Wer kennt das nicht: In der Schlange an der Supermarktkasse stehen, gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit, hinter einem träge dahinschleichenden Auto herfahren, das man nicht überholen kann, warten, bis das Eierwasser kocht? Ich selbst war schon immer ein extrem ungeduldiger Mensch. Ständig ging mir immer alles viel zu langsam. Du bist zu ungeduldig, wurde mir oft gesagt. Wenn mir als Kind eine Bastelei nicht sofort gelang, habe ich sie hingeschmissen. Später, als ich regelmäßig mit dem Computer arbeitete, zeigte sich das ganze Ausmaß meiner Ungeduld. Auch hier ging alles viel zu langsam, dann stürzte er auch noch ab, oder ein Text verschwand auf Nimmerwiedersehen in der Datenhölle. Da hätte ich manchmal schon am liebsten ins Sofa gebissen oder Rumpelstilzchen gespielt! Dann brauchten meine Mitmenschen, unter anderem die Verlagsmitarbeiter, immer eine Ewigkeit für Entscheidungen. Nur deswegen war ich manchmal versucht, alles hinzuschmeißen.
Die härteste Geduldsprobe war eine Kopfoperation, der ich mich vor dreißig Jahren in der Mainzer Uniklinik unterziehen musste. Da wurde ich drei Mal wieder nach Hause in den Schwarzwald geschickt und musste auch nachher noch ewige Wartezeiten über mich ergehen lassen. Damals hatte ich mmer mein Strickzeug dabei, selbst in der Intensivstation.
Auf der anderen Seite wird mir immer wieder extreme Geduld bescheinigt, besonders, was meine Arbeit mit Menschen betraf und eigentlich auch mein Schreiben betrifft. Ich möchte da einmal die Begriffe trennen. Das eine ist Langmut, das andere die kurzfristige Geduld, würde ich sagen. Dazu habe ich einen Artikel gefunden, der ein Experiment beschreibt. Alles kommt zu dem von selbst, der warten kann. Kindergartenkinder bekamen einen Marshmallow vorgesetzt, und es wurde ihnen gesagt, dass sie ihn gleich essen könnten oder aber später, wenn der Versuchsleiter wiederkommt, dann bekämen sie noch einen. Es ist rührend zu sehen, wie die Kinder mit der Geduldsprobe umgingen. Und natürlich entwickelten sich die geduldigeren Kinder später als erfolgreicher und gesünder. Man könne als Erwachsener die Fähigkeit zur Geduld nicht grundsätzlich neu lernen, jedoch könne man sie nachbessern. Auf der anderen Seite habe die Ungeduld auch kreative und fortschrittliche Funktionen. Wäre ich nicht so ungeduldig gewesen, hätte ich nicht so viel an Geschriebenem produzieren können. Und hätte ich keinen Langmut besessen, hätte ich weder auf Verlage noch auf Agenten warten noch selber publizieren können. Und hätte meinen schönen, aber nicht leichten Job hingeschmissen. Vielleicht ist es doch die richtige Mischung?
Ach ja, es gibt ein paar Tätigkeiten, bei denen ich große Geduld zeige. Beim Zuhören. Beim Lesen. Beim Schreiben und sogar beim Kreuzworträtsellösen, womit ich meine Geduld sogar trainieren kann.
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