Samstag, 7. August 2010

Schreibentzug?

Inzwischen ist die Liste der Kommentare zum Beitrag "Und immer wieder: die Verkaufszahlen" so weit angestiegen, dass man schwindelerregend runterscrollen muss, um die letzten zu lesen. Deshalb kopiere ich Petras Kommentar in ein neues Feld:
"Christa, ich hätte noch eine sehr freche Anregung. Ich wage es, sie auszusprechen, weil ich das Spielchen schon mit mir selbst gespielt habe.

Es ganz anders machen zu wollen als andere kann aber auch einen Wolf auslösen, der dich hetzt.

Stell dir vor, es gibt eine Tätigkeit, mit der du ganz sicher und schnell Erfolg haben wirst, bei der du dir keinen Wolf holst, bei der dich keine Unsicherheiten, Bedenken und Zweifel quälen, bei der alles vorherberechenbar ist. Du bekommst Anerkennung, die Menschen lieben und loben dich. Suchst du nach dieser Tätigkeit?

Ganz einfach, hier ist sie: NICHT Schreiben.

Ich meine das im Ernst. Verbiete es dir. Gib es auf (vorerst). Widme dich dem wunderbaren Leben ohne all diese Zwänge und Grübeleien. Versage dir jede Buchidee, jede Arbeit an einem Manuskript. Schreibverbot - du allein bestimmst, wie lange. Ich meine damit ein vorsätzliches Schreibverbot, den bewussten Entschluss, nicht mehr zu schreiben. Nicht diese Zeiten, wo man "halt nicht dazu kommt".

Und dann schau mal, was nach einer Weile mit dir passiert, was es mit dir macht... Ich prophezeie dir, das Ergebnis wird überraschend sein und jede Menge Grübeleien ersparen.

Herzlichst,
Petra"

Zunächst einmal muss ich gestehen, dass ich seit gestern ganz schön wild herumgefuhrwerkt habe. Ich habe meinen Ursprungskrimi ausgemüllt von ca. 160 auf 70 Seiten, die für den neuen verwertbar sind. Heute zwei Seiten geschrieben, die Einleitung des Ganzen - und wollte gerade loslegen. Was Petra vorschlägt und selber schon ausprobiert hat, erinnert mich an ein therapeutisches Verfahren, das in den 70er Jahren innerhalb der Systemischen Theorie und Therapie entwickelt wurde: Die paradoxe Intervention.. Nach meinem kleinen Burnout Ende Mai/ Anfang Juni hatte ich mir das schon mal verordnet. Um dann nach dem Urlaub umso mehr loszulegen, mit etwas ganz anderem (einem Sachbuch, einem ganz speziellen Reiseführer). Im Moment bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich mich nicht entscheiden kann, welches von den Projekten ich weiter bearbeiten will, weil alle was von mir wollen. Ob ich mir ein Schreibverbot auferlegen könnte, diesmal ganz gezielt? Ich weiß aus der Vergangenheit, dass ich immer sehr die Nase hängen ließ und den lebendigen Bezug zum Leben verloren habe, wenn ich nicht schreiben konnte.
Heute zumindest stürze ich mich hinaus ins schöne, klare Sonnenleben, wie geplant!

4 Kommentare:

  1. Liebe Christa,
    Paradoxe Intervention - ich hab das gleich mal gegoogelt, ist ja spannend! Dazu passt eine andere Methode von einem Kumpel, genannt "der Jammerlappen":
    Man nehme einen möglichst ekligen, schlappen, alten Lumpen zur Hand, vornehmlich in Situationen, in denen man sehr viel zu jammern hat. Und dann versetzt man sich in dem Lumpen hinein und wird zum Jammerlappen, übertreibt als ekliger schlapper Lumpen sein Jammern so schlimm und immer mehr, bis man ... meist brüllt man irgendwann vor Lachen über sich selbst.

    Ich sollte vielleicht den Beruf wechseln? ;-)

    Viel Erfolg beim Ausprobieren von Was-auch-immer! wünscht Petra

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  2. Eine andere Methode, von Humor- oderLachtherapeuten entwickelt: Man nehme den Mund voll Wasser und halte eine Rede - diesmal nicht auf einen soeben hingeschiedenen Maulwurf. Dabei bin ich vor Lachen schon mal förmlich explodiert! Sondern zum Beispiel auf einen zu Grabe getragenen Roman.
    Dlu hasch mich sso lange bekleitet, ich trug dich Tach und Nach mit mir helum, und wenn ich mogens erwaschte, wars du mein erser Gedange.

    In der Studentenzeit habe ich das übrigens mal ausprobiert mit der paradoxen Intervention.
    Wegen zu langen Schlafens habe ich mir verordnet, nie vor elf aufzustehen. Es klappte, denn es war einfach zu langweilig, da bis elf herumzuliegen! Die Methode ist aber nie umunstritten gewesen. Völliges Schreibverbot würde ich mir nicht verordnen, denn dann dürfte ich auch nicht meh bloggen. :-)

    Herzlichst
    Christa

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  3. Liebe Christa,
    Das klingt lustiger als die Sprechübungen mit dem Korken zwischen den Schneidezähnen, die ich kenne.

    Das mit dem Schreiben würde ich verspielter sehen als die Psychotherapeuten das machen. Es geht ja nicht darum, sich zu therapieren (von was?), sondern Bedenken und innere Zensoren zum Schweigen zu bringen, dafür aber die eigene innere Stimme endlich mal zum Brüllen. Und da muss man sich einfach manchmal selbst überlisten...

    Natürlich habe ich gebloggt, nachdem ich mir sagte: "Ich schreibe NIE wieder ein Buch." Aber ich habe nach dieser Phase auch ganz genau gewusst, dass ich nur bestimmte Bücher auf bestimmte Arten nicht schreiben möchte. Und ich wusste plötzlich, was ich wirklich will.

    Jetzt mache ich diese "Therapie" unfreiwillig, weil mich der Brotjob so auffrisst, dass ans Bücherschreiben gerade nicht zu denken ist. Auch das mit heilsamem Effekt. Ich weiss jetzt, wie sehr und dringend ich Bücher schreiben muss. Ich habe den Mut, mir ein Sabbatsemester nur fürs Bücherscheiben zu nehmen. Und ein paar verrückte Pläne obendrein, die ich sonst nie wagen würde. Im Schreiballtag drinnen hätte ich diese Eingebungen wahrscheinlich nicht gehabt, sondern mich nur ständig gesorgt.

    Aber was bei mir geholfen hat, muss natürlich kein Patentrezept für andere sein! Man kann von Marktgrübeleien & Co. genauso gut mit einer straffen Bergwanderung oder durch Holzhacken wegkommen. ;-)

    Herzlichst,
    Petra

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  4. "Man kann von Marktgrübeleien & Co. genauso gut mit einer straffen Bergwanderung oder durch Holzhacken wegkommen. ;-)"

    Habe ich gestern gemacht, wandern meine ich. Gedanken an den Markt&Co. tauchten nicht mehr auf, nur manchmal ein "bringt ja doch nichts, irgendwann wird alles verramscht", wie hier in den Buchhandlungen und modernen Antiquariaten. Allmählich werde ich wieder ruhiger und zuversichtlicher. Nein, ich möchte im Moment nicht schreiben.

    Herzlichst
    Christa

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