Dienstag, 16. Juli 2013

Nein, ich esse meinen Sugo nicht!

Die Kampagne, die ich mir vorgenommen hatte, ist schon im Ansatz erstickt. Ja, ich verstehe diejenigen, die selbst publizieren, immer besser! Sechs Agenturen habe ich mir rausgesucht und ebenso viele Verlage, mit denen ich mir eine Zusammenarbeit hätte vorstellen können. Und fing mit einer Agentur an, mit der ich schon einmal einen guten Kontakt hatte. Dort sollte man sich ausschließlich per Email melden. Man kann über meinen Ex-Agenten sagen, was man will, aber wenn ich ihm eine Email schrieb, konnte ich sicher sein, nach zwei Stunden eine Antwort zu haben. Dort aber scheint man nicht einmal regelmäßig das Postfach zu checken. Was so anfängt, kann auch nichts auf Dauer werden. Es kann sich nur eine Ochsentour daraus entwickeln (siehe vorigen Beitrag). Dieses Spiel habe ich nun so oft gespielt, dass es nur noch müde macht. Die Frage ist, welche Konsequenzen man daraus zieht. Aussteigen aus diesem Karussell der Eitelkeiten? Kann man das überhaupt noch, oder ist man nicht schon dabei, herauszufliegen, weil es sich immer schneller dreht?

Während meines Urlaubs habe ich einiges erlebt und auch gewisse Beobachtungen machen können. Zum Beispiel mit dem Einkehren in Gasthäuser.
Das war zugegebenermaßen ungeplant, weil es uns mal da, mal dorthin verschlug. Mindestens die Hälfte dieser Gasthausbesuche war ein Schlag in die Magengrube. Und das Groteske war: Allen anderen Gästen schien es vorzüglich zu schmecken! Oder sind die eben nichts anderes gewohnt in der McDonalds-Kultur? Der Ziehsohn einer alten Freundin sagte mal zu ihr: Brigitte, dein Essen schmeckt fast so gut wie aus der Dose! Und der alte Zeitschmecker Wolfram Siebeck nannte schon vor mehr als dreißig Jahren den deutschen Salat eine "nasskalte Beleidigung heißen Fleisches." Den Vogel schoss für uns ein Italiener in einer wunderschönen, vielbesuchten Touristenstadt ab. Bei Italienern kann eigentlich nichts schiefgehen, hatten wir uns gedacht, die können das aus dem ff. Ich bestellte mir Spagetti Napoli, etwas ganz einfaches. Es kam ein großer Teller mit dicken Spagetti, die in einer roten Soße schwammen. Schwammen! War ich bisher blind durch die Welt gegangen und hatte nicht gewusst, dass Spagetti Napoli so aussehen (und schmecken) müssen? Wieder daheim, packte mich der Ehrgeiz. Ich fand einen Artikel aus dem Stern, in dem eine Italienerin beschreibt, wie sie Spagetti Napoli macht. Wie sie den Sugo zubereitet, aus vollreifen Romatomaten, Zwiebeln andünstet, ein Zweiglein Basilikum dazu, eine Prise Zucker, Salz, Pfeffer, lange köcheln lässt und schließlich alles durch ein Sieb streicht. Und natürlich ist die Wahl des Olivenöls eine wichtige Sache. Das ist dann der Sugo, die Grundlage für viele Variationen. Ich kochte es nach und verstieg mich zu einem gewagten Vergleich: Diese Gaststättenesser sind doch wie viele Leser, die sich mit "Futter" abspeisen lassen, Hauptsache, der Magen ist voll. Ob ich eine schnellgedachte Bilanz aus diesen Erfahrungen ziehen kann? Ja, unterwegs lieber eine Brezel beim Bäcker kaufen, als sich die deutschen und ausländischen Brocken reinzuziehen, nur weil der Magen knurrt. Lieber die Romane in den Dateien schmoren lassen, als dass viele Köche sie verderben.

5 Kommentare:

  1. Köstlich, liebe Christa!

    So ähnlich geht es mir immer angesichts des kulinarischen Tiefstands in Baden-Baden, wo man für richtig teures Geld richtig mies essen kann - und die wenigen Highlights echt kennen muss. Die einen dann aber auch nicht so komplett umhauen ...

