Dienstag, 7. Dezember 2010

Meuchler, Monster, Menschenfresser

So, nachdem ich wieder ein wenig aufgetankt habe, kann ich ja wieder loslegen. Ich lese gerade, wie schon erwähnt, "Rauhnacht" von Volker Klüpfl und Michael Kobr, und es gefällt mir inzwischen ausnehmend gut. Da haben sie sich aber was Tolles einfallen lassen, dachte ich, ein Krimiwochende in einem Wellnesshotel, in dem dann ein echter Mord passiert. Gerade habe ich jedoch festgestellt, dass es schon seit länger Zeit buchbare, mörderische Krimievents gibt oder hier, die Leiche zum Dessert, die sich anscheinend zunehmender Beliebtheit erfreuen. Eine ganze Reisebranche ist entstanden, bei der sich sicher gut verdienen lässt. Da darf man den Felsen in der Schweiz besuchen, von dem Sherlock Holmes abstürzte, man kann auf Donna Leons bzw. Brunettis Spuren durch Venedig ziehen, Maigret in Paris besuchen und grauslige Dinge an den beliebtesten Krimischauplätzen Berlin, Hamburg, Frankfurt, der Eifel und eben dem Allgäu erleben. Sind nach Dan Browns "Sakrileg" und "Illuminati" nicht Tausende zu den Schauplätzen gepilgert? Oder wie wärs mit einem mörderischen Weihnachtsessen, bei dem es von Blut und Maden wimmelt? Meine Rede war immer schon: Die Leute erleben zu wenig! Nach Bungeejumping, Canooying, Free Climbing und Mittelalter-Soaps in alten Burgen oder eingemauert wie die böse Lady muss der ganz große Nervenkitzel her. So frage ich mich jetzt, ob die kleine Heimat auf dem Land, der Schwarzwald oder die Schwäbische Alb oder die rauhe Baar oder der Bodensee jemanden dazu verlocken könnten, dort Krimi-Abenteuer zu erleben. Und ich habe gesehen: Es gibt sie schon, die Giftpilzmorde, die Geistersucher, die Schäfer auf der Alb und das Monster im Bodensee.

Ich schreibe gerade einen Krimi, meinen Schwarzwaldkrimi und kümmere mich überhaupt nicht um die Zielgruppen. Denn die sind ja schon längst pilzvergiftet, gemeuchelt, vom Schweizer Felsen gestürzt, vom Bodenseemonster gefressen, in Venedigs Bleikammern oder in den Tiefen der Eifelmaare verschwunden. Es gibt keine Zielgruppen mehr, nur ein großes, mal hierhin, mal dorthin wogendes Publikum, bei dem man schon genau zielen müsste, um überhaupt jemanden zu treffen. Vielleicht kommt am Schluss die Wilde Jagd und nimmt uns alle mit.

9 Kommentare:

  1. Krimi-Events gefallen mir ebenso ausnehmend gut, wie Dir die Rauhnacht. Aber besonders nervenaufreibend sind sie nicht - eher amüsant. Beim "Krimi-Dinner" kann man herrlich schlemmen und dabei einem mörderischen Theaterspiel zusehen. Und am Ende darf man sogar mitraten, wer wohl der Mörder ist. Genau das richtige Erlebnis für die kalte Jahreszeit. Ich habe es sehr genossen!
    Ich halte Dir ganz fest die Daumen, dass das Publikum in Deine Richtung wogen wird, sobald Dein Krimi auf den Markt kommt! Aber erst einmal habe ich ja noch Dein sündiges Gewand, auf das ich mich freuen kann!
    Herzliche Grüße
    Nikola

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  2. Die Rauhnacht ist auch sehr amüsant, besonders die Stellen mit dem Frühstücksbuffet und dem Computer. Ne, als nervenaufreibend empfinde ich sie auch nicht. Und besagtes Frühstücksbüffet hat mich an eins auf Madeira erinnert, wo es auch Speck und diese gelbe Masse usw. gab ...
    Es ist manchmal schon ein bisschen wie Roulettespielen mit dem Schreiben. Man kann alles gewinnen oder alles verleiren, und oft ist es etwas dazwischen.

    Herzliche Grüße
    Christa

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  3. Es reicht leider nicht, nur ein gutes Buch zu schreiben. Die Welt wird es nicht zwangsläufig entdecken, was sehr betrüblich ist.
    Mir jedenfalls bereitest Du mit Deinen Büchern viel Freude!

