Samstag, 17. März 2012

Das finstere Tal

 Heute verzichten wir einmal auf den Besuch in Tübingen, man weiß ja längst, was einen da,auch in den Buchhandlungen, erwartet. Statt dessen landen wir in Nürtingen