Samstag, 27. Juni 2009

Bild fällt von der Wand

Seit Langem wundere ich mich darüber, dass viele Googler meinen Blog über die Stichworte "Bild fällt von der Wand" oder "Uhr fällt von der Wand" finden. Habe ich sowas je geschrieben?
Tatsächlich:
"Kürzlich ist mein Sammelfotobild von der Wand im Gang fast abgefallen und lässt sich nicht mehr befestigen."-Im November 2008. Irgendwie musste ich an das Rätsel denken: Was ist das? Es hängt an der Wand, macht Tick-Tack, und wenn es runterfällt, ist die Uhr kaputt.
Tja, was soll ich sagen, was gibt es zu erzählen? Mein Urlaub fällt ins Wasser, eine Sintflut ergießt sich übers Land. Also stöbern wir ein bisschen, schreiben ein bisschen und denken ein bisschen nach.

Dienstag, 23. Juni 2009

Das Marzipanteufelchen

Heute ist ein Tag, na so lala, ohne Biss und Riss. Ich reibe mir die Augen. Draußen eine Kreischsäge, durch die Ritzen kriecht die Sommerkälte. Es klopft -und herein kommt: Ich traue meinen Augen nicht! Mein gutes, altes Schreibteufelchen. Aber wie hat es sich verändert! Füllig ist es geworden, die Ärmchen rund, keine schwarzen Krallen mehr, sondern Marzipanschweinchenfinger.
Wo hast du denn so lange gesteckt?, frage ich.
In der Hölle, wo denn sonst?
Du siehst eher aus, als hättest du geschlemmt, wer weiß wo, stelle ich fest.
Das Teufelchen gähnt.
Es gibt nichts mehr zu tun, meint es. Du brauchst mich ja nicht mehr, keiner braucht mich mehr.
Wer sagt denn das? Ich für meinen Teil vermisse dich sehr. Du warst immer das Schwungrad meiner Phantasie, der Brunnen meiner schöpferischen Kraft!
Na, na, nicht übertreiben, sagt das Teufelchen. Du musst jetzt einfach aus dir selber schöpfen.
Und wenn der Brunnen ab und zu mal leer ist?, frage ich.
Es gibt andere Quellen. Schau dich um. Was willst du mit einem Teufelchen, das in die Jahre gekommen ist, Speck angesetzt hat, dir kein Feuer mehr unter dem Hintern machen kann und will.
Du meinst, ich soll selber ...
Ich bin ein Teil von dir, du weißt es. Dabei bist du träge geworden, versuchst dich auf deinen Lorbeeren auszuruhen. Aber das funktioniert nicht. Immer weiter, immer höher, immer tiefer, immer besser, immer schlechter, scheitern oder an der Oberfläche bleiben oder darüber hinausgehen! Vertrödel nicht die besten Stunden! Bleib dran, bleib wach, bleib da, du selbst, lass dich nicht ins Bockshorn jagen!
Ich weiß auch nicht. Mein Antrieb...
Potzblitz und Teufelswerk! Soll ich wieder ein wenig Höllenspuk betreiben, damit du in die Gänge kommst? Soll es krachen und rauchen? Wie war denn das, als du einen Roman mit diesem Titel geschrieben hast? Was wolltest du erreichen?
Einen Verlag, gelesen werden.
Das hast du erreicht. Jetzt fang an.

Freitag, 5. Juni 2009

"Die Nonne und die Hure" als Reiseführer

Mal wieder was fürs Autorenego: In einem Reiseportal "Die besten Urlaubsziele" wird mein Roman als Reiseführer empfohlen.:-)Außerdem ist er in den Stadtbüchereien von Warendorf, Dornbirn und Bonn-Bad Godesberg aufgetaucht. Das soll dann wohl irgendwann mal Bibliothekstantiemen geben, wenn ich es im Herbst melde.

Rosenrost und Holzameisen

Nun noch ein paar profanere Dinge.
Ich muss mir dringend Gärtnerhandschuhe kaufen, denn meine Hände sind ganz zerstochen von den Rosen, denen ich doch nur helfen wollte. Sie sind, wie schon öfter, vom Rosenrost befallen. Petra wird mir sicher ein paar Tipps geben können. Ich habe so ein Rostzweiglein genommen und bin in die Gartenabteilung des Baumarktes marschiert. "Rost" sagte die Dame und drückte mir Saprol pilzfrei in die Hand. Damit kann ich nun, in Abständen, verdünnt mit Wasser, die Rosen begießen. Da die Dame, usn bekannt aus dem Dorf, ausnahmweise Zeit hatte, fragte ich gleich noch nach Mitteln zur Bekämpfung von fliegenden und kriechenden Holzameisen, deren Invasion kurz bevorsteht. Außer den üblichen Köderdosen hatte sie auch keine Idee. Und die waren völlig zwecklos, schon in der letzten Wohnung.
Man stelle sich das so vor: Während zweier Wochen im Juni strömen die aus den Ritzen und bevölkern Küche und Schlafzimmer. Manchmal ist es ganz dunkel, so dicht hängen sie an den Fenstern. Ameisenspray hat sich als das erfolgreichste Mittel geziegt, aber dann kann man die Wohnung einige Zeit lang nicht betreten. Letztes Jahr habe ich sämtliche Ritzen mit Isolierband verklebt. Erstmal war Ruhe, dann kamen sie unter der Toilette wieder hervor. Grauenhaft! Also wede ich diese Ritzen auch noch verkleben. Vielelicht liest dies jemand und weiß einen Rat (ich habe auch schon Foren im Internet zu diesem Thema besucht). Letztlich sind viele ausgezogen, weil sie den Boden nicht aufreißen wollten. Das will ich aber nicht, weil es ansonsten die schönste Wohnung ist, die ich je hatte.
Der Marder dagegen ist weiterhin friedlich, er knabbert nur sanft an der Radioantenne des Autos.

