Sonntag, 15. Februar 2015

Wertschätzung des Autors

Ja, ich gebe es zu: Jedes Mal, wenn ich meine Verkaufsberichte bei Amazon abrufe und sehe, dass der rote Strich nach oben gegangen ist, habe ich so ein warmes Gefühl im Bauch. Beim blauen ist dieses Gefühl nicht ganz so warm. Gott sei Dank oder dem Leser sei Dank haben sich die roten Striche jetzt wieder  vermehrt, die blauen sind eingeschmolzen. Vielleicht haben die Leser gemerkt, dass sie gar nicht so schnell lesen können, wie die Ausleihmodalitäten bei Kindle Unlimited es vorschreiben. Bin ich nun eine Autorin, die es nur auf Verkäufe und auf Verdienst abgesehen hat? Nein, und nochmal nein, da müssen wir schon tiefer hinter die Kulissen der Akteure schauen. Und es wird dann auch ganz schön vertrackt. Ich empfinde diese Käufe der Leser als Wertschätzung. Der Wunsch danach ist eine ganz alte und starke Motivation eines jeden Menschen und somit auch eines jeden Autors. Ich habe gestern, nach einem unerwartet schönen Tag mit Ausflügen, einmal in Autorenblogs herumgeschaut und ältere Beiträge von Kollegen und Kolleginnen gefunden, die mir zu denken gegeben haben. Da war die Rede von dem Capuccino und vielleicht noch einem Kuchenstückchen, das sich eine Autorin vom Verdienst eines Buches leisten konnte. Ein anderer beschrieb, wie er als A-Autor mit Hunderttausenden von Verkäufen den Bettel schmiss und seitdem zwischen Verlagen und Self Publishing hin und her pendelt. Bei Montsegur gab es gerade eine Diskussion zum Artikel "Schreiben ist ein Hobby der Reichen". Selbst absolute Bestsellerautoren fühlen sich in dem Karussel, in dem von allen Seiten am Verdienst genagt wird, nicht mehr wohl. Der Satz einer britischen Autorin spricht Bände:„In 2012, Susan Hill, author of The Woman in Black, told her Twitter followers that she was broke, in spite of the fact that the film of her book had earned £100 million worldwide.“

Dazu möchte ich mal eine eigene kleine Rechnung aufmachen. Nach Abzug aller Steuern und der Agenturgebühren bleiben mir von einem Taschenbuch, das 9,99,-E kostet, 0,20,-E pro Buch. Das wird dann alles mit dem Vorschuss verrechnet und man kommt selten in schwarze Zahlen. Gäbe es diesen Vorschuss nicht, würde ich mit 11 000 verkauften Büchern 2200 Euro verdienen.
Jetzt gucken wir uns mal die Variante des Self Publishings an. Neuerdings muss Amazon ja 19% Mehrwertsteuer abziehen. Wenn mein Buch 3,99,-E kostet, wären es 70% von 3,23,-E, sind 2,26. Davon noch mal 7%, die der Fiskus draufschlägt, machen immer noch 2,10,-E pro Buch. Würde ich das 11000mal verkaufen, hätte ich 23 100,-E in der Tasche. Bei 500 Stück wären es immerhin 1050,-E. Wenn ich den Preis anpasse und 4,49,-E für das Buch nehme, wären es 3,64 nach MWS, 70% sind 2,55 E. Minus 7% 2,37,-E. Endergebnis: 1.275 Euro bei 500 Verkäufen!
Wie würden Sie entscheiden, wenn Sie ein Buch geschrieben hätten?

Der Besuch in einer großen Traditionsbuchhandlung in Reutlingen gesetrn zeigte das ewig gleiche Bild, seit Jahren. Ein paar Büchertische, eine lange Krimiwand, drei Regale Historische (nanu, da waren doch vorher nur zwei gewesen?), allgemeine Romane, die Regionalecke und große Flächen mit Billigware. Dazwischen rosa und hellblauer Tand sowie Jungs mit Schwertern, die sich wie im Kino bekämpfen. Ein eigenes Buch gleich welcher Couleur wäre hier unauffindbar. Dagegen scheinen meine Bücher im Internet gefunden zu werden, auch wenn mir die Kanäle nicht immer so durchsichtig sind.

Ich gehe davon aus, dass wir Autoren wertgeschätzt werden wollen. Wir möchten Anerkennung für die Leistung bekommen, die wir erbracht haben, wie jeder andere Schaffende auch. Und wir möchten für diese Leistung bezahlt werden und nicht noch denen dankbar sein müssen, die meinen, das kostenlose Herunterladen und Lesen sei schon Wertschätzung genug. Da es keine anderen Wertschätzungen gibt zur Zeit und ich wieder mal auf eine Entscheidung warten muss, halte ich mich an die Leser, die mein Buch herunterladen und dafür einen mehr als fairen Preis zahlen.