Das, was Petra van Cronenburg auf meinen letzten Eintrag in ihrem Blog beantwortet bzw. den umstehenden bunten Autorenhäusern zugerufen hat, ist mir wie aus der Seele geflogen.
Auch ich würde heute jedem, der veröffentlichen will, empfehlen, sich erst einmal auszutoben, so wie man sich austobt, bevor man sich "ewig" bindet. Heutzutage sind das ja die Junggesellenabschiede, die diese Funktion übernehmen. Vielleicht kann ich noch mal kurz-und sehr subjektiv-zusammenfassen, wie ich diese ganzen Phasen erlebt habe. Ich erinnere mich genau, dass ich früher sozusagen"mit glühenden Ohren und fliegendem Atem" schrieb. Es war - und ist -ein besonderer Rausch, ein Glücksgefühl, das aus dem Bauch kommt, wahrscheinlich vom Solarplexus, den ich an dieser Stelle vermute. Es warf mich, für die Dauer des Schreibens, immer aus der Realität, und das ging weiter, bis ich mir Orte aussuchte, die mich wieder dorthin zurückbrachten, Cafés zum Beispiel, die ich vor meiner Arbeit am Nachmittag besuchte. Als Übergang schrieb ich auch dort. Während der Romane war ich immer halb weggetreten, weil ich mir neue Szenen ausdachte. Dann wurde ich manchmal gefragt: Wo bist du denn grad? Naja, in der Provence...in einer anderen Stadt, in einer anderen Zeit.
Mein erster Roman war unfertig, als ich ihn aus lauter Ungeduld schon anbot.
Die Lektoren von Klett-Cotta gaben mir wertvolle Hinweise und fanden ihn auch teilweise sehr schön. Da habe ich mich noch mal gewaltig auf den Hosenboden gesetzt und ihn fertig geschrieben. Aufgrund des Exposés hat ihn der vierte oder fünfte Verlag genommen-und mit dem Lektorat ihn in drei Monaten zusammen mit mir auf Hochglanz gebracht. Erst heute waren wir bei einem Ausflug in Lahr, wo dieses Lektorat seinen Anfang nahm. Bevor ich den Vertrag bekam, hatte ich schon den zweiten Roman angefangen. Es ist also, wie es der geneigte Leser schon ahnen wird, eine Geschichte der Ungeduld und der "kreativen Fülle". Dieser zweite Roman wurde sofort von einem anderen kleinen Verlag genommen, wieder ein Treffen, wieder ein Lektorat. Nur standen die Bücher nicht in den Buchhandlungen, wie ich zerknirscht bemerkte.
Eigentlich wollte ich mal weg von den historischen Romanen -und schrieb einen Gegenwartsroman mit Vergangenheitsbezug. Darin war aber nun wieder-vertrackt-ein historischer Roman verborgen, mit dem ich schließlich bei einer Agentur landete. Mithilfe dieser Agentur kamen zwei Bücher für fast ein Jahr in die Buchhandlungen und verkauften sich sehr gut. (Der dritte steht noch aus). Das hat meinem Schreiberego natürlich sehr gut getan. Dass der historische Roman langsam das Ende der Fahnenstange erreichen würde, wusste ich ziemlich bald, denn der Markt war übersättigt. Das ist der Moment, in dem ich mich gerade befinde. Die Schere, die es noch zu knacken gilt, heißt: Genrewechsel sei schwer und ohne Pseudonym fast nicht zu schaffen! Deshalb probiere ich gerade so viel herum mit Kalendern und Anthologie und Baden-Württemberg-Projekt. Das Gefühl des Solarplexus kam übrigens mit meiner "Pilgerin" zurück, weil ich mir das Thema ganz allein ausgesucht und ohne Verlagsaussicht geschrieben habe. Da dachte ich nicht: oh, diese exotischen Schauplätze gehen aber nicht, oh je, was werden sie zu den Landschaftsbeschreibungen sagen, ui, da ist ja ein Fantasy-Element drin-nein, ich habe gedacht, wenn das jemand liest, dann liest er es gern. Ebenso war es mit dem Letzten, dem Florenz-Roman. Der war wieder so ganz meiner. (Aber e i n e n Roman konnte ich nicht schreiben, weil das 18. Jahrhundert "nicht geht". Jetzt geht gar nichts mehr mit Historischen, seltsamer Ausgang eines millionenfachen Geschäfts!) Und ich relativiere meine Aussage: Der Traum vom Schreiben ist ausgeträumt in: Falsche Träume und falscher Rat können in den Frust führen, wenn nicht gar in den Burnout. Ab und zu ist Innehalten angesagt und eine Bilanzierung des Erreichten. Und ob das noch mit dem, womit man angetreten ist, zusammengeht und harmoniert.