Dienstag, 2. Juni 2009

Glückliche Autoren

Neben den gewaltigen, oft aber auch unglücklichen Figuren gibt es solche, die mit ihrem selbstgewählten Los zufrieden, wenn nicht gar glücklich sind. Der Maler Strickland in Somerset Maughams Roman ist so einer, der Familie und Beruf verlassen hat und nach Paris gegangen ist, um zu malen. Er verkauft nichts, lebt im Elend und stürzt andere mit hinein. Aber es ist das, was er gewählt hat.
"Vielleicht lebt der Schriftsteller in seinen Bösewichten eigene tiefeingewurzelte Instinkte aus, die durch die Sitten und Gebräuche der Zivilisation in die geheimnisvollen Winkel des Unbewussten zurückgedrängt worden sind. Indem er der Gestalt seiner Erfindung Fleisch und Blut gibt, flößt er einem Teil seines Selbst ein Eigenleben ein, dem er auf andere Weise nicht Ausdruck verleihen darf. Seine Genugtuung entspringt ganz einfach einem Gefühl der Befreiung." (Silbermond und Kupfermünze, S.205) Freud nannte das "Sublimation", Verwandlung des Sexualtriebes in Kunst.
Desgleichen sah ich noch einmal diesen Alten auf einer dänischen Ostseeinsel, der seine Fische räuchert und auf die Frage, was wichtig sei im Leben, antwortet: Keine Hektik, keine Termine, dort und so leben, wo und wie es einem gefällt. Wer kann das heutzutage schon, außer er ist reich oder in Rente? Ich habe am Wochenende unsere Jungen gesehen, wie sie an ihrer Karriere knabbern müssen, Einsatz ohne Ende. Und die Waren, die sich um uns stapeln: Kauf mich, kauf mich! Arbeitsdruck, Termindruck, Emaildruck, Foren, Schreibdruck, Telefon, Vertreter, Besuche, Verantwortung, Familie, Steuer, Krankenkasse, und so weiter und so fort. Aber davon könnte man mindestens die Hälfte streichen. Warum nicht einmal mitten in der Woche, wenn die Sonne scheint, einen Tag Urlaub nehmen? Ich glaube, dass ich eine glückliche Autorin bin. Ich lebe zwar nicht am Bodensee oder in der Toskana, wie es mir mein leichtsinniges Gemüt einmal vorgeträumt hat, mache keine Reisen, die mir vom Verlag bezahlt werden, aber ich lebe in einer Landschaft, in der andere Urlaub machen, kann bei der Arbeit auch mal ein paar Stunden im Garten sitzen und alles, was ich sehe und erlebe, als Recherche verwenden. Und abends gemeinsam über die Felder ziehen, die weichen, sonnengrünen Getreidefelder neben sich, die Hügel und Kuppen des Schwarzwalds, die im Abendlicht glasten. Ein Vizeweltmeister der Gegend dreht seine Loopings am Himmel,ungeachtet der Tatsache, dass viele Menschen nach dem Absturz in den Tiefen des Atlantiks verschwunden sind, derweil die Wolken kreiseln und sich fern wie Blumenkohle türmen.

Es gibt immer auch wieder unglückliche Tage, aber auch die sind häufig selbstgestrickt. Wie sagte ich einmal? Ich muss eigentlich nur sehr wenig, und was ich will, erreiche ich auf meine Art eigentlich immer.
Jetzt gehe ich S. Maugham und danach John Steinbeck lesen.

Figurennähe und Ambiente

Inzwischen konnte ich mich wieder einem Buch widmen: Dem auf dem Flohmarkt gekauften "Silbermond und Kupfermünze" von Somerset Maugham. Und ich habe seine Figuren auf mich wirken lassen, wie ich auch während der Feiertage Menschen auf mich habe wirken lassen. Von verschiedenen Stellen wurde ich angeregt, über o.g. Thema nachzudenken. Die Figuren Maughams sind, wenn auch auktorial erzählt, mit die kräftigsten, die mir seit Langem untergekommen sind. Ebenso der Bierbichler im TV-"Winterreise", der zusammen mit Hanna Schygulla einen Manisch-Depressiven und seine Gattin mimte. Ich glaube, wie man nun lebendige Figuren schafft, ist nicht allein die Folge einer Technik, sondern diese Fähigkeit beruht darauf, sich in andere, also auch in die eigenen Figuren einzufühlen. Um das Ambiente brauche ich mich nicht zu bemühen, das floss mir schon seit eh und je aus der Feder.
Es ist merkwürdig, aber ich habe mit den schwierigsten Figuren die wenigsten Schwierigkeiten, vielleicht, weil sie am interessantesten für mich sind.