Sonntag, 29. März 2009

Eisriesen im Schwarzwald

Um diese Zeit wird wohl niemand im Schwarzwald Urlaub machen wollen, es sei denn, er schlittert auf den schweren Schneemassen herum, die alles in Höhen über 500m bedecken. Aber uns zog es hinaus, nach Tagen der Klausur und des Eingeschlossenseins hinter den Vorhängen aus Regen und Schnee. Es verschlug uns in den Süden, an die Wutachschlucht, die bei besseren Wetterverhältnissen zu den schönsten Wandergebieten des Südschwarzwaldes gehört, mit einmaliger Flora, zum Beispiel dem Blauen Eisenhut. Auch das Scheffelhaus und die Scheffellinde standen noch wie ehedem. Da das Markgräfler Land mit Badenweiler und Staufen, dem Fauststädtchen, schwer zu erreichen waren, begnügten wir uns mit dem zugefrorenen Schluchsee und den imposanten Abteien St. Blasien und St. Trutbert. Auf dem Weg ins Münstertal mussten wir mindestens 7 Mal weit runter und wieder hoch (das war ein Navigationsfehler von mir gewesen), und die Riesen um den Feldberg und den Belchen herum standen in abweisender, schneeiger Einsamkeit. Mit fiel Georg Büchner ein und sein "Lenz":

"Den 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Täler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen.
Es war naßkalt; das Wasser rieselte die Felsen hinunter und sprang über den Weg. Die Äste der Tannen hingen schwer herab in die feuchte Luft. Am Himmel zogen graue Wolken, aber alles so dicht - und dann dampfte der Nebel herauf und strich schwer und feucht durch das Gesträuch, so träg, so plump.
Er ging gleichgültig weiter, es lag ihm nichts am Weg, bald auf-, bald abwärts. Müdigkeit spürte er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte."

Bald hatten wir uns verirrt. Wir wussten nicht mehr, wo Norden und Süden war, denn Wolken und Nebel hingen eisgrau über den Matten. Ende September hatte ich einmal eine Wanderung mit meinem Vater auf den Belchen gemacht. Das ging ganz schön steil hinauf, und oben herrschte dicker Nebel. Bei guten Sichtverhältnissen jedoch hat man phantastische Ausblicke, auch vom Feldberg und vom Blauen. Soll ich erzählen, wie es gestern endete? Eine Irrfahrt im Dunkeln, über Staufen bis Freiburg, auch hier verloren wir die Orientierung. Endlich fanden wir den Eingang zum Elzach - und Kinzigtal. Vorbei an Waldkirch, wo es sehr spannende Hexentänze während der Fasnet geben soll. Immer vertrauter und wärmer wurde es, trotz der Dunkelheit. In Elzach, dem malerischen Flecken, empfahl uns ein lustiger Herr eine Wirtschaft, die "Krone". Er hatte nicht zu viel versprochen: Die saure Leber war köstlich, ebenso der Wurstsalat, den man mit Brägele (Bratkartoffeln) oder Pommes bekommen kann.
Damit ist mein Urlaub zu Ende, morgen beginnt eine harte Arbeitswoche.

Mittwoch, 25. März 2009

Das Teufelchen

Jetzt hast du dich hinter einem Krimi verschanzt, sagt das Teufelchen und wendet sich vom Spiegel zu mir hin. Meinst du, da würdest du die Antworten finden?
Nein, natürlich nicht, ich möchte einfach mal meine Ruhe haben.
Warum fragst du dann?, will es wissen.
Weil es mich beunruhigt. Nein, das ist nicht das richtige Wort. Es treibt mich immer mal wieder um.
Du bist komisch, meint das Teufelchen und wackelt mit den Ohren, dass die schwarzen Büschel fliegen. Du hast alles erreicht, was du wolltest. Immer noch nicht zufrieden?
Doch, ich bin sehr zufrieden, beeile ich mich zu antworten. Ich weiß nur nicht, wie es weitergehen soll!
Warte, ich komme gleich mit meinem Stöckchen und kämme dir die krausen Gedanken glatt! Hab ich nicht immer gesagt, du musst mehr Geduld haben?
Wieviel Geduld muss ein Autor denn haben?, fahre ich auf. Ist nicht alles ein einziges Geduldspiel gewesen?
Du musst die Geduld haben, auf dich zu hören. Du hast doch deine eigene Stimme.Hat sie dir nicht immer gesagt, was gut ist und was richtig?
Ja, aber im Moment höre ich sie nicht. Ich höre viele Stimmen, die sagen, was gut ist und was richtig. Ich sollte so schreiben, dass ganz viele Leute es lesen wollen. Bücher, die in einem Jahr 13 Auflagen erleben, wie der Krimi, den ich gerade lese. Ich soll nicht auf andere hören. Ich soll mich wehren gegen Ungerechtigkeiten. Ich soll ...ich soll ...
Und was willst du? Das Teufelchen schaut mich gespannt aus seinen nachtdunklen Augen an.
Deine Augen sind nicht nachtdunkel, moniere ich. Sie sind ...irgendwie höllisch.
Lenk nicht ab. Was willst du?
Ich möchte wieder inRuhe arbeiten, mein Leben leben, Historisches schreiben, Kriminalistisches schreiben, andere Projekte verwirklichen, wenn sie anklopfen ...
Na, wo is nu das Problem?
Es nimmt mir kein Verlag mehr etwas ab.
Das Teufelchen stößt einen Schrei aus, so laut, dass ich mir die Ohren zuhalte, so tief aus dem Inneren der Hölle kommend, dass es mir siedendheiß wird.
Bisher hast du immer einen Verlag gefunden!, ächzt es, nachdem es wieder Luft geholt hat. Du bist eine Aufsteigerin, eine Quereinsteigerin, hast du dir das schon mal bewusst gemacht?
Ich nehme aber niemandem die Butter vom Brötchen.
Doch, tust du, meckert das Teufelchen leise. Du nimmst denen die Butter vom Brötchen, die es nicht zu einem Verlag geschafft haben, wie dieser Mensch mit den 700 Testlesern. Was muss der rackern, bis sein Buch fertig ist! 1952 Testleser und sicher fast ebensoviele Helfer und Reisebegleiter. Und deshalb solltest du froh sein, das alles so mit Links gemacht zu haben. Ist ein Job fürs Leben!
Ein Stein fällt mir vom Herzen.
Da hat es aber gekracht, grinst das Teufelchen. Ich gebe ihm einen Kuss auf die schwarze, kühle Nase.

Dienstag, 24. März 2009

Eiszeit

Wir sollten es wahrscheinlich machen wie die Veilchen und Märzenbecher, die ihre Köpfe auch dann herausstrecken, wenn ein eisiger Polarsturm über sie hinweggeht (in meinen Kalendern steht übrigens der 20. März als Frühlingsanfang, haben die sich alle geirrt?)
Aber sei's drum. Man kann auf jeden Fall nicht, wenn man Urlaub hat, den ganzen Tag zu Hause sitzen und Däumchen drehen, in die schräg dahinjagenden Schneeflocken, Graupel und Regentropfen starren und sich am Computer isolieren. Also geht man raus, in Ermangelung sonniger Ziele ist Tübingen das Einzige, was sich an Alternativen bietet. Eine grässliche, tiefdunkle, nach Schnee und Verderben riechende Wand kam vom Nordscharzwald hergeschoben, und mein Freund rief, wie schon häufig, alle Naturgewalten an, um ihn endlich, endlich gehen zu lassen, nämlich in ein warmes Land seiner Wahl. Kaum saßen wir im "Storchen" bei einer sehr heißen Latte Macchiato und begutachteten die Leute , die draußen vorübergingen und fragten uns, ob der Metzger gegenüber wohl das richtige Griebenschmalz hätte, das mit den krachigen Grieben, da kam die Sonne heraus und der Himmel erstrahlte in einem schon unnatürlichen Blau. Der Metzger hatte überhaupt kein Griebenschmalz, so dass wir uns mal wieder auf den Weg zum Osiander machten. Ob mein Buch noch da war? (Es ist jetzt auf dem Platz, auf den es sollte, noch dazu im Regal.) Morgen könnten wir mal wieder die Staatsgalerie in Stuttgart besuchen, besonders die Italiener der Renaissance, und wenn sich möglicherweise am Donnerstag ein vages Ende dieser Eiszeit abzeichnet, wieder in normalen Bahnen denken.

Donnerstag, 12. März 2009

Der erweiterte Suizid

Der Polizeipsychologe und die Fahnder haben einiges zusammengetragen, was in sich richtig und stimmig sein mag: Killerspiele, insbesondere Terroristen- und Polizeikämpfe, Ankündigung der Tat im Internet, behandelte Depressionen, und die Ankündigung während der Fahrt mit dem Gekidnappten: Ob er zum Spaß mal ein paar Leute abknallen solle, er habe dieses Lotterleben satt, schrieb er in einem Chat im Internet. Und das er Mitglied im Schützenverein seines Vatrs war, der eine Waffe herumliegen ließ.
Der erweiterte Sizid ist eine depressiv-aggressive Handlung, bei der der Betreffende, speziell beim Amoklauf, mit einem gewaltigen Karacho von der Welt verschwindet. Meist steckt ein Bestrafungsgedanke für die anderen dahinter, ob der speziell mit dem weiblichen Geschlecht zu tun hatte, ist noch unklar.
Ich stehe schon auch auf dem Standpunkt, dass weder restriktive Maßnahmen noch Schuldzuweisungen helfen. In unserer Stadt hat man einmal Netze unter einer hohen Brücke aufgespannt, damit die Selbstmörder die Autofahrer nicht gefährden können. Die Milliarden, die den Banken in den Rachen geschmissen wurden, wo kamen die her? Warum werden Stellen im Sozialbereich gestrichen, warum müssen Ärzte die Hälfte des Monats umsonst arbeiten?

Mittwoch, 11. März 2009

Schillertüten-Wettbewerb

Angeregt durch den Link von Jan zum Thema "Literaturpreise" bei Thomas Bluomo
http://www.am-erker.de/ess50_andresky_literaturpreise.php
bin ich die laufenden Aussschreibungen noch mal durchgegangen, bei Uschtrin und anderswo. Was in dem Artikel so witzig rüberkommt, kann ich nur bestätigen, denn ich beschäftige mich seit fast 10 Jahren mit Schreibwettbewerben und Literaturpreisen. Was ich in einem anderen Link gefunden habe, hat mich doch sehr erfreut: Nach ihrem Bestseller "Laugenweckle zum Frühstück" haben die Stuttgarter nun - im Schillerjahr - ihren Bäckertüten-Wettbewerb!
http://www.schillertuete.de/Wettbewerb.html
Wenn deine Kurzgeschichte, mit einem Zitat von Schiller am Anfang, dort angenommen wird, hast du die Chance, ein Bestseller zu werden! 200 000 Stuttgarter werden deine Geschichte beim Frühstück lesen! Auf so eine Idee muss man erst mal kommen. Erinnert mich ein bisschen an die Klorollen-Krimis, die ich als Jugendliche immer auf dem stillen Örtchen las, gespickt mit Witzen von Elefant und Maus, und mich immer ärgerte, dass die Krimifortsetzung erst viele, viele Blätter später kam. Da war das Badezimmer doch manchmal von Klorollenfahnen bedeckt!

Ja, der Wettbewerbsmarkt treibt manchmal lustige, manchmal sinnige Blüten, aber es gibt viele Fälle, in dem der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis - und wo die Selbstdarstellung der Jurymitglieder offensichtlich im Vordergrund steht. Beispielsweise schickt man eine Geschichte an eine Jury, in der auch ein Maler sitzt, der dann - als Preis-dein Konterfei malt.
Als Autor sollte man sich genau überlegen, was man mit den Preisen erreichen will. Ob das Geld wichtig ist oder die Veröffentlichung- oder beides. In einer Autorenvita machen sich ein Ingeborg-Bachmann-Preis oder ein Bettina-von-Arnim-Preis oder der deutsche Buchpreis sicher sehr gut. Auch die von mir zitierten Wettbewerbe sind empfehlenswert-die Bücher des Schwäbischen Literaturpreises habe ich schon im Buchhandel gesehen, und Aufbau ist eh eine sehr gute Adresse. Aber ob sich ein Bäckertüten- Preis gut machen würde? Da schweigt des Sängers Höflichkeit - oder war das jetzt nicht von Schiller? Mal gucken.
Nein, es ist aus einem Volkslied mit unbekanntem Autor

"Als der liebe Gott die Welt erschaffen
da schuf er Vögel Rindvieh und auch Affen.
Und mitten in die große Welt
hat er den Adam ganz alleine hingestellt
als nun dieser ist allein geblieben
folglich keinen Handel hat getrieben
sagt, womit vertrieb er sich die Zeit?
Das verschweigt des Sängers Höflichkeit

Dienstag, 3. März 2009

Signieren&Co

Gern hätte ich auch mal wieder diese Stunden, in denen alle Dämme brechen und die Worte wie von selbst aus einem herausfließen! Aber der normale Alltag ist ein anderer. Meine Schreibgruppe hat meine beiden Romananfänge angeschaut und ein eindeutiges Votum abgegeben. Über den kleinen Korrekturen überfiel mich gestern doch kurz wieder die Muse und ich brachte drei Seiten zustande, mit dem Gefühl, mit dem ich immer geschrieben habe, wenn ich bestens drauf war. Heute galt es Briefe zu beantworten, meine Bücher zu signieren (was mir übrigens sehr viel Spaß bringt!), einzutüten und nachher zur Post zu bringen, Anträge auszufüllen, zu waschen und zu saugen. Und ein langes Telefongespräch mit der Werkstatt zu führen, denn die Arbeit ruft immer, wie wir wissen.
Übrigens steckt die Finanzkrise ihre Tentakeln bis in die kleinsten Vorgänge. Von einer Hamburger Bank kam die Aufforderung, zu versichern, dass ich keine US-Staatsbürgerin bin wegen der Steuereinnahmen. Das ist wahrlich kein Wunder nach den gestrigen Meldungen von den riesigen Einbrüchen bei der Versicherungsgesellschaft AIG.