Sonntag, 24. Dezember 2017

Weihnachtswünsche

So schneereich war es im letzten Winter hier am Rande des Schwarzwaldes, das war Mitte, Ende Januar. Da drängelten sich die Leute auf den Wegen, manche saßen auf Bänken und blinzelten der Sonne entgegen, als wären sie auf Sylt oder in Sankt. Moritz. Weiße Weihnachten hatten wir zuletzt im Jahr 2010, davor 1983. Das sind siebenundzwanzig Jahre, die dazwischen lagen! Ja, die weiße Weihnacht ist endgültig zum Relikt aus der Kindheit geworden. So ganz ohne Rituale geht es dennoch auch bei uns nicht, wir haben Weihnachten noch nicht abgeschafft. Ein paar Edeltannenzweige und Kerzen, das Umherschweifen in der beginnenden Dämmerung durch Dörfer, wenn "Markt und Straßen verlassen stehn", vielleicht ein Fackelfeuer im Nachbardorf und die Turmbläser von der Herrenberger Stiftskirche, die traditionelle Fondue und zwei ganz offene, freie Tage. Und die Raunächte mit ihrem Gespenstertreiben. Im letzten Jahr saßen wir im Sonnenschein mit Cappuccino in Bad Wildbad. Ein Treffen mit den Söhnen steht danach aus. Ich wünsche allen meinen Lesern, Leserinnen und zufällig Vorbeikommenden ein entspanntes Weihnachtsfest,  so, wie sie es sich vorgestellt haben!

Mittwoch, 20. Dezember 2017

Verrückte Weihnachtswelt

Gestern im Supermarkt, unserem Stamm-Edeka über dem Berg. Da sitzen wir manchmal nach dem Einkauf, trinken einen Cappucino und plaudern mit den Bäckereiverkäuferinnen. Mein bestes Stück, als ehemaliger Rock - und Bluesdrummer allgemeines Aufsehen gewöhnt, sagte laut in das Treiben hinein:  So ein Mistwetter mal wieder, da sollte man doch gleich nach Spanien fahren, ganz in den Süden! Nein, ich fliege in die DomRep, meinte die Bäckereiverkäuferin. Am Tisch daneben saßen zwei Herren, die sich später als 90jähriger Mitbürger und sein etwa 35ähriger Sohn entpuppten. Wir sprechen auch gerade über Spanien, meinte der Vater. Ein paar Sätze gingen hin und her, dann zogen sie um an unseren Nebentisch. Es ging von Spanien im Allgemeinen zu Andalusien im Besonderen, wo der Vater in den fünfziger Jahren als Maurer gearbeitet hatte, mit dem großen Latinum in der Tasche. Der Sohn wollte ihn daran hindern, einen lutherfeindlichen Spruch auf spanisch zu zitieren, es ging immer hin und her, was ihn aber nicht hinderte (und gar nicht schlimm war). Zwischen Freihkeitskämpfen unter dem Cid und dem Leben unter Franco ging die Diskussion dann weiter, darüber, wie Luther die Welt verändert hatte und wessen Geistes Kind er war. Mittendrin begann der Vater unvermittelt ein Gedicht von Nietzsche zu zitieren, das er in der Schule auswendig gelernt hatte.
Im Süden
Nach der dritten Strophe endete die Rezitation, erst später entdeckte ich noch drei weitere Strophen. Wenn ich nicht eingeschritten wäre und nach einem Haus in Spanien zum Urlaub machen gefragt hätte, wären wir da sicher noch am Abend gesessen. Abends saß ich dann vor dem Fernseher und schaute mir eine manchmal Loriot-verdächtige Weihnachtskomödie mit Andrea Safatzki an (Vom Atmen unter Wasser). In überspitztem Galopp ging es eineinhalb Stunden um eine Familie, die Weihnachten feiert. Es wurde alles an Rollenklischees, Verwandtschaftsbeziehungen und Slapstickeinlagen aufgeboten, was ein solches Stückchen bieten konnte. Da fiel mindestens zehn mal der Weihnachtsbaum um, der in letzter Minute besorgt worden war und aussah wie vom Sperrmüll. Der Vater hatte sich in seine Musik-Traumwelt geflüchtet und erweist sich als Muttersöhnchen seiner alkoholisierten Mutter (Uschi Glas), während Gundula, die Hausfrau, abwechselnd den Rotkohl verbrennen, den Hund die Bio-Enten auffressen lässt und nach gegenüber zu ihrem Atemtherapeuten (Uwe Ochsenknecht) entschwebt, von dem sie süßliche Träume mit Weihnachtsbaumtänzen hat. Die Eltern und der Bruder mit Frau treffen ein, alle haben was zu meckern, schließlich gibt es Pizza vom Pizzabäcker, und der allergiegeplagte Bruder mit seinen erfolglosen Ratgeberbüchern kriegt Hundefutter zu essen, was ihm außerordentlich mundet. Vater gundulaseits ist dement, verschwindet immer wieder im Klo und nach draußen und outet sich schließlich in einem lichten Moment als einst heißer Galan der Uschi Glas. Der Therapeut brät seit zehn Jahren eine Gans für seine tote Frau, und in einem der Schlussakkorde, nachdem Gundula endgültig zusammengebrochen ist und alle rausgeschmissen hat, tanzt sie mit ihrem Mann einen (fiktiven) Galatanz um den Baum, während der Therapeut vor seiner Gans sitzt und mitrockt. Doch, es hat Spaß gemacht, diese verrückte Komödie anzuschauen und dieses Gespräch im Supermarkt zu führen, manches erinnerte mich an meine Familie und die anderer Leute. Seitdem kann ich den Weihnachtsrummel noch entspannter angehen.































Freitag, 15. Dezember 2017

Kleinen, feinen Verlag gefunden!

Heute fand ich eine Mail in meinem Postfach, die mir den Tag gerettet hat und endlich wieder etwas Bewegung in mein Leben als Autorin bringt. Ein kleiner, feiner E-Book-Verlag möchte alle vier Romane, deren Exposés ich hingeschickt hatte, veröffentlichen und mir im neuen Jahr dafür ein Angebot machen. Es handelt sich um einen neu bearbeiteten Roman aus dem dreißigjährigen Krieg(Backlist), um einen historischen Krimi, einen Roman, der sich auf zwei Zeitebenen in Deutschland, Venedig und Südamerika bewegt und bis in die Nazizeit zurückreicht sowie einen Schwarzwaldkrimi. Alle vier hätten nach Ansicht der Verlagsleiterin sehr gutes Verkaufspotenzial und würden auch von den Vertriebspartnern (wie Thalia, Osiander, Amazon usw.) gut aufgenommen werden. So hat diese Irrfahrt jetzt vorerst ein Ende, denn ein paar Agenturen und zwei, drei Verlage, die ich in den letzten Jahren angeschrieben hatte, wollten von einer Veröffentlichung nichts wissen. Selber machen ist natürlich immer wieder eine Möglichkeit, die mir aber inzwischen widerstrebt. Meine sieben veröffentlichten Romane standen alle mehr oder wenige lang über Jahre in den Buchhandlungen, deshalb ist die Buchhandelspräsenz jetzt nicht mehr so wichtig für mich. Wichtig ist es, gelesen zu werden. Wenn mich nicht alles täuscht, kann man die E-Books nicht nur über die Onlineshops aller Buchhandlungen bestellen, sondern sie auch gedruckt bekommen -  über Create Space oder Book on Demand. Für diejenigen, die nach wie vor lieber gedruckte Bücher lesen. (Der Vorteil bei den E-Books ist der, dass sie bei der Auslieferung nicht die Straßen verstopfen, weder durch das eigene Auto noch durch den DHL-Zustelldienst oder die Post.)

Montag, 11. Dezember 2017

Was brauchen wir wirklich?

Wir befinden uns wieder in der Vorweihnachtszeit, und ich muss sicher nicht mehr darauf hinzuweisen, dass sagen wir mal neunzig Prozent vom dem Klamauk überflüssig ist. Was brauchen wir wirklich an Weihnachten? Eigentlich nicht mehr als das, was wir Älteren als Kinder kannten: Brennende Kerzen, einen Tannenbaum, Sterne, Lametta, einen Korb mit Orangen und Süßigkeiten, Schnee und ein festliches Essen. Naja, Geschenke natürlich auch. Und die Familie. Die ersten Weihnachtsmärkte, die ich erlebte, waren klein, glänzend und duftig, wie zum Beispiel der in Wildberg hier um die Ecke - vor etwa zwanzig Jahren. Die Leute hatten ihre Garagen geöffnet, es lag Selbstgemachtes zum Verkauf aus, und zum Essen gab es echte Thüringer Bratwürste. Seitdem hat es sich immer mehr kommerzialisiert, und wir gehen nur noch selten auf einen dieser Märkte. Zum Beispiel erlebten wir am vergangenen Wochenende in Horb eine herbe Enttäuschung. Der Markt war von der pittoresken oberen Altstadt an den Platz am Fluss verlegt worden, es wehte ein eisig kalter Wind, so dass einem die Lust auf Würste oder Kartoffelchips am Spieß verging. Mittendrin stand ein Zelt mit einer Falknerei, ein Stück weiter dröhnte Popmusik von einer Bühne, auf der verkleidete Mädchen herumtanzten. Wir waren schnell durch, und es war klar, dass uns auf allen Märkten das Gleiche erwarten würde. Später las ich in der Zeitung, dass die Betreiber der kleinen Stände mit dem Honig oder den Wachskerzen nicht mehr kommen würden, weil sich wegen der Vogelschau alles um diesen Stand gedrängt hätte und keiner mehr zu ihnen durchkam.

Was wir wirklich brauchen, habe ich am vergangenen Wochenende erlebt. Die Heizung ist zweieinhalb Tage lang ausgefallen, die Vermieter waren verreist. Nachdem ich endlich jemanden auf dem Handy erreicht hatte, kam am Sonntag notfallmäßig der Monteur. bis dahin hatte ich in der Wohnung jede Wärmequelle aufgesucht, die verfügbar war. Den kleinen Radiator, einen Sonnenstrahl ab und zu. Beim Kochen schaltete ich jede Herdplatte an, um Kartoffeln, Gemüse und anderes zuzubereiten und die Abwärme zu genießen. Die Eisfüße steckte ich ab und zu in eine Schüssel mit heißem Wasser. Am Nachmittag fegte ein mittlerer Schneesturm über das Land hinweg, auf den Straßen war Panik ausgebrochen, überall blinkten Lichter, eine Weltuntergangstimmung. Der Monteur erzählte, dass es auf dem Kniebis (in 1000 Metern Höhe) schon wieder regne. Er schaufelte Asche aus der Heizung, aber sie blieb weiterhin die ganze Nacht kalt. Ich konnte an nichts anderes mehr als an Wärme denken. Wie haben es die Steinzeitmenschen bloß ausgehalten? Es war ja sicher nicht für jeden eine Höhle da mit einem Feuer und Felswänden zum Bemalen. Wenn das Klima zu rau wurde, sind sie in den Süden gezogen. Und es ist noch nicht vorbei: Bevor jetzt die Wohnung überhaupt wieder aufgewärmt ist, geht die Heizung schon wieder aus. Das sind die Nachteile der Computerheizungen, bei meinem Ölofen konnte ich früher alles selber regulieren.

Ein anderes Thema ist das Einkaufen (Grundbedürfnis: Essen und Trinken). Heute las ich in der Zeitung, dass die Deutschen wieder mehr in Einzelhandelsgeschäften kaufen sollten. Durch das Internet-Bestellgeschäft würden diesen ihre Grundlagen entzogen. Alle Welt kauft im Internet, und wie ich bei einer Fernsehsendung ("Amazon-gnadenlos erfolgreich") mitbekam, sind es allein 44 Millionen, die bei dort Waren, nicht nur Bücher, bestellen. Die übrigen 44 Millionen drängen sich in den Discountern und Supermärkten. Und alle haben ihren Dreck am Stecken, behandeln ihre Mitarbeiter unwürdig und schlampen zunehmend bei der Qualität. Wenn ich ein Buch brauche, gehe ich in die Buchhandlung. Oder ich lade mir ein E-Book meiner Wahl auf meinen Reader. Ja, ich kaufe auch gern beim Aldi, da ist es angenehm, das Gemüse ist frisch, und es gibt immer ein Thema wie Spanien, Griechenland, Frankreich usw. An der Kasse geht es zügig voran. Trotzdem gab es auch da schon Schlagzeiten wegen der Mitarbeiter. Dass es auch anders geht, hat Tim Mälzer heute Abend gezeigt: Eine Familie kam eine Woche lang mit 150 Euro für fünf Personen aus, und zwar mit Bio-Lebensmitteln. Einzig deswegen, weil sie nicht die genormten teuren Waren, sondern die mit kleinen Macken gekauft und alles wiederverwendet hatten. Ich werde mein Konsumverhalten daraufhin mal wieder überdenken. Es muss ja nicht gleich die Kiste Apfelsinen direkt vom spanischen Bauern sein, so viel könnte ich niemals verbrauchen. Aber ich weiß jetzt, dass ich viel weniger kaufen muss, um das zu bekommen,was ich wirklich brauche: Gut schmeckende Lebensmittel.

Der dritte, persönlichere Punkt ist die Aufmerksamkeit und die Anerkennung von anderen, die jeder von uns benötigt (wenn das Wichtigste, nämlich die Lebensgrundlage, gesichert ist.) Ich merke, dass dieser Hunger nach Anerkennung bei mir weniger geworden ist. Meine berufliche Zeit habe ich erfüllt, ab und zu schreibe ich noch einen Zeitungsartikel für meinen Verein. Kürzlich traf ich eine ehemalige Klientin, die mich gleich umarmte, was während des Dienstes verpönt war. Ich habe drei Verlage wegen meines Romans über den dreißigjährigen Krieg angeschrieben (Backlist), ein kleiner, feiner E-Book-Verlag hat sich schnell gemeldet und die Exposés dieses und drei anderer Romane angefordert. Ich warte eigentlich gar nicht so richtig auf Antwort, wahrscheinlich kommt erst im neuen Jahr etwas, wenn überhaupt. Und ich freue mich über Rankings meines E-Book- Bundles vom Verlag, ohne davon viel zu erwarten. Im Moment glaube ich, dass sich mein Bedürfnis nach Anerkennung im Moment tatsächlich erfüllt hat, selbst bei Facebook und Twitter schaue ich nur noch ab und zu rein. Ich bewundere diejenigen, die sich da reinhängen, um am Zustand der Welt ein bisschen was zu ändern, aber das Gros sind doch diejenigen, die sich selbst beweihräuchern und Punkte sammeln. Wichtiger ist für mich jetzt, die Bude warm zu haben und mir zu überlegen, wie ich mir mein Leben in dieser durcheinandergequirlten Welt für mich und andere einrichten kann.