Dienstag, 30. Dezember 2014

Der eigene Weg-Jahresausblick


Weihnachten sollte dieses Jahr eigentlich für uns ausfallen, wenigstens in der Form, wie sie uns von den Medien und den Massen suggeriert wird. Das Ewiggleiche an Menschen-, Verkehrs- , Konsum- und Gefühlsstaus hatte ich ja schon an früherer Stelle beschrieben. Wie stark gesellschaftliche und soziale Zwänge sein können, habe ich noch nie so sehr wie diesmal erlebt. Ich wollte dieses Fest ein wenig inszenieren wie das Weihnachtsgedicht, das ich früher vor dem Tannenbaum aufgesagt habe. Wir sind durch festlich erleuchtete Fachwerkgassen gegangen. Da standen aber keine tausend Kindlein zum Schauen, sondern sie lärmten aus den Fenstern heraus und schossen Leuchtdiaden ab. Rausgehen aus den Mauern, das wusste ich, würde das Richtige sein. Aber irgendwie konnte man all den Zwängen nicht entfliehen. Dann fuhren wir in eine mittelalterliche Stadt, sahen seltsame Tiere, die an der Außenwand des Münsters angebracht waren, Zaubermittel gegen die Dämomen, sahen den ersten Schnee auf der schwäbischen Alb und ein Märchen von einem Schloss und einer barocken Kirche, ebenfalls festlich erleuchtet in der kalten Nacht. Und endlich, Tage später, in anderer Besetzung, kamen wir heraus aus den Mauern, wanderten über eine Hochfläche, auf der uns der Wind die Nasen rot blies und die Sonne auf Schneefeldern glitzerte. Vorgebahnte Wege sind leicht zu beschreiten-wie viel schwieriger ist es, sich selbst einen Weg im Tiefschnee zu bahnen! Aber ich wusste, dass es einfacher werden würde, wenn wir erst im dichten Wald wären. Und siehe da, die Strapatze hatte sich gelohnt. Der eiskalte Wind legte sich, die Bäume schützten uns, innerhalb des Waldes begann es sogar zu tauen. Und der Weg führte zielgenau zum Ausgangspunkt zurück.

Auf der Schwelle zum neuen Jahr, mit zufriedenem Blick zurück aufs vergangene, möchte ich doch noch versuchen, eine kleine Bilanz zu ziehen. Heute Nacht träumte mir, ich würde ein Haus verlassen, das alt und verstaubt und muffig ist. Draußen waren Menschen. Aber das Fortkommen ging nicht so schnell wie gewünscht, der Bus fuhr nicht, niemand wusste so recht, wie es weitergehen sollte. Aber wir waren draußen, und die Luft war frisch und unverbraucht. So sieht es hier aus am Jahresende. Ein Blick zurück und ein Blick nach vorn. Die vorgebahnten Wege sind bequem, aber auch mit all diesen Zwängen verbunden. Sich selbst seinen Weg zu bahnen ist anstrengend und auf die Dauer allein nicht durchzuhalten. Ich brauche beides. Und aus welchen Bindungen und Zwängen sollten wir uns lösen?Aus allen, die uns lähmen und uns daran hindern, fortzukommen. Wenn der Bus nicht fährt, fährt vielleicht die Bahn, und wenn alles darniederliegt, haben wir ja immer noch unsere Beine und können laufen oder Fahrrad fahren. Alles, was im vergangenen Jahr für mich erfolgreich war, habe ich mit eigenen Händen auf die Beine gestellt. Da kamen zwei negative Meldungen gerade recht. Gestern die Absage des kleinen Publikumsverlages für meinen Krimi, heute die Ankündigung, dass der Ladenpreis des Verlagsbuches von 2011 (historischer Krimi, jetzt "Teufelswerk") ab 1.1.15 von 14,90 auf 5 Euro herabgesetzt wird. Damit nähert er sich meinem neuen E-Bookpreis von 4,49 Euro an. Sollte das ein Zeichen sein?

Ich glaube nicht, dass das neue Jahr besser wird. Die alten Strukturen sind ja noch da. Die Mauern sind da und die Zwänge. Der Zustand der Welt ist nach wie vor mehr als besorgniserregend. Aber wir können eine neue Sicht auf die Dinge entwickeln. Ich nehme mir nichts vor, fasse keine guten Vorsätze, die alsbald doch wieder von der lähmenden Gewöhnung gefressen werden. Ich möchte ausziehen aus diesem alten, vermoderten, muffigen Haus, möchte erste Schritte tun, die mich freier atmen lassen. Und in diesem Sinne wünsche ich all meinen Lesern und denen, die zufällig vorbeikommen, einen guten Start und ein Händchen für den eigenen Weg im neuen Jahr!