Freitag, 5. April 2013

Unnennbare Tage

Am Ostermontag begannen wir unseren Tagesausflug in Bad Imnau, einem Stahlbad hier in der Nähe, das seit dem 18. Jhrhundert besteht und Schauplatz einer Liebe im 19. Jahrhundert war. Hier besuchte Wilhelm Waiblinger, der "feuerköpfige" Freund von Eduard Mörike, seine Julie, derentwegen er aus dem Tübinger Stift hinausflog, später nach Rom ging und jung verstarb. Montag war der 1. April, aber es war so kalt, dass wir beschlossen, weiter nach Süden an den Bodensee zu fahren. Auch der war Schauplatz für einen Dichter, der unvergessene Gedichte schrieb und dessen einzige Liebe letztendlich unerfüllt blieb.

                                       Unnennbare Tage
                           Hier lieg' ich auf dem Frühlingshügel,
                            die Wolke wird mein Flügel,
                              ein Vogel fliegt mir voraus.
                          Ach, sag' mir, alleinzige Liebe,
                            wo du bleibst, dass ich bei dir bliebe!
 

                              Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
                          Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
                            es dringt der Sonne goldner Kuss
                              mir tief bis ins Geblüt hinein;
                          die Augen, wunderbar berauschet,
                            tun, als schliefen sie ein,

                             nur noch das Ohr der Biene lauschet.
                          Ich denke dies und denke das,
                           ich sehne mich und weiß nicht recht, nach was.
                            Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
                          mein Herz, o sage,
                            was webst du für Erinnerung
                              in golden grüner Zweige Dämmerung?
                          Alte, unnennbare Tage!


                             (Eduard Mörike, 1804-1875)