Donnerstag, 24. November 2016

Autsch! Das Schmerzgedächtnis beim Schreiben

Es ist mal wieder soweit. Seit drei, vier Wochen, gleich im Anschluss an einen länger dauernden grippalen Infekt, schmerzen meine beiden Oberarme und merkwürdigerweise auch das rechte Bein ganz intensiv. Mein Gedächtnis signalisierte mir, dass ich das mal nach intensivem Hacken im Garten und nach Belastung durch Computerarbeit gehabt hatte. Nach längerem Sitzen oder Liegen wurde es manchmal so unerträglich, dass ich dachte, ich könnte nicht mal mehr Auto fahren. Durch viel Wechsel zwischen Sitzen, Stehen, Liegen, Laufen und Schreiben im Stehen ist es jetzt auf ein Mindestmaß runtergefahren. Zum Handschriftlichen hat es nicht gereicht, denn meine Schrift ist nachgeradezu unleserlich geworden. Und wer weiß, ob unsere altvorderen Dichter und Schriftsteller nicht auch Armweh durch die ständig gleiche Handbewegung bekommen haben? Wenige, gut dosierte Iboflam halfen mir manchmal durch den Tag, die Schmerzgels brachten allesamt nichts. Ursache ist nach meiner Forschung das lange Aufstützen der Arme nicht nur am Computer. Und dass ich einmal dreizehn, einmal zehn Seiten am Stück geschrieben habe.

Heute nun wollte ich einen kleinen Beitrag dazu schreiben und googelte den vorgesehenen Titel Der verdammte Mausarm. Nanu, genau unter diesem Stichwort hatte ich ja schon mal einen Artikel dazu geschrieben, im September 2013! Da hatte ich von meinen Blogkolleginnen einige sehr gute Tipps bekommen, die ich auch ganz unbewusst jetzt umgesetzt habe. Nur das mit der Kortisonspritze (Tipp von Annette Weber) hatte ich vergessen. Das ist nun auch nicht mehr nötig. Damals war der Grund für das Malheur ein Lektorat gewesen, das ich an einem Wochenende durchziehen sollte. Petra van Cronenburg hatte mir gezeigt, dass es auch ganz anders geht bei solchen Anforderungen und dass sie oft auch nur aus Gedankenlosigkeit entstehen. Diesmal war es aber anders. Es gab und gibt keinen Druck von außen. Ich wollte nur meinem Roman Dampf geben, damit er irgendwann endlich fertig wird. Und die kurzen dunklen Rentnertage und die langen dunklen Rentnernächte verschönern. Dass das auch anders geht, habe ich in den letzten Tagen und Wochen erfahren. Der Schmerz zwingt einen ja dazu, mit dem schädlichen Verhalten aufzuhören und etwas anderes zu probieren. Das heißt zum Einen, rauszugehen und die Welt mal wieder unter anderen Blickwinkeln zu betrachten, zum Anderen, die Haltung immer wieder zu überprüfen, sowohl anderen als auch sich selbst gegenüber und sowohl in körperlicher als auch in mentaler Hinsicht. Auf jeden Fall noch einmal Dank an diejenigen, die mir vor drei Jahren Tipps gegeben haben! Von Anni Bürkl stammte der Hinweis auf den Bewegungswechsel. Und vielleicht gibt es ja noch einen Rat, wie man das Schmerzgedächtnis wachhalten kann, nicht immer mal wieder vergisst, wie weh das tun kann und nie wieder über die Stränge schlägt?

Samstag, 12. November 2016

An Weihnachten wirst du wieder zum Kind

Ein jeder von uns wird sich an die Weihnachten seiner Kinder - und Jugendzeit erinnern. Damals, als die Zeit noch viel langsamer voranging als heute. Als es geheimnisvoll raschelte in der Wohnung, wochenlang Adventskalendertürchen geöffnet wurden, der Duft nach Vanillekipferln aus allen Häusern drang und ein als Nikolaus verkleideter Vater an den Schuhen erkannt wurde. Die Glocke, die zur Bescherung ertönte, der Weihnachsbaum mit seinen knisternden Kerzen, die Weihnachtsgedichte, die Pute und der Karpfen, der immer so schleimig schmeckte, dass man nach Protest statt dessen ein Beefsteak erhielt. Diese Kinderweihnachten scheinen sich ganz tief ins Bewusstsein vieler Menschen eingegraben zu haben. Und ich glaube nicht, dass es heute so viel anders sein wird - würden sonst schon Mitte November Advenskränze und Weihnachtsbäume auftauchen mitsamt allem Flitter, Tand und Süßigkeiten? Nur die Auswahl der Geschenke wird eine andere sein, sie wird sich eher auf elektronische Geräte, Parfüm und Bücher beschränken.

Ich selbst hatte dieses Weihnachtsmodell auf die eigene Familie übertragen. Nur musste alles noch einen Tick interessanter, intensiver, schöner und duftender sein. Da waren es Bienenwachskerzen und selbstgebastelte Sterne an der Edeltanne, ein Rehbraten statt des Karpfens und mindestens sieben verschiedene Plätzchen, die gebacken werden mussten. Irgendwie merkte ich irgendwann, unter welchem Stress meine Eltern gestanden haben mussten, auch wenn sie nur halb so viel Weihnachtsaufwand betrieben. Und auch dann, als statt der Familie eine Patchwork-Familie entstand, ging es so weiter und so fort. Weihnachten wurde man wieder zum Kind, die Rollen wurden unweigerlich wieder die alten. Was so weit führte, dass mein Vater die Pute, die ich selber stundenlang in der eigenen Küche gebraten hatte, ohne Widerrede am Tisch zerteilte und jeder nur ein kleines Stück bekam. Das war die Initialzündung.

Etwa zwanzig Jahre später schrieb ich meine erste Kurzgeschichte - ein Weihnachtsmelodram und eine Humoreske, die sich über viele Jahre erstreckte. Das brachte ein wenig Distanz hinein, und doch war die Angelegenheit noch lange nicht zuende. Alljährlich zur Weihnachtszeit wälzen sich die Gedanken im Kopf herum: Wer, wo, mit wem und wie? Der eine will eine Fichte, der andere die Edeltanne. Rituale ja oder nein, Vatermutterkind und andere Vätermütterkinder, und was wird gegessen, und warum fährt man nicht endlich mal auf eine Berghütte oder in ein warmes Land, um all dem Trubel, dem Stress und Lärm, den kilometerlangen Staus zu entgehen? Alles nur dazu gedacht, die Menschen bis zur Entschöpfung anzutreiben, bis sie sich schließlich unter dem Tannenbaum anschreien oder versehentlich ein Feuer entfachen. Was ist der Grund dafür, dass sie sich derartig unter einen Zwang begeben, ohne dass sie jemand dazu gezwungen hätte?

In diesem Zusammenhang stieß ich auf einen Blog, der persönliche Dinge ausführlich, nicht nur in 140 Zeichen erklärt und nicht verspricht, dass es schnelle Lösungen gibt. Auf diesen Artikel: Weihnachten können Sie feststellen, wie erwachsen Sie sind. Da geht es um Erwartungen, Wünsche und Forderungen anderer, mit denen man sich entweder kindlich oder erwachsen auseinandersetzen kann. Kindlich sind Strategien wie Anpassung oder Rebellion, weil der Betreffende darin stecken bleibt wie in einem zu klein gewordenen Anzug. Man sollte sich einmal fragen, wie man selbst eigentlich am liebsten Weihnachten feiern (oder auch nicht feiern) würde. Und wie man das mit den (kindlichen?) Wünschen der anderen unter einen Hut bringen kann. Ich selbst bin noch am Überlegen. Wie immer mit reduzierten Edeltannenzweigen, Kerzen, Fondue Bourgignonne und Schneewanderung? Kinderbesuch, Weihnachtstrompetenblasen auf dem Kirchplatz oder Fackelfeuer? Und wenn es gar keinen Schnee gibt, wie meist? Wenn man im Regen und im Matsch stehen muss, um Rituale durchzuziehen? Oder Essen gehen? Sollte man einfach mal gar nichts tun, ohne Rituale? (Gerade wird im Radio von Weihnachten geredet, Weihnachtslieder werden gespielt! Das ist die Suggestion, mitmachen zu müssen.) Eines ist für mich auf jeden Fall sicher: Auf Tannenzweige und Kerzen werde ich nie verzichten, denn das Licht symbolisiert die Wintersonnenwende und damit das Näherrücken des Frühlings.

Dienstag, 8. November 2016

Das geheime Leben der Bücher

Anfang Oktober hatte ich das Glück, während eines Autorentreffens eine Live-Lesung des Bestsellerautors Peter Wohlleben zu hören. Er sprach über sein zweites Buch, Das Seelenleben der Tiere, das ebenfalls ganz hoch oben auf der Bestsellerliste landete. Es war spannend zu hören, wie einen so ein Ereignis treffen und das ganze Leben verändern kann. Ich habe das erste, signierte Buch Das geheime Leben der Bäume dann gelesen und war total begeistert. Über die Bäume habe ich viel gelernt, wie sie sich gegenseitig unterstützen, ihren Nachwuchs "stillen" oder wie die Buchen sich durchsetzen und niemand unter ihnen hochkommt. Tiere haben viel mehr Seelenleben, als man sich das bisher vorgestellt hat. Seitdem gehe ich mit anderen Augen durch den Wald und durch die Welt. Damit haben sich endlich einmal zwei Bücher durchgesetzt, die unsere Umwelt dem Menschen wirklich nahebringen. Aber ich habe mich auch an bestimmte Worte Wohllebens erinnert. Aller Erfolg, den man sich einmal erträumt hat, weltweite Bekanntheit und Reisen durch die Fernseh- und Radiostudios wiegen nicht die wirklich wichtigen Dinge im Leben auf: Die Beziehungen zur Familie und zu Freunden. Im Einklang zu sein mit sich selbst und seiner Umwelt.

Erfolg macht nur glücklich, das habe ich erfahren, wenn er in diesem Einklang mit sich selber und der Umwelt steht. Und wenn diese Ziele im Umfeld des Erreichbaren angesiedelt sind und die Messlatte nicht ständig zu hoch angelegt wird. In meinem neuen, arbeitsfreien und selbstbestimmten Leben hat sich der Fokus verschoben. Bücher zählen dabei zum größten gemeinsamen Nenner, daneben Museen, Musik, gutes Essen, die Natur und alle kulturellen Dinge. Menschen, die noch zuhören und sich zuwenden können. Das gilt auch für die Beziehungen in den sozialen Netzwerken, die durchaus zum Wohlbefinden beitragen können.
Was ich gerade schreibe, hat alle Zeit der Welt. Es führt mich an ferne und bekannte Orte und hilft mir, die graue, kalte Novemberzeit bis Ende Februar mit ihrem Bluespotential zu überbrücken.