Montag, 24. April 2023

Abenteuer im tristen Alltag

Nach dem langen Winter haben wir inzwischen Ende April -und es fühlt sich teilweise immer noch winterlich an. Was kann man tun, um nicht ständig nur zu jammern und zu klagen? Wir haben die Sonnenstunden genutzt, um an besonders schönen Stellen zu wandern oder auch nur spazierenzugehen. Ganz in der Nähe, am Ufer der Nagold in der Schäferlaufstadt Wildberg.
Gestern dann brachen wir bei schönstem Sonnenwetter auf, stiegen bei einer Hütte aus und schickten uns an, einen Waldrandspaziergang anzutreten. Von Süden her näherten sich langsam dunkle Wolken, aus denen in der Ferne blaugraue Vorhänge zur Erde wehten. "Da drüben regnet es schon", sagte mein Partner. Ich lief los, er folgte, blickte sich aber immer wieder um. Zwei E-Bikefahrer hetzten an uns vorbei. Schon fielen die ersten Tropfen. Wenn es nun nichts wurde mit dem Spazierengehen (und von wegen falsche Kleidung), dann musste es doch wenigstens ein Sonntagskaffee sein.

In Herrenberg war alles besetzt. Richtung Autobahn befielen uns mal wieder Zweifel an der Menschheit. Ein endloser Strom von PKWs kam uns von der Stuttgarter Seite her entgegen. Wo waren die alle gewesen? Im Schlosspark von Ludwigsburg, im Blühenden Barock? In der Wilhelma, auf dem Frühlingsfest Cannstatter Wasen? Die neue Baustelle von Stuttgart 21 besichtigen? Hatten wir alles schon gesehen, lange bevor die Welt begann Kopf zu stehen. Bevor wir auf der Autobahn eingeklemmt werden würden, stoppten wir an der großen Bäckerei. An der Tür stand: Bitte Ticket ziehen! Upps? Eine andere Tür stand offen, es hielten sich drinnen und draußen noch mindestens 50 Personen auf, Stand 16.45. Die Bedienung deutete auf ihre Uhr. "Wir haben schon geschlossen. Kaffee to Go können Sie noch haben." Und wo den dann trinken? Draußen, wo ein eisiger Wind die Regentropfen vor sich her fegte?

 Wie es das Schicksal manchmal will, landeten wir dann doch noch auf der Autobahn. Sofort standen wir in einem riesigen Stau und stellten uns auf mehrere Stunden Wartezeit ein. Schöner Sonntagsspaziergang, das! Rechts sah ich eine schmale Straße, die zu einer Fabrik führte. Oje, wenn wir da abbogen und die Straße in der Fabrik endete. In diesem Moment bog ein Fahrzeug auf die Straße ab und wir hinterher. Nach endlosem Ritt durch die Pampa kamen wir auch wieder in ein Dorf. Dort aber tote Hose wie überall. Rettungsanker war dann unser Italiener in Ergenzingen. Die Wolken hatten sich verzogen, wir setzten uns auf die Terrasse und schlürften unsere Latte. Ein Pulk von lachenden älteren Damen in Wanderkleidung strömte aus dem Lokal, ein Radfahrer stellte sein Gefährt an die Brüstung und begann ein nettes Gespräch. Er war gebürtig aus Bietigheim, wo auch Bundespräsident Heuss und die Gruppe "Pur" herkamen. Dann waren die Wolken wieder da, es blitzte und donnerte, und ein Schwall kalten Wassers trieb uns in den Innenraum. Hier roch es nach Knoblauch und Oregano, und Pizza Salami. In einem Kreis von netten Menschen beschlossen wir diesen verdrehten und abenteuerlichen Tag.

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