Dienstag, 13. März 2018

Die Elster

Leberblümchen
Als ich vorhin vom Schwimmen zurückkam, saß eine Elster auf der Straße und stolzierte mit wippendem Schwanz zum Randstein hin. Ich lebe mit diesen Vögeln schon seit mehr als siebzehn Jahren in enger Nachbarschaft. Morgens höre ich sie schon in meinem Nussbaum tschackern. Bei Wikipedia und beim NaBu kann man mehr über diese intelligenten Tiere erfahren. Offensichtlich hat die Zersiedelung der Landschaft viele dazu gezwungen, sich in Gärten und Städten niederzulassen und sich von dem zu ernähren, was Komposthaufen und Abfalleimer hergeben. Dazu Spinnen und Würmer, Vogeleier, Kleinvögel und Echsen. Sie klauen keine glänzenden Gegenstände, sondern haben eine sogenannte Objektpermanenz, das heißt, sie merken sich, wo sie etwas versteckt haben und fressen es innerhalb von zehn Tagen auf. Diese Objektpermanenz haben sie nur mit anderen Rabenvögeln, mit Hunden und Affen gemeinsam. Wenn sie sich in einem Spiegel sehen, gucken sie dahinter, weil sie einen Artgenossen vermuten, bekämpfen ihn bisweilen auch. Mein Nussbaum scheint ihnen manchmal als Schlafbaum zu dienen, denn tagsüber zeigen sie sich weniger.

Beim Anblick dieser Elster auf der Straße musste ich an das vergangene Wochenende denken, an dem ich mich verzweifelt damit herumschlug, das Elster-Formular vom Finanzamt herunterzuladen. Ich konnte es einfach nicht fassen: Schon mindestens dreimal habe ich dieses Onlineformular mühelos ausgefüllt, die Vorschau ausgedruckt und alles ans Finanzamt übermittelt. Aber es kam zwei Stunden lang immer nur das Formular von 2016, nicht editierbar. Die Passwörter für ein neues 2017 stimmten angeblich nicht. Irgendwann stand ich mit senkrecht gerauften Haaren inmitten eines Chaos und wusste nicht mehr aus noch ein. Schließlich konnte ich doch keinen Steuerberater engagieren, nur um das elende Ding herunterzuladen. Dann ging es plötzlich doch, wie von selbst. Vielleicht hatte die kluge neckische Elster ein Einsehen gehabt. Bauchschmerzen machten nur noch die Stellen, die ich nicht auf Anhieb ausfüllen konnte. Da wird die betreffende Stelle rot, und nichts geht mehr. Gestern Abend hatte ich dann das letzte fehlende Aktenzeichen gefunden, und ab ging die Elsterpost. Heute den Brief mit dem gedruckten Formular in den Briefkasten gesteckt, und fertig war die Chose.  Als nächstes kommen dann die Exposés zum Verlag.

Morgen gibt es einen Halbfrühlingstag, bevor der Winter erneut zurückkehrt. Den werden wir in Haslach im Kinzigtal verbringen. Wenn man es doch machen könnte wie die Veilchen: Eins blühte heute unverdrossen im Eiswind am Fuße des Schlossbergs. Gestern besuchten wir einen Garten im Neckartal wie in jedem Frühjahr. Hinter einem Drahtzaun blüht es da immer ganz früh ganz blau. Neben Schneeglöckchen Krokusse und die Anemone blanda (Scilla haben wir letztes Wochenende unter einer Magnolie der Neckartenzlinger St. Jakobs-Kirche gesehen, einem prächtigen romanischen Bau aus dem Mittelalter). Der botanische Garten in Tübingen war noch sehr winterlich, bis auf ein paar Märzenbecher, Alpenveilchen und Leberblümchen - an geschützter Stelle unter Buchen. Gestern im Neckartal nun wartete schon der alte Besitzer an der Straße auf uns, als hätte er gewusst, dass wir vorbeikommen. "Der Winter war lang und schrecklich dieses Jahr" sagte er.