Freitag, 19. Februar 2016

Die Katze am Fenster

Ein Fenster in Rothenburg o.d.T.
Manchmal, wenn ich morgens aufwache, höre ich eine Amsel ziemlich eindringlich rufen: Did-did, did-did, did-did, die Tonleiter rauf und runter. Das ist eine Warnung an ihre Mitvögel, dass wieder eine Katze in der Nähe sein muss. Ich schaue aus dem Fenster und sehe eine grauweiße vorüberhuschen und im Dickicht verschwinden. Das ist dann schon die vierte, die es sich in meinem Garten gemütlich macht, nach der weißen, der schwarzen und der bunt gescheckten. Fenster sind wie Türen: Man kann hinausschauen und auch von draußen hereinschauen. Allerdings verlässt man Häuser besser durch Türen als durch Fenster und kommt auch besser durch sie rein. Gestern Abend hatte ich meine Türen mal wieder durch Rolläden gegen allzu starken Katzenandrang abgesichert. Nur einen Spalt des Fensterrolladens ließ ich offen, um noch ein wenig lüften zu können. Irgendwann schaute ich mal raus, und genau in dem Moment schaute die weiße Katze herein. Für diejenigen, die ihre Vorgeschichte nicht kennen: Es ist eine Katze, die in der Nachbarschaft wohnt, meine Vermieterin oben und mich aber seit einem halben Jahr massiv um Futter angeht und sich in meiner Wohnung einnisten will. Wir lieben sie sehr, können ihr Verhalten jedoch auf die Dauer so nicht dulden.

Also die Katze schaute herein, blieb aber, wie überhaupt in letzter Zeit, still. Wenn sie nichts zum Futtern bekommt, rennt sie wie verrückt am Stamm des Walnussbaums hinauf, um Vögel zu jagen. Oder sie sitzt auf dem Rand des Komposthaufens und wartet darauf, dass eine Maus vorbeikommt. Katzen sind ja wie alle Haustiere domestizierte Wildtiere, und wenn sie nicht versorgt werden, erwachen ihre Instinkte. Nachdem ich nun die Katze, insgeheim nenne ich sie schon "Mitzi", weil sie immer so leidend-verträumt daherschaut, gesehen hatte, traf ich draußen bei den Mülltonnen meine Vermieterin. Natürlich sprachen wir über unsere Erfahrung mit der Katze. Kürzlich sei ein Hund bei ihr zu Besuch gewesen, da hätte sich die Katze nicht mehr blicken lassen. Der Grund dafür, dass sie uns beide quasi "adoptiert" hat, sei darin zu suchen, dass ihre Besitzer immer morgens zur Arbeit gehen und sie dann rauslassen. Fast alle Katzenbesitzer dieses Viertels gehen zur Arbeit und lassen ihre Katzen raus. Aber nur Mitzi scheint so liebebedürftig, dass sie sich deswegen gleich eine neue Wohnung suchen will. Vielleicht schmeckt es ihr bei uns auch nur besser, meinte die Vermieterin mit einem Zwinkern und lachte herzlich, als ich ihr von dem "schlechten Essen erzählte, das ich der Katze einmal angeboten hatte. Unser Gentlecat´s Agreement besteht jetzt darin, dass sie vorbeikommen darf, wenn sie sie sich "ordentlich" aufführt. Ordentlich heißt, nicht wie wild an der Tür zu kratzen,  zu schreien und herzzzerreißend zu miauen, an die Scheiben zu schlagen und auf den Briefkasten zu klettern, um Einlass zu fordern. Sie ist auch stiller geworden und wartet, bis irgendwann ein Fenster oder eine Tür aufgeht. Zudem hat sie ihr Ursprungsgewicht wieder erreicht, weil sie nicht mehr unkontrolliert gefüttert wird. Und wenn der Rolladen vorm Fenster oder der Tür runtergelassen ist, weiß sie, dass sie lieber heimgehen sollte.


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