Samstag, 20. Dezember 2014

Verlage versus Self Publishing

Angeregt durch die Diskussion im vorigen Beitrag und durch das Interview mit Carla Berling möchte ich mich noch  einmal mit meinen Verlags- und meinen Selfpublishererfahrungen beschäftigen. Dazu unterteile ich das, was mir persönlich wichtig ist, in einzelne Kategorien. Es handelt sich um vier verlegte Bücher in regionalen Kleinverlagen, um vier Printausgaben in einem überregionalen, größeren Verlag sowie um zwei selbst bei Amazon verlegte Kleinverlagsbücher. Dazu kommen noch fünf Verlags-Ebooks für einen Preis von durchschnittlich 6,99-7,99 Euro. Die laufen insgesamt schlechter als mein eigenes, nur bei Thalia haben sie manchmal ganz gute Rankings.

1. Sichtbarkeit
Die gedruckten Kleinverlagsbücher waren, wenn, dann nur in regionalen Buchhandlungen sichtbar. Die vier im größeren Verlag erschienenen Romane dagegen bundesweit mit einer "Laufzeit" zwischen zwei und neun Monaten. Das erste selbstverlegte war durch eine Verschenkaktion sichtbar und wurde massenhaft runtergeladen, danach verschwand es in der Versenkung. Das zweite selbstverlegte war ein halbes Jahr lang gut sichtbar und lässt jetzt allmählich nach. (wahrscheinlich würde eine Rabattaktion es wieder nach oben spülen).Beziehungsweise sei das vor Weihnachten normal, wie ich gerade erfuhr. Die meisten E-Book-Verkäufe gebe es am 26. Dezember.

2.  Kommunikation
Die Kommunikation war bei den Kleinverlagen unterschiedlich. Bei allen dreien gab es persönliche Kontakte, viele Träume, was man alles an Marketingaktionen starten könnte, die aber alle im Sande verliefen. Die Autorenpflege war bei zumindest zweien gut (s.u.). Bei einem dieser Verlage war die Kommunikation extrem schwierig. Die Kontakte zum größeren Verlag beschränkten sich auf den Agenten und einen Lektor, wobei der Agent die Autorenpflege übernahm. Im Selfpublishing ging und geht die Kommunikation reibungslos und schnell über den Support.

3. Marketing
Alle drei Kleinverlage haben einiges fürs Marketing getan: Anzeigen, Zeitungsartikel, Rezensionsexemplare. Der große Verlag hat seine Vertreter in die Buchhandlungen geschickt, und die ersten beiden Bücher genossen Aktionen wie "Buch des Monats bei Karstadt" oder einen "Weihnachtssondertisch" bei Thalia. Beim Self Publishing habe ich für das Buch, das nicht gut lief, wesentlich mehr getan als für das, welches in meinen Augen gut gelaufen ist. Das heißt, gezielte Drumherumwerbung auf verschiedenen Plattformen brachte höchstens was für den Aufbau der Marke, dagegen eine einmalige Rabattaktion beim zweiten ein halbes Jahr oder mehr Sichtbarkeit und Verkäufe.

4. Wartezeiten
Die waren bei den Kleinverlagen nicht lang. Hatte sie schnell gefunden, die Bücher kamen einige Monate nach Beendigung der Romane heraus. (Mit Ausnahme des ersten, da der Dichtergeburtstag erst zwei Jahre später war). Beim Großverlag dauerte die Vermittlung durch den Agenten sieben Monate, bis das erste Buch veröffentlicht war, vergingen dann mindestens ein bis eineinhalb Jahre. Das Selbstverlegen lag im Schnitt vielleicht bei 2 1/2 Monaten. Ein sechswöchiges Lektorat dazugerechnet wären ca. 4 Monate. Und dann kann man sofort veröffentlichen.

5. Abrechnungen
Die Kleinverlage haben pünktlich und sauber abgerechnet, immer im Frühjahr. Es waren immer dreistellige Zahlen. Beim größeren Verlag gab es Vorschüsse in vierstelliger Höhe, jedoch kamen die Abrechnungen mit den Jahren immer später, zuletzt erst im Juni statt Ende März. Begründung: Der Vorschuss, der Buch für Buch neu verrechnet wird, war noch nicht eingespielt. Man kann sich also kein Buch erlauben, das weniger gut geht als die anderen. Bei Amazon kann man sich auf die pünktliche Zahlung verlassen. In dem halben Jahr habe ich etwa das Gleiche verdient wie mit den Kleinverlagsbüchern insgesamt. Wenn man die Agenturprovision abzieht und berücksichtigt, dass der Vorschuss auf zwei Jahre verteilt ausgezahlt wird, habe ich in dem halben Jahr so viel verdient wie mit dem Großverlagsbuch im Jahr. Dabei hatte sich mein Debütroman bei Aufbau, "Die Nonne und die Hure" innerhalb von zwei Wochen 6000 Mal verkauft, in der zweiten Auflage noch einmal 5000 Mal.

6. Inhalt, Cover, Klappentext
Den Inhalt der Kleinverlagsbücher habe ich selber bestimmt, das Cover habe ich in einem Fall selbst ausgesucht, in den anderen beiden Fällen wurden sie mir vorgelegt. Der Inhalt der Großverlagsbücher war nicht ganz frei, Happy End erwünscht und so, die Cover sah ich zunächst erst dann, wenn sie bei Amazon erschienen. Später wurden sie mir zumindest in aller Eile vorgelegt. Die Selbstverlegten trugen natürlich ganz meine eigene Handschrift, ebenso die Klappentexte. Nun ja, alle Verlage haben sie selber gemacht und mir teilweise kurz vorgelegt.

7. Lektorat
Dauerte bei den Kleinverlagen vier Wochen bis drei Monate, beim Größeren 2 1/2 Wochen bis ein Wochenende. Allerdings wurden die Texte mit der Zeit auch immer "druckreifer". Was ich bei den Kleinen gelernt hatte, zahlte sich also später  aus. Auf jeden Fall waren die ersten Lektorate sehr viel intensiver -und im persönlichen Kontakt kam viel mehr Wertschätzung rüber.

Fazit: Die Sichtbarkeit ist bei Verlagbüchern wie bei selbst verlegten Büchern vorübergehend, kann aber bei Letzteren leichter wieder hergestellt werden. Die Kommunikation ist ingesamt beim Selbstpublizieren besser. Man hat da auch nie das Gefühl, Autor zweiter Klasse zu sein, wenn ein Buch nicht so erfolgreich ist. Das Marketing ist für mich beim Selbstpublizieren leichter. Wartezeiten, für mich besonders heikel, verkürzen sich beim SP drastisch. Die Abrechnungen kamen von Amazon und den Kleinverlagen pünktlich, allerdings von Amazon monatlich rückwirkend statt einmal im Jahr. Und man kann täglich seine Verkäufe und Ausleihen einsehen. Durch Kindle Unlimited verdient Carla Berling mehr als mit den Prozenten, die sie bei Kleinverlagen bekommen hat, wie sie in einem Interview sagt. Über Cover, Inhalt und Klappentext braucht man nicht mehr zu reden. Also spricht, wenn man nicht ein alteingesessener Erfolgsautor im Großverlag ist, eigentlich alles für Self Publishing.