Donnerstag, 19. September 2013

Bettelbriefe

Wenn du als Autor irgendwie in Erscheinung trittst, indem du veröffentlichst, bleiben dir gewisse Erfahrungen nicht erspart. Dahinter stecken zwei Irrtümer:
1. Wenn ein Autor veröffentlicht, wird er automatisch schnell reich.
2. Als veröffentlichter Autor hat er eine gesellschaftliche, um nicht zu sagen karikative Verpflichtung.

Eines bedingt das andere. Und da der Autor reich ist, braucht er ja nichts zu tun außer Bestseller zu schreiben und hat Zeit und Geld, beides unter die Leute zu bringen. Außerdem muss er all diejenigen unterstützen, die bisher nicht das Glück hatten, einen Verlag zu finden. Bekannt ist inzwischen mein Beispiel, wie jemand sein Manuskript in meinen Briefkasten warf, während ich schlief. Allein daraus könnte man einen Stalker-Krimi spinnen! Dann erhielt ich, schon beim ersten Buch, Anrufe wie: Als Schriftstellerin hätten Sie doch sicher gern ein Spiegel-Abo? Nun, ich habe meine erste Aufgabe immer darin gesehen, Bücher zu schreiben, so gut ich es konnte, meine karikativen Verpflichtungen erfülle ich in meinem Beruf. Trotzdem kommen alljährlich Briefe, die mich dazu auffordern, signierte Bücher zu spenden, um damit ein gutes Werk zu tun. Beim ersten Mal fand ich es auch gut. Eine Weihnachtstombola, meine Bücher als Preise, der Erlös geht nach Honduras usw. Klang sehr seriös. Ich habe aber nie irgendetwas darüber gehört, wo diese Bücher, die ich hier auf dem Land mit viel Zeitaufwand und für teures Porto verschickt habe, gelandet sind. Gestern kam wieder so ein Brief, von derselben Stelle. Darauf habe ich nicht mehr reagiert. Wo sie wohl die Adressen herhaben? Vom Verlag? Aus dem Internet? Meine Belegexemplare werde ich mit der Zeit lieber an Interessierte weitergeben, zu denen ich irgendeinen Bezug habe.