Donnerstag, 30. Oktober 2014

Schreibteufelchens Flucht

Mir träumte gestern Morgen, jemand hätte "Schreibteufelchens Flucht" in meinen Blog geschrieben, und zwar rechts im Layout, gut sichtbar für jedermann und -frau und -kind. Da könnte durchaus etwas dran sein. Es suggeriert mir Bilder, die in den letzten vierzehn Jahren entstanden sind. Mein Schreibteufelchen ist wirklich seit geraumer Zeit spurlos verschwunden. Was waren das für heimelige Zeiten, als es noch regelmäßig hinter dem Vorhang hervor kam oder durchs Fenster hereinritt, Pech und Schwefelgeruch im Gepäck. Es hat mich immer begleitet, und seine Ratschläge waren nicht nur witzig, sondern oft auch richtig gut. Ist es geflohen, weil schon alles gesagt ist? Weil ihm keiner mehr zuhört? Es hat sich eine Menge ansehen und -hören müssen. Da waren zunächst die Verlage, die immer so lange auf sich warten ließen. Du bist einfach nur zu ungeduldig, hat es damals gesagt. Dann kam der Agent, der es gern frauenlastig und happyendmäßig haben wollte. Schreib dein eigenes Ding, hat es immer gesagt und sich kaputt gelacht über die Reihen der ewig gleichen Cover und Klappentexte in den heiligen Hallen der Bücher. Es hat den Kopf geschüttelt über die Monopolisten, die alles an sich rafften, und ist schnaubend den Schornstein hinaufgefahren, als der nächste Monopolgigant kam und sich breit machte in der Bücherwelt. Ja, es hätte genickt und den Daumen hoch gehalten, als die Autoren sich langsam emanzipierten. Doch da war das Teufelchen schon gar nicht mehr da. Es hatte die Flucht ergriffen, weil es wusste, dass die Autoren schon selber wüssten, wie sie dem Sumpf der Abhängigkeit entfliehen würden. Die Verlage sicherten sich die E-Bookrechte, weil sie einen guten Absatz witterten. Doch eine Schar von ritterlichen Befreiern machte ihnen weniger oder mehr einen Strich durch die Rechnung. Wie eine wilde Räuberbande fielen sie über die Bücher her, scannten wie die Teufel und rissen sich alles, was nicht niet-und nagelfest in der Buchladenecke verstaubte, digitalisierend unter den Diebesnagel. Doch am Grunde der Moldau, da wandern die Steine, was groß ist bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine (B. Brecht). Hört man heute noch jemanden über die Bücherklauer jammern? Nein, denn es gab die große Revolution.

Seit einigen Jahren sind Autoren dazu übergegangen, den Verlagen nicht mehr hinterherzurennen. Auch etablierte Autoren veröffentlichen selbst, profimäßig, was sie bei Verlagen nicht unterkriegen. Viele sind es auch einfach leid, nach Vorgaben arbeiten zu müssen. Gut, nun waren die E-Books da und die Autoren konnten selber bestimmen, was auf ihren Covern und in ihren Klappentexten stand. Doch wie es das Leben nun mal will, gibt es keinen Stillstand. Wie sagt man noch, wenn man den Partner wechselt und irgendwann merkt, dass dort auch nur mit Wasser gekocht und oder mit Geldscheinen gewedelt wird: Es kommt nichts Besseres nach. Der Autorenprinz, der die Freiheit versprach, der viel Geld unter viele Autoren brachte und viel Ruhm für einige wenige, ist möglicherweise auch nur ein Frosch, der die Backen aufbläst, um imposanter zu erscheinen. Noch ist er besser als alle analogen Verlage, noch hat er schnelle Abrechnungen, schnellen Support, schnelles Hochladen des Buches und schnelles Runterladen desselben. Und es bleibt im Schaufenster, wenn es nur genügend Aufmerksamkeit bekommen hat. Die Verlage legen vor, verlegen Bücher nach Schonfrist, rechnen im Mittelaltertempo ab und verkaufen die Stapel im Monatstakt, die dann meistens niemals, niemals mehr gesehen werden außer auf Flohmärkten und im Antiquariat.