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  4. Mit seinen Büchern jemandem Freude zu bereiten ist natürlich eine Freude des Autors! Und wie ein Buch über das Schreiben hinaus dann wahrgnommen wird ...ich kann dazu mal ein Beispiel geben. eim Wihnachtsmarkt letzten Samstag hatte ich je einen Kalender und eine Anthologie auf den Verkaufstisch gelegt. Sie wurden von niemanden bemerkt, und wenn ich nicht nachgeholfen hätte, wäre nicht mal eins verkauft worden. Da der Kalender in den Buchläden
    der Umgebung in Sichtweite des Eingangsbereichs platziert ist, kann er wenigstens wahrgenommen werden. Bücher, die es nicht in die Buchhandlungen schaffen, weder in die großen noch die kleinen, feinen, haben es wahrlich schwer.

    Herzliche Grüße
    Christa

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  5. Man muss die Menschen zu ihrem Glück zwingen! ;-)
    Vor zwei Wochen habe ich auf einem Kunsthandwerkermarkt meine Nähkreationen verkauft. Am ersten Tag war ich hochmotiviert und habe jeden Vorbeikommenden mit Worten festgehalten. Der Palaver hat sich finanziell sehr gelohnt. Am nächsten Tag war ich unmotiviert und habe mich in meinen Stuhl zurückgelehnt und nur brav gelächelt. Obwohl an diesem Tag viel mehr Publikum unterwegs war, habe ich fast nichts verkauft.
    Wohl dem, der marktschreien kann -gerade in der Buchbranche. :-))

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  6. Wenn ich das nochmal machen sollte, dann bei 20° und Frühlingssonne-und nicht an Leute, die schon den 10. Glühwein intus haben.-) Und sag jetzt nicht, die könnte man besonders gut überrumpeln!
    Und Marktschreier werde ich nicht, denn bei denen kaufe ich selber nichts.

    Christa

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  7. Liebe Christa,
    ich würde die Entwicklung eher positiv sehen: Die Menschen wollen nicht Nervenkitzel oder noch ein Event mehr, die wollen schlicht mehr Kultur und Literatur! Und für uns Autoren tun sich endlich mehr Leseplätze auf, vor allem sehr viel besser bezahlte - so dass man vom Schreiben auch eher leben kann.

    Ich arbeite selbst mit so einem Veranstalter immer wieder gern zusammen und freue mich, was für Freude die Menschen daran haben, dass sie nicht nur mein Programm bekommen, sondern ein tolles Menu und feinen Wein dazu. Viele machen sich mit Familie oder Freunden einen schönen Abend. Die Atmosphäre (bei immer vollem Haus, was man von Buchhandlungen nicht immer sagen kann) ist so persönlich und schön, dass ich auch hinterher noch mit den Gästen zusammensitze und klöne.

    Ich kann jeder Kollegin, jedem Kollegen nur empfehlen, sich zu den eigenen Büchern ein paar Gedanken in dieser Richtung zu machen (natürlich erst, wenn das Buch fertig ist). Es lohnt sich auch beim Buchabverkauf!

    Herzlichst,
    Petra

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  8. Ich stelle mir das so vor: Wenn ein Buch wirklich das Licht der Welt erblickt, dann tut man sich mt einem Veranstalter zusammen,
    der ein Essen und ein Theaterspiel organisiert (womöglich noch über das eigene Buch!), liest dazu Passagen vor oder es wird Musik gemacht und man liest in den Pausen. Ich müsste mir so eine Veranstaltung mal anschauen, wie mir das gefällt..

    Herzlichst
    Christa

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  9. In dieser fetten Version bleibt nicht mehr viel Honorar übrig, Christa. ;-)
    In den meisten Fällen läuft das schon so ab, dass man in den Pausen zwischen den Gängen liest, damit es auch ruhig ist.

    Die Krimi-Dinners laufen ab, wie Nikola das beschreibt, das sind reine Inszenierungen, keine Lesungen. Das habe ich auch schon gemacht in einer Zwischenform - als szenische Lesung. Man spielt, darf aber das Papier in der Hand behalten. ;-)

    Aber je mehr das in Richtung Theater geht, muss man das entweder können oder Schauspieler engagieren. Als reiner Autor würde ich eher klein anfangen, Ambiente zum Buch schaffen etc.

    Herzlichst,
    Petra

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