Sonntag, 1. Oktober 2023

Bücherflohmarkt und Hamburger Fischmarkt

Was unterscheidet einen Bücherflohmarkt vonm Hamburger Fischmarkt? Gestern haben wir es erfahren und mit allen Sinnen erlebt. Am Vortag hatte ich im Vorbeifahren einen gelben Zettel mit dem Hinweis: "30. September 2023 - Büchermarkt in Horb" gesehen. Da ist doch immer eine schöne Stimmung, sagte ich, gehen wir mal wieder hin! Der ganze Flößerwasen am Neckar war mit bunten Buden, Sonnensegeln und Bücherständen bestückt. Am meisten schien sich beim Klassik-Stand zu tun, mit Werken von Thomas Mann, Hermann Hesse und vielen anderen Werken aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Ich erstand einen Band mit Reisebeschreibungen aus dem 18./19. Jahrhundert und den Roman "Emma" von Jane Austen. Die anderen Stände boten alte Comic-Hefte, Gemälde mit alte Rahmen, CDs, Bibeln, Antiquarisches und viele, viele Krimis, Thriller und Liebesromane, die in den Jahren zuvor in den Buchhandlungen standen. Es ist ein stilles Bücherfest mit netten Leuten, die sich für diesen einen Tag engangieren und bald wieder abbauen müssen. Für diesen Einsatz gebührt ihnen ein großes Dankeschön.
Auf dem Rückweg, den wir wie meist durchs schöne Neckartal nahmen, wollten wir noch einen Kaffee bei unserem Rottenburger Italiener am gotischen Brunnen einnehmen. Das ist auch gelungen, jedoch war auf dem Platz zwischen Dom und Busbahnhof ein goßer Jahrmarkt zugange. Einem Plakat an einem Geschäft entnahm ich, dass es sich um den "Hamburger Fischmarkt" handle. Hamburger Fischmarkt, das war doch eine legendäre Einrichtung in Hamburg St. Pauli, wo in den frühen Morgenstunden der Sonntage Nachtschwärmer, Frühausteher und Touristen in Schwärmen durchziehen, um frischen Fisch zu kaufen, Aal-und Krabbenbrötchen zu essen und womöglich hinerher erst schlafen zu gehen. Einmal hatten wir einen Stand vom Hamburger Fischmarkt in Calw. Dort bekam icht zwei kleine Aale, zusammen mit anderen Räucherfischen in der Tüte. Ich bin eine absolute Liebhaberin von geräuchertem Aal, weil wir den früher immer zu Weihnachten als Teil der Fischplatte bekamen, heißt begehrt und heiß umkämpft. Später habe ich mir den im Brötchen am Frankfurter Hauptbahnhof gekauft oder von Verwandten über Amazon zum Geburtstag schicken lassen. Ob ich hier auch einen Aal finden würde? Das "Neckareck" von Rottenburg, der romantischste Platz am Ort
Es gab Volkmusikklänge, einen starken Fischgeruch, viele, viele Leute, die dichtgedrängt auf Bänken beieinandersaßen und panierte Fischstücke mit gebackenen Kartoffel aßen, lange Schlangen vor jedem Stand, auch vor dme Bratwurstgrill. Zwischen Hunderten von Leuten erhaschte ich einen Blick auf einen Räucheraal, von dem 100g 6,80 Euro kosteten. Und dafür eine halbe Stunde anstehen? Ach nee. Statt dessen erhielt ich an einem Stand, wo kaum jemand war, ein Brötchen mit Fischsalat, Zwiebeln und gegrilltem Roastbeef (für 12 Euro). Also, mit dem Hamburger Fischmarkt hatte das nicht das Gerinsgte zu tun. Aber vielleicht irre ich mich auch, und inzwischen geht es dort genauso zu. Ich verstehe die Leute ja, dass sie auf Weihnachts-und allen anderen Märkten und Events in Hundertschaften auftreten, sich die Beine in den Bauch stehen und alles mit sich machen lassen. Es ist die Nachfolgezeit und das Ergebnis von Corona, Krieg und Klimakrise, denke ich - so wie man in Zeiten der Pest auch feierte, dass die Schwarten krachten. Am Ende des Tages sahen wir noch einen Riesenhaufen Kürbisse zum Verkaufen am Straßenrand, daneben ein Ausflugslokal, wo die Leute schon wieder Schlange standen und sich aus großen aufgereihten Schüsseln reihenweise bedienten. Konsum ist möglichweise zum Lebensersatz geworden, Bücher kann man zwar auch konsumieren, aber man wird im Glücksfall davon nur geistig satt.

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