Das Schreibteufelchen hat die Flucht ergriffen. Es hat sich am Rand seines Höllenloches versteckt und mit tellergroßen Augen zugeschaut, was sich in der Bücher-, Autoren-, Verlags-, Agenten-, Buchhandlungs- und Leserwelt tut. Es hat keine schnelle Eingreiftruppe von Teufelchen geschickt, um alle auf den rechten Weg zu bringen. Der Markt schafft sich seine eigenen Gesetze, gegen die kommt keiner an, auch nicht mit Macht. Heißt: Wer nicht gesehen wird, wird auch nicht gekauft. Wer nicht gekauft wird, hat auch kein Ranking, wird also auch nicht gesehen und also auch nicht gekauft. Hier wie da, beim Verlag und im Handel, bei Amazon und anderen, bei E-Books und bei Druckausgaben. Das Karussel fliegt am Teufelchen vorüber. Und es hat schon immer gewusst, was die Quintessenz des Ganzen ist: Papier ist nicht mehr so geduldig wie zu Gutenbergs Zeiten, Reader und Smartphone sind auch nicht geduldig. Geduldig, das wäre eine Botschaft des Teufelchens, sind weiterhin nur die Leser, die mehr als 10% ihrer Bücher lesen und Autoren, die weiterhin 100% dessen schreiben, was ihnen in den Kopf gekommen ist. Unabhängig davon, in welcher Form die Leser es zu lesen bekommen und unabhängig davon, wo sie es herhaben.

Edit: Und nun ist es heraus, wie diese Flucht des Schreibteufelchens ins Layout kam: Petra van Cronenburg hat ihre Blaue Fluchten sehr eindruckvoll in meinem Traumgedächtnis hinterlassen!

Zwei interessante Kommentare zu "Das eigene Buch drucken lassen" von Petra van Cronenburg und Elli H. Radinger!

Dienstag, 28. Oktober 2014

Das eigene Buch drucken lassen

Gestern erhielt ich von Amazon Create Space die freundliche Einladung, mein E-book doch von ihnen drucken zu lassen. Natürlich kenne ich diese Möglichkeit schon seit Langem. Es gibt ja viele Leser und Leserinnen, die ein Buch lieber mit seinem Echtgewicht in der Hand halten, ich eingeschlossen. Manchmal, wenn ich die Amazonseiten von Kollegen und Kolleginnen besucht habe, sah ich auch, dass das jeweilige Buch in gedruckter Form vorlag beziehungsweise als "Book on Demand" druckbereit vorgehalten wurde. Es schien mir so, als seien die Ebooks die weitaus gefragteren, schon allein wegen des Preises. Das gedruckte Verlagsbuch, das meinem Teufelswerk zugrunde liegt, lag heute Morgen bei einem Ranking von 1.262.754, während das E-Book ein Ranking von 3.191 verzeichnet, dazu Platz 19 bei "historische Krimis". Das Verlagsbuch kostet 14,90 E, das E-Book 3,99 E (könnte auch 2,99 E kosten). Das E-Book hat also das Verlagsbuch nicht mitgezogen (eher die E-Books der historischen Romane). Dieses Buch könnte ich sowieso nicht drucken lassen, weil ich die Printrechte nicht habe. Aber wie ist es mit künftigen E-Books? Sollte man da gleich die Druckversion anbieten oder warten, bis sich Leser melden, die es lieber in dieser Form haben wollen?

Samstag, 18. Oktober 2014

Sprung ins SP-Vergnügen?

Gestern waren wir mal wieder in Tübingen, der alten Universitätsstadt, in der ich sieben Jahre lebte und studierte und die so manchem historischen Roman von mir als Kulisse diente. Die Farben der Gebäude und des Himmels sahen aus wie frisch gewaschen, im Gerberviertel prangten späte Rosen und Kalkastern in den Gärten, der Ammerkanal führte viel dunkel gefärbtes Wasser. Ich hatte in einem Second-Hand-Buch-und Musikladen bei der Jakobuskirche drei Bände von Dostojewski sowie einige andere gute Bücher erstanden. Da war doch mal was, dachte ich, als wir vor dem Rathaus saßen, Kaffee tranken und den Mädels zusahen, die sich auf Stöckelschuhen über das Kopfsteinpflaster quälten. Im "Lamm" da gegenüber, heute eine Begegnungsstätte, tummelten sich die Studenten und die schwäbischen Dichter, an der Ecke gegenüber der alten Mayerschen Apotheke hat der Dichter Hermann Kurz gewohnt. Ja, ich hatte vor meinem Urlaub achtzig Seiten eines historischen Krimis geschrieben, und ich wollte abwarten, ob sich der Verlag wegen meines Jetztzeit-Krimis (auch mit dem Schauplatz Tübingen) meldet. Der Verlag hat mich wohl vor lauter Buchmesse vergessen. Also packte ich gestern Abend meinen historischen Krimi aus, druckte die letzten zwanzig Seiten und korrigierte. Einige Tage hatte ich es noch vor mir hergeschoben, aber jetzt hat es mich wieder gepackt! Ich beweihräuchere mich nicht gern, aber ich finde den Text frisch, abenteuerlich, spannend und teilweise auch witzig. Also mache ich da weiter. Den Jetztzeitkrimi kann ich eigentlich zur Seite legen, denn so vielen Verlage und Agenten ich ihn auch anbiete, so wird doch keiner wagen, den Genrewechsel zu vollziehen. Es wird also der ideale Kandidat fürs SP-Vergnügen sein! Einen Roman fertigschreiben und gleichzeitig einen anderen zu veröffentlichen wäre mir zu mühsam. Vielleicht kann ich nächstes Jahr beide kurz hintereinander auf den SP-Markt werfen. Dann habe ich auch bloß noch einige Monate zu arbeiten und mein Berufsleben zu einem guten Ende zu bringen.

Auf der Suche nach dem neuesten Stand beim SP fand ich den Blog der Frankfurter Buchmesse vom September, in dem Trends des Self Publishing diskutiert werden. Allein 2014 sei der Marktanteil um 35% gestiegen, die Self Publisher würden immer professioneller, mit immer besser lektorierten Büchern und aussagekräftigen Covern. Und wichtig sei es, in möglichst vielen Kanälen die Bücher sichtbar zu machen. Gleichzeitg verliert Social Media nicht seine Bedeutung. Die Buchhändler müssten den Trend erkennen und für sich und die Autoren nutzen. Irgendwo habe ich ein Vögelchen zwitschern gehört, dass die ganzen Hebammen, Hexen und Henkerstöchter bei den Verlagen nicht mehr so gefragt seien, dafür andere historische Stoffe.

Montag, 13. Oktober 2014

Eine Herbstreise nach Madeira

Seit dreizehn Jahren habe ich davon geträumt, einmal in einem Lorbeerwald auf Madeira wandern zu gehen. Damals, im Jahr 2001, feierten wir den 80. Geburtstag meiner Mutter. Vier Tage lang wütete ein Sturm auf der Insel. Letzte Woche ist der Lorbeertraum wahr geworden. Wie damals wohnten wir in einem Touristenhotel am Atlantik, diesmal im Osten, in der ältesten Stadt Machico, wo am 8. Oktober das Fest "Senhor dos Milagres" gefeiert wird. Doch dazu komme ich später. Den Weg an der Straße nach Porto Moniz haben wir nicht mehr gefunden. Aber gleich am ersten Tag sind wir elf Kilometer an einer sogenannten Levada entlanggelaufen, von der Forellzuchtstation Ribiero Frio ("kalter Fluss") nach Portela. Eine Levada ist ein klarer, fließender Bewässerungskanal, der das Wasser vom regenreichen Inneren der Insel auf die unteren Terrassen bringt. Am Schluss ging es steil hinunter, auf einer dieser etwas mühsam zu begehenden Treppen. Der Ort Portela ist klein, hat aber Taxis und eine urige Berggaststätte. Im Ofen brannte ein Feuer. Das war aber nicht dazu da, um die Gäste zu wärmen (die Durchschnittstemperatur beträgt das ganz Jahr über 19-23°), sondern um die Rindfleischspieße "Espedatas", gewürzt mit Lorbeer, Salz und Pfeffer, knusprig zu grillen. Es war ein leicht zu begehender Weg, erst später sollte ich merken, wo meine physischen und psychischen Grenzen sind.
Fortsetzung in meinem Blog "Lust am Wandern/ Orte zum Reinschmecken":
Fußreisen und Meer auf Madeira.

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Ein Fantasyautor des 18./19. Jahrhunderts

Oder sagen wir lieber "Phantastikautor". Der Schriftsteller E.T.A. Hoffmann (1777-1822) hat mich schon seit meiner frühesten Jugend angezogen, vor allem seine "Nachtseite der menschlichen Existenz". Immer wieder habe ich einiges von ihm gelesen, zuletzt "Die Elixiere des Teufels". Jetzt fiel mir, von irgendeinem Antiquariat, eine Biografie über E.T.A. Hoffmann von Rüdiger Safranski in die Finger. Zugegeben, es war nicht immer einfach zu lesen, aber es war zehnmal spannender, über diesen kleinen, von der Natur so benachteiligten Autor zu lesen als die Ausflüge, die ich zwischendurch in die Spiegel-Bestseller-Thrillerliteratur gemacht habe. Seine Werke entstanden mehr "nebenbei", denn sein Hauptanliegen war es, große Musikwerke zu schaffen, das heißt, Texte anderer in Opern umzukomponieren. Seine "Undine" schaffte es schließlich auch, etliche Male gespielt zu werden. Nach kargen Jahren stellte sich der Erfolg ein, neben seiner Tätigkeit als preußischer Regierungsrat war er in Berlin ein gefeierter Autor und kannte alle literarischen Größen seiner Zeit. Einer Zeit, in welcher der Unterhaltungsroman in Mode kam, geprägt von der napoleonischen Besatzung und den ersten Burschenschaften, die auf die Einheit der Deutschen hinarbeiteten. So musste Hoffmann auch ein Gutachten über Turnvater Jahn erstellen, was aber zu Gunsten Jahns ausfiel. Das und einige andere aufrührerische Dinge führten dazu, ihn an eine entfernte Stelle zu versetzen, was er nicht lange überlebte. Eine vom Rücken ausgehende Lähmung machte sich wieder bemerkbar, die im Jahr 1822 zu seinem Tode führte. Noch auf dem Totenbett komponierte er Opern und diktierte die Neufassung eines Textes, die er schon lange hinausgeschoben hatte.



Sein Vorbild war die Gotic Novel des Matthew Gregory Lewis. Meine Bewunderung gilt Hoffmann nicht nur wegen seines unermüdlichen Schaffens, seines Humors, seiner überschäumenden Phantasie und seiner Verdichtungen der Nachtseite des menschlichen Lebens. Ich habe mich in seinen Texten immer irgendwie wiedergefunden, gerade weil es dort auch Mord und Totschlag, Gespenster und psychiatrisch auffällige Gestalten gibt. Letztere konnte er aufgrund der Freundschaft mit zwei Ärzten so gut beschreiben. Auf jeden Fall werde ich mich noch ein wenig mit seinen Werken beschäftigen, derweil ich weiter im 18. Jahrhundert, vielleicht auch bald wieder im 19. Jahrhundert herumwildere.

Siehe auch "Baden-Baden - eine Stadt zum Sterben schön"