Fast sehne ich mich nach den Zeiten, in denen ich noch so richtig zweifeln konnte. Vielleicht sollte ich mal wieder mein Teufelchen befragen. Aber es ist mir abhanden gekommen. Den ganzen Sommer hat es sich nicht blicken lassen. Wahrscheinlich saß es bei einem Antiquar, hat ihn über die schlechten Zeiten hinweggetröstet, die Leute auf die besten Bücher hingewiesen und sich einen Ast gelacht, wenn welche vorbeigingen, die den Herrn der Ringe verschmähten, weil sie dabei den Schlachtenlärm nicht hören konnten.
Ich öffne meine Terrassentür. Eiskalte Luft strömt herein, Deutschland im Herbst 2009, es ist Winter. Die Zweige der Bäume starren zum Himmel hinauf. Und richtig, statt der Schnecken, Kröten, Grashüpfer, Spinnen und Asseln spaziert schlotternd das Teufelchen herein, blaugefroren.
Wo warst du denn die ganze Zeit, Teufelchen?
Ich habe versucht, etwas zu retten, was kaum noch zu retten ist.
Ich nehme es mit spitzen Fingern, weil es so kalt ist, und setze es auf die Heizung. Gleich taut es auf, reckt und streckt sich.
Was ist nicht zu retten?
Na, die Bücher.
Warum sollen die nicht zu retten sein? Wir Autoren schreiben uns doch täglich die Finger wund!
Na, weil die Bücher nur noch auf Märkten verscherbelt werden, die gehen über die Theken wie Butter nach dem Krieg.
Das ist doch gut so. Wie sollen sie sonst an die Leser kommen?
Aber verstehst du nicht-du, ihr alle seid die Deppen! Ihr bildet euch ein, Kulturträger zu sein, dabei seid ihr Zuträger des Profits! Für wenige, versteht sich.
Teufelchen, jetzt komm mal runter von der Heizung. Das war mir doch immer klar. Doch wie sollen wir die Leser erreichen, wenn wir nicht in den Buchhandlungen sind?
Das Teufelchen schnaubt. Es ist jetzt wieder warm, wendig und wonnig, wie ich es von früher her kenne.
Erinnere dich, sagt es eindringlich und hebt pädagogisch seinen Zeigefinger. Über dich hat mal eine Schreibfrau gesagt, du würdest nicht für die Massen schreiben. Deine Seegeschichte, da fehlten einer Leserin die Drachen in der Schlucht. Was wolltest du erreichen?
Ich wollte immer nur schreiben und gelesen werden.
Also, was tust du dann bei den Ketten? Das Teufelchen hüpft auf den Tisch, tanzt einen Walzer und singt. Die Kette kettet dich, zwei drei, im Nu bist du ein Nonamename,zwei drei, es kommt aus dem Takt, weil es ja kein Dreivierteltakt ist, stolpert und fliegt auf die Nase.
Mal im Ernst, frage ich, als es wieder senkrecht steht. Was soll ich machen, was sollen wir machen?
Nicht springen wie ein Fisch an die Angel, sagt es mit einer Leichtigkeit, die nun wieder mich erstaunt. Du musst nicht in jeden Köder beißen, es könnte dein letzter sein. Such deine Fischgründe aus, es gibt noch reichlich, nicht nur in Oberbayern, jage deine Beute und biete sie demjenigen an, der noch weiß, wie man Fische richtig räuchert. Karpfen, Schleie, Forellen. Oder fahr ans Meer, aber an eins, das noch nicht leergefischt ist. Dort kannst du vielleicht noch einen Fisch finden, mit dem du deinen Kampf ausfechten kannst.
Aber wer findet diese Fische, wenn niemand weiß, dass es sie gibt?
Wenn du gefunden werden willst, finden sie dich. Wenn du Kohle brauchst, pack deine Fische in liebesapfelrotes Bonbonpapier und lege sie in den Ketten aus. Das ist ein super Markt.
Teufelchen, du bist verrückt. Aber ich liebe dich, verlass mich nicht!
Ich will auch so ein niedliches Teufelchen!!!
AntwortenLöschenTeufelfan Petra
Kannste nich kaufen, musst dir selber stricken.:-)
AntwortenLöschenDas Schreibteufelchen