Freitag, 6. Januar 2023

Wo ist Heimat?






 Manchmal, wenn wir im Winter über die grauen Felder laufen und die Krähen sich krächzend im Schwarm erheben, muss ich an das Gedicht von Friedrich Nietzsche denken.

Die Krähen schrei’n

Die Krähen schrei’n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei’n –
Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!

Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
Vor Winters in die Welt – entflohn?

Die Welt – ein Thor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer Das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends Halt.

Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.

Flieg’, Vogel, schnarr’
Dein Lied im Wüsten-Vogel-Ton! –
Versteck’, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!

Die Krähen schrei’n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei’n,
Weh dem, der keine Heimat hat!

 FRIEDRICH NIETZSCHE, 1844-1900

Was ist das eigentlich, Heimat? Herrmann Hesse (1877-1962) sagte: 


Heimat ist für mich ein Augenblick, in dem ich vollkommen eins mit mir und der Welt bin. Das kann während des Gesprächs mit einem vertrauten Menschen oder einer Gruppe sein, in der Natur, bei einem guten Essen, beim Anblick von Lichtern in der Dunkelheit, beim Wandern, Schreiben, Lesen, beim Ansehen eines guten Films. Der Duft nach südlichen Kräutern, das Glitzern auf einem Fluss oder einem See. Es kann immer nur ein Augenblick sein und wie alles nicht von Dauer. Ich könnte Heimat auch als "Einklang" bezeichnen.

                                                                             

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