Später am Abend, in einer warmen Sommernacht, hatten sich die Frankfurter auf dem Friedberger Platz zu Hunderten versammelt. Jeder hielt eine Bier- oder Weinflasche in der Hand, ein Gewirr von Lachen und Stimmen drang herüber und verfolgte uns eine Straße weiter. Ähnlich zeigte es sich in Hamburg: Die schönen alten Kneipen des Schanzenviertels waren überfüllt, keiner hatte sein Smartphone in Betrieb, alle redeten miteinander und strömten zu Tausenden durch die Straßen. Lebenslust pur! Das sauge ich immer mal wieder gierig ein, denn bei uns auf dem Land sagen sich eher Rasenmäher, Kreischsägen und Elstern gute Nacht. Doch zurück zur Bahn: Bei den verantwortungsvollen Posten steht den Lokführern selbstverständlich ein angemessenes Gehalt zu! Doch der Service hat sich für mich, die ich seit Jahrzehnten treue Kundin bin, in keiner Weise verbessert. Nach wie vor Verspätungen, für Zugwechsel muss man beim Sparpreis tief in die Tasche greifen, und was früher die harten Ränder der Spagetti im Speisewagen waren, ist heute die Currywurst im Bistro, die in einer warmen roten Soße schwimmt. Das wiederum wird in der Großstadt mit köstlichem Saltimbocca und mehrgängigen Fischmenues beim Italiener ausgebügelt.
Das Hotel in Hamburg stammt aus dser Gründerzeit der Arbeiterwohlfahrt. Die Preise schießen immer wieder aus Gründen in die Höhe, die mit den Messen oder auch den Musicals zusammenhängen müssen. Auf jeden Fall war es genau das Haus, das meinem künftigen Roman (Schauplatz: Hamburg/ Buenos Aires) entsprungen sein könnte.
Einfallsreich sind sie ohne Ende, die Großstädter! Einer kam mit einem Musikapparat statt eines Kopfes daher und beschallte die Umgebung, ein anderer angelte von einem Dach herab mit einem Pappbecher nach Almosen. Das waren barock gefüllte, aufregende Tage. Blieb am Ende der Rückweg, mit traditionell quäkenden Kind in der Zugnachbarschaft und einer traditionellen Verspätung. Aber die Bahn lässt sich dazu manchmal ewas einfallen, indem sie Überaschungen austeilt, allerdings nicht in Form von Leckereien oder einem Pott Kaffee, sondern einer Leseprobe (von was, weiß ich schon nicht mehr). In Stuttgart ging es diesmal durch einen endlosen Tunnel zur S-Bahn. Und da muss man sehr fix sein, um nicht von der Fahrstuhltür eingeklemmt zu werden. Ja, sie sind schnell und stressig und wundervoll, diese Fahrten quer durch Deutschland. Aber ich bin doch jedes Mal ganz froh, wenn ich wieder in meinem Rasenmäher- und Kreischsägenland bin und zu Fuß, ganz gemächlich, über die schwäbische Alb wandern und alles, was da blüht, fleucht und tschilpt, aus nächster Nähe anschauen, hören und riechen kann. Und jetzt streikt die Bahn ja wieder, länger noch als das letzte Mal.
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