und (ganz) so weit bin ich noch nicht.

    Ich wünsche dir einen richtig schönen Sonntag!
    Herzlichst
    Marie

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  4. Liebe Christa,

    vielen Dank für deine Stellungnahme zu meinem Posting. Offenbar habe ich einigen Autoren aus der Seele gesprochen, andere sehen es wieder völlig anders - v.a. die Selfpublisher.
    Ich fand es schwierig alles, was mir dazu in den Sinn kam unter einen Hut zu bringen und so zu formulieren, dass auch klar wird, was ich meine. Zumal es ja auch diverse Ausnahmen gibt.
    Aber dass man auf eine Schiene festgenagelt wird, wenn man erst einmal etwas geschrieben hat und man gleich ein Pseudonym aufgedrückt bekommt, wenn es mal was anderes sein soll, gehört im Grunde auch zu diesem Dilemma.
    Auf jeden Fall ist das Thema sehr komplex und es kann nicht schaden, da ab und an mal eine Diskussion anzustoßen.

    Liebe Grüße
    Petra

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  5. Liebe Alice, liebe Marie und liebe Petra A.Bauer,

    ja, ich finde auch, dass man immer mal wieder innehalten und schauen sollte, was man eigentlich tut oder sich antut. Ist so wie eine Supervision, die wir im Job regelmäßig machen, um genau diese Fragen zu stellen. Und Strategien zu entwickeln, um damit bestmöglich für sich selbst und andere umzugehen. Ich war auch schon manchmal an dme Punkt, Marie, an dem ich mir gesagt habe: Was tust du dir das eigentlich an, warum bist du immer so müde, um dann kurz auszuruhen und doch genau da weiterzumachen, wo ich aufgehört habe. Und es sind ja nicht nur die Verlage. Dazu ein Beispiel: Wir waren heute in Reutlingen, bummeln und bei dem Schneewetter etwas Stadtluft schnuppern. Dabei verschlägt es uns natürlich auch immer in die Buchhandlungen. Ich bekam, nachdem ich ein paar Besorgungen gemacht hatte, einen Regiokrimi geschenkt, den die Buchhändlerin sehr empfohlen hatte, weil er sich besser verkaufe als die von deem ....(meinem Regionalverlag). Ich sah es dem Buch schon an, dass es mir nicht gefallen würde, und suchte mir ein anderes aus. Diese Regio-Kommissar-Serien, bei denen es nur um Lokalkolorit und vermeintlich kauzige Typen geht, mag ich einfach nicht und will sie auch nicht schreiben. Dann sahen wir uns in H3 einen Film über das Kinzigtal in Hessen an. Sehr schöne Gegend, tolle alte Städte, der fahrende Schüler Faust war in Gelnhausen und die Brüder Grimm in Hanau, über die würde ich sofort schreiben, wenn es andere wie Fitzek nicht schon getan hätten. Und natürlich gibt es auch dort einen Pfarrer, der Krimis schreibt (die allerdings recht gut sein sollen, schon mehr in meine Richtung). Es gibt kaum noch eine Stadt, eine Gegend oder ein Dorf in Deutschland, über die es keinen Lokalkrimi gäbe! Also ist auch das inflationär. In den Buchhandlungen sah ich ansonsten vor allem Krimis aus dem englischsprachigen Raum.

    Um mal zu einem Schluss zu kommen: Ein Therapeut hat mal zu mir gesagt: Man kann eine Tür aufmachen, aber man kann sie auch wieder zumachen. Umgekehrt gilt aus Erfahrung: Es gehen Türen zu, aber an anderer Stelle gehen auch unerwartet wieder welche auf! Dazu haben mir Cornelia Lotter und Petra van Cronenburg auf Facebook ein paar eindrückliche Worte geschrieben. Siehe auch Petra Beitrag, fast zeitgleich, den ich gleich noch lesen muss.

    Herzlichst

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  6. Und hier noch der sehr bewegende Blogartikel von Petra:

    http://cronenburg.blogspot.fr/2013/02/such-dir-ein-globales-dorf.html

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  7. Danke fürs Verlinken, liebe Christa!

    Tja, meine Methode ist leider auch hart und steinig gewesen, weil ich dieses laute Branchen-Trend-Gedöns immer wieder aus den Ohren bekommen musste, um mich selbst überhaupt noch zu hören.

    Aber wie du schreibst: Wenn eine Tür zugeht, gehen woanders welche auf. Noch während ich meinen Beitrag tippte, bekam ich einen völlig überraschenden "brotberuflichen" Auftrag, den ich nie und nimmer bekommen hätte, wenn ich mir nicht inzwischen auch Buchproduktion beigebracht hätte. Jemand ist absolut begeistert von meinem Schreibstil und meinen Vorlieben und möchte mir ein Auftragsbuch anvertrauen. Einen professionell gemachten Bildband zu einem meiner Lieblingsthemen.

    Ich soll nicht nur den Text schreiben, sondern auch die gesamte Herstellung betreuen. Und so finde ich mich plötzlich mit Verlegerinnenarbeit konfrontiert und telefoniere in meinen Kontakten die Profis für die Herstellung zusammen. Von Grafik über Satz bis Lektorat. Eine enorme Aufgabe, aber eine, die irre viel Spaß macht.

    Noch vor einem Jahr habe ich gar nicht gewusst, dass es solche Buchaufträge gibt und dass auch Verlage so etwas hintenrum außerhalb der Buchhandelsvorschau machen. Und mehr als schreiben hätte ich mich auch nicht getraut. Und wenn mir jemand gesagt hätte, dass man auch "brotberuflich" Bücher produzieren kann, hätte ich wohl gelacht ... Es gibt Türen, von denen ahnt man meist nicht mal etwas!
    In diesem Sinne, wünsch ich viele Türen!

    Herzlichst, Petra

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  8. Ein gutes Beispiel für die ganze Thematik, Petra! Allerdings zeigt es auch, dass einem durchaus nicht die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, derweil man sich auf Lorbeeren ausruht! :-)

    Herzlichst
    Christa

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  9. Das klingt total spannend, Petra!
    Herzlichen Glückwunsch!
    Lieben Gruß -
    Die andere Petra ;-)

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