    Im Nordelsass inzwischen ähnliche Zustände: Erst hat man sich keine Mühe mehr gegeben, dann blieben die Gäste aus, also gab's nur noch TK-Ware, weil man ja das Risiko nicht eingehen wollte, prompt blieben auch die Stammkunden weg usw. Und das ist dann der letzte Schwenk zum Verfall - wenn sich die Leute das Essengehen nicht mehr leisten können.

    In der Südpfalz dagegen haben es viele Winzer begriffen, dass man auch Kleinigkeiten köstlich anrichten kann. Bei denen musst du dann auch zu zweit einen Tisch reservieren, weil's rappelvoll ist.

    Herzlichst, Petra

    PS: Wegen unbeantworteter Mails würde ich durchaus auch mal das Hineingeraten in einen Spamfilter vermuten. Da kann man freundlich anfragen, ob die Mail angekommen ist (natürlich nicht schon nach zwei Stunden), manchmal ein perfekter Aufhänger für ein zwangloses Telefonat ;-)

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  2. Liebe Petra,

    ja, es ist komisch, die Esskultur verfällt immer mehr, und inzwischen sollen die Leute auch von den vielen Kochsendungen im Fernsehen genug haben. Wenn es hoch kommt, kann ich noch Gasthäuser an zwei Fingern abzählen, die man sich merkt und zu denen man immer wieder hingehen kann. Meist sind es Familienbetriebe. Und ja, man muss heute mehr Geld hinlegen, um gut zu essen, und manchmal ist man auch dann enttäuscht. Am meisten nerven mich diese grünen und roten Beizen, in die inzwischen fast alles Fleisch eingelegt ist, selbst beim Metzger. Können/wollen die Leute nicht mehr selber würzen?
    Mich kann man eigentlich mit sehr einfachen Mitteln glücklich machen: mit einem bayerischen oder fränkischen Braten, Spargel im Flädle, einem glänzenden Kartoffelsalat ...:-)

    Herzlichst
    Christa

    P.S. Telefonieren ist dort ausdrücklich untersagt! Wenn morgen nichts kommt, wende ich mich an die zweite Agentur meiner Liste.

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  3. P.S.S.: Es waren nicht zwei Stunden, sondern zwei Tage. Obwohl - von einem Verlag hier in der Nähe habe ich mal nach drei Monaten auf eine Anfrage die Antwort bekommen: Ich sage: nein!

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  4. Liebe Christa,
    ja, einerseits verlieren die Menschen ihren Geschmackssinn durch die vielen Aromastoff in den Nahrungsmitteln. In Frankreich gibt es inzwischen deshalb Geschmacksunterricht für Schüler, um das Gehirn wieder umzutrainieren. Wenn die nämlich ständig süße, künstliche Erdbeerlimo trinken, spucken sie bei echten Erdbeeren. Natur schmeckt dann plötzlich eklig, fad, nach gar nichts. Und Convenience Food ist ja selbst im Land des Genusses angesagt ...

    Das ist auch der eine Grund, warum man diese Beizen so schön verkaufen kann. Man gaukelt mit vielen Nahrungsmitteln Bequemlichkeit vor, schnelles Kochen. Und wer will schon nach einem anstrengenden Tag lange in der Küche stehen? Den wahren Grund überseiht man dann aber. Dem Gebeizten sehe ich nämlich Zustand und Frische nicht an. Man kann so auch weniger schönes Fleisch verkaufen. Und man kann es länger verkaufen ...
    Herzlichst, Petra

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  5. Liebe Petra,

    auf die Idee, weniger gutes Fleisch so länger verkaufen zu können, bin ich noch gar nicht gekommen! Das erinnert mich an frühere Methoden. Ich hatte mal ein Kochbuch aus dem 19. Jahrhundert. Da wurde ausführlich erklärt, wie man Fleisch, das drüber ist, und ranzige Butter wieder frisch machen kann! Das vor allem mit Salz und Öl.:-)

    Herzlichst
    Christa

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