Donnerstag, 10. März 2016

Fahrt in die alte Heimat

Meine Schwester und ich (rechts)
Das Wort "Heimat" ist ja heute wieder salonfähig geworden, während man bisher damit etwas Dröges, Nationales, Eigenbrödlerisches und Langweiliges assoziierte. Im Fernsehen werden andauernd Expeditionen in die Heimat unternommen. Ich wollte mich nun für ein paar Tage verabschieden, weil ich morgen -via Frankfurt - in meine alte Heimat Wassersleben bei Flensburg fahre. Da bin ich geboren und kehrte mit sechs Jahren von Forchheim/Erlangen dorthin zurück. Seit sieben Jahren bin ich dort nicht gewesen. Das Elternhaus, umgeben von einem riesigen Garten und dem Wald, aus dem immer die Rehe und Igel kamen, ist schon lange "in gute Hände abgegeben". Sehr viel kann sich in Wassersleben/Kupfermühle nicht verändert haben, denn es war damals schon durch den starken Zustrom der Dänen verändert. Auf den Kaufladen, den Fleischer und den Bäcker meiner Kindheit folgten fast übergangslos die "Buden" für die Transitwaren Alkohol, Zigaretten, Kosmetika und Süßigkeiten, darauf wiederum zwei große Supermärkte mit diesem Angebot. Die Dänen, so erzählten wir uns unter vorgehaltener Hand, fuhren damals immer den ganzen Tag zwischen Flensburg und Kollund hin und her, weil der Alkohol in Dänemark zu teuer war, um sich ein Räuschlein anzutrinken. Der Naturstrand wurde aufgeschüttet, Ferienwohnungen und touristische Anlagen wurden gebaut, und schon lange führt eine Schnellstraße weit oberhalb des Strandes durch den Wald. Trotzdem war und ist es ein paradiesisches Gebiet, in dem wir Kinder aufgewachsen sind. Hügel, Buchenwälder, die blaue Flensburger Förde, der weiße Sand, eine alte Stadt in der Nähe, die im Krieg nie zerstört wurde, und vieles, was es zu entdecken gab.

Und es dümpeln noch immer die Segel- und Motorboote in der Krusaumündung, der Weg über die Schusterkate (frühere Grenzbrücke) ins dänische Kollund ist noch derselbe, die Möwen kreischen immer noch, und es riecht immer noch nach Muscheln und Seetang. Auch der Weg durch die Wälder und über die Felder zum Niehuser See hat sich nicht verändert. In Süderhaff, wo ich im Alter von sechs Jahren den Winter verbrachte, gibt es immer noch die besten Hotdogs von Dänemark - mit Senf, Röstzwiebeln, Remoulade, Agurkesalat und Ketchup, dazu die pappweichen Brötchen. Früher waren die Würstchen feuerrrot.

David, mein Sohn, und ich haben schöne Plätze mit Tisch und Fenster in der Bahn gebucht, der Rückweg am Montag wird mich über Heidelberg und Bruchsal führen. Wollen wir hoffen und beten, dass die Bahn sich unsere Beschwerden tatsächlich zu Herzen genommen und den Service verbessert hat. Dann kann ich endlich mal wieder in Ruhe lesen, plaudern und mir vielleicht sogar weitere Gedanken zu meinem aktuellen Romanprojekt machen. Früher war es gang und gäbe, dass ich auf Bahnfahrten neue Ideen ausgebrütet habe, bevor die Handyschreier und  Rollwagendrängler in die Großraumwagen kamen.
                                                        
Mein Elternhaus in Wassersleben


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