Donnerstag, 13. März 2014

Steuerspektakel das Dritte - und Letzte!

Ja, das Drama mit dem Finanzamt ist noch weiter gegangen. In einem Land, in dem jemand Steuern in Höhe von 28,4 Millionen Euro hinterziehen kann und dafür dreieinhalb Jahre Gefängnis bekommt, kann man auch kleine Bundesbürger, Autoren und Pädagogen mobben, indem man sie um Stunden und Tage ihrer Zeit und ihrer Nerven beraubt. Apropos rauben, von der Staatsanwaltschaft Tübingen kam gestern der Bescheid, dass das Verfahren gegen die Piratenplattform eingestellt wurde, weil der Täter nicht zu ermitteln sei. Schöne Aussicht, sich mit Räubern, Dieben und Elstern herumschlagen zu müssen. Also, ich spielte den braven Bundesbürger, ergänzte alle Angaben in der elektronischen Steuererklärung und wollte sie abschicken. Das ging aber nicht, weil wieder rote Balken auftraten, die das Absenden verhinderten. In einer Nacht - und Nebel-Aktion reparierte ich sogar mein Windows Live Mail, vielleicht ließ es sich ja damit versenden. Nein, es war immer noch eine Elfo-Datei. Im Netz wurde ich dann fündig. Man muss sich Steuererklärungs- Software kaufen oder eben zum Steuerberater gehen. Aber wieso zum Steuerberater gehen, wenn ich doch alles ausgefüllt habe und es nur noch absenden muss? Das ist Nötigung! Vor allem deshalb, weil eine Strafe droht, wenn man es nicht bis zum Mai hingekriegt hat.

Ich schob es dann erst mal auf die lange Bank und wartete ein Treffen ab, das heute in unserer Stadt auf dem Vorzeigeplatz des Vorzeigecafés geplant war. Ja, ganz persönlich, unser verlorener Sohn ist zurück in Deutschland, endlich, nachdem er dreieinhalb Jahre (genau die Zeit, die Höneß absitzen muss) in Afghanistan Aufbauarbeit bei der GIZ geleistet hat. Am Dienstag fliegt er nach Neuseeland, wo er sich verdient von den Strapatzen der Bombeneinschläge, der Überstunden und des Eingesperrtseins erholen kann. Und fängt Ende Mai in Frankfurt-Eschborn eine neue Stelle an. Mit dabei waren auch mein Exmann, der Rechtsanwalt, und mein langjähriger Lebensgefährte, Drummer seines Zeichens. Schnell wurden die Männer sich einig, dass man es eigentlich machen müsste wie die Romanfigur bei Martin Suter (Die dunkle Seite des Mondes): Von den Konzernetagen hinunter in den Wald steigen, dort leben wie ein Neandertaler, halluzinogene Pilze essen und alles niedermachen, was einem in die Quere kommt. Was, das Finanzamt besteht auf der elektronischen Steuererklärung? Das sei nicht zulässig, da ist ja jeder genötigt, sich einen Computer oder Software zu kaufen und zum Steuerberater zu gehen! Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Nach dem Ende des Treffens marschierten wir durch den Sonnenschein zum Rathaus, wo ich die freundliche Dame am Empfang nach Papier-Steuererklärungen fragte, ob es die noch gebe, mir hätte man gesagt, das müsse jetzt alles am Computer gemacht werden. Sie lachte.
"Wo kommen wir denn da hin? Natürlich hat jeder die Wahl! Da müssten sich ja alle einen Computer kaufen, auch wenn sie gar keinen haben wollen. Hier bitte." Sie griff unter die Theke und händigte mir die vertraut raschelnden Bögen aus, sogar doppelt, falls man sich verschreibt. Im Triumpf des Augenblicks verließ ich das Vestibül. Jetzt weiß ich, welche Aufgabe noch vor mir liegt: die fertigen Daten auf Papier zu übertragen und mit einer saftigen Beschwerde ans Finanzamt zu schicken. Und nächstes Jahr werde ich gleich zu der freundlichen Dame im Vestibül gehen, und fertig ist es. Den Steuerberatern und Softwareherstellern will ich ja gar nicht unterstellen, dass sie aus Eigennutz an dieser Schraube mitgedreht hätten. Ebensowenig den Lehrern und Politikern, die seinerzeit eine völlig unsinnige und überteuerte Rechtschreibreform auf die schaudernden Bürger losließen. Auf jeden Fall aber sind das Dummejungenstreiche und Folterinstrumente für Leute, die den Computer nicht so beherrschen wie ihr eigenes Auto oder ihren Kühlschrank.