Liebe Christa,
AntwortenLöschenalso wenn ich das so lese, komme ich immer mehr zu dem Schluß, dass ich glücklich sein kann, noch verlagsungebunden zu sein. Naja. Vielleicht werde ich das rückblickend tatsächlich so sehen. Trotzdem ist es sehr interessant zu lesen, wie es Dir auf Deiner Schreibreise ergangen ist.
Was die historischen Romane betrifft, möchte ich dem Verlagsmensch schon zustimmen: Der Krimi juckt Dich in den Fingern. Ist es nicht so, dass man sich als Künstler ständig neu definieren muss? Und wenn das nur über ein Pseudonym möglich sein sollte, dann ist das zwar schade, ermöglicht aber doch wieder ein wenig Anfängerfreiheit.
Liebe Grüße,
Nikola
Liebe Nikola,
AntwortenLöschenkürzlich schrieb mir ein befreundeter Übersetzer, dass er noch gar nicht daran glaube, dass es mit den historischen Romanen zu Ende sei. Vor Harry Potter sei auch der Fantasy ihr Ende vorausgesagt worden. Doch es stimmt, was du sagst: In meinen Träumen und Gedankenentwürfen
habe ich immer vieles Andere
ausprobiert, gerade auch den Krimi. Meine drei letzten historischen Romane waren eigentlich auch Krimis, ich habe mich darauf zu geschrieben. Wer weiß, vielleicht gibt es eine Möglickeit, das Pseudonym zu vermeiden.
Liebe Grüße
Christa
Ich frage mich gerade, ob ein Pseudonym wirklich so etwas Schlechtes ist. Gibt es einem nicht vielleicht gerade die Freiheit, in ganz verschiedenen Genres unterwegs zu sein. Pseudonym heißt ja auch nicht, dass man sich dahinter versteckt, im Gegenteil. Einige Autoren mit zum Teil mehreren Pseudonymen gehen damit völlig offen um. Jeder weiß, dass sie unter dem einen Namen Kriminalromane, unter einen anderen historische Romane und unter einem dritten Sachbücher schreiben. Der Leser weiß, was er bekommt und der Autor kann schreiben, was er möchte.
AntwortenLöschenDie Schere, die es noch zu knacken gilt, heißt: Genrewechsel sei schwer und ohne Pseudonym fast nicht zu schaffen!
AntwortenLöschenHast du mal versucht, dir die Beispiele herauszusuchen, bei denen das Gegenteil funktioniert?
Oder einfach zu "machen"?
Es kommt in der Realität immer anders, als behauptet wird.
Herzlichst,
Petra
@Matthias,
AntwortenLöschenes spricht nichts absolut dagegen, aber auch nichts absolut dafür. Ich denke nicht, dass sich die Autoren dahinter verstecken. Es gab früher politische Gründe, eins zu wählen, oder andere-Novalis ist ja auch ein Pseudonym. Es ist nur so, dass ich mein bisheriges kleines "Gesamtwerk"dadurch irgendwie zerstückelt sehe-und merke schon jetzt, dass ich mich dafür evtl. rechtfertigen müsste-zumindest bei den Mneschen, die mich kennen.
@Petra: Spontan fallen mir Unterhaltungsschriftsteller und Schriftstellerinnnen wie Charlotte Link und Henning Mankell ein. Charlotte Link schreibt alles, von Krimis über Historische bis Liebesromane, undwird als die vielseitigste deutsche Schriftstellerin gelobt.
Henning Mankell hat außer Krimis auch noch über Afrika geschrieben.
Du hast mir vor längerer Zeit schon Mut gemacht, k e i n Pseudonym zu wählen. Aus oben genanntem Grund.
"Es kommt in der Realität immer anders, als behauptet wird."
Nein, nicht immer. Vieles von dem, was ich von Kollegen und Kolleginnen hörte, ist eingetroffen. Es kommt wohl auf den eigenen Mut an, trotzdem zu machen, was man für richtig und besser hält - auch mit der Möglichkeit des Scheiterns!
Herzlichst
Christa
Es ist nur so, dass ich mein bisheriges kleines "Gesamtwerk"dadurch irgendwie zerstückelt sehe-
AntwortenLöschenDas hat sicher auch etwas damit zu tun, dass man die verdiente Anerkennung auch offizielle erhalten möchte. Ich kann Dich da schon verstehen. Ich würde wahrscheinlich auch versuchen, das Pseudonym zu umgehen.
Was Charlotte Link angeht: So ist das, wenn man Mega-Bestseller schreibt, dann darf man ungeniert in allen Genres wildern und wird dafür gelobt. Als weniger Erfolgreicher, wird einem das vielleicht als Wankelmütigkeit ausgelegt. Schade, das Schubladen so geliebt werden, das ist wohl ein Problem mit dem alle Künstler fertig werden müssen.
Liebe Grüße,
Nikola
Liebe Nikola,
AntwortenLöschendeshalb wollen doch alle insgeheim einen Bestseller schreiben! *g*
LG
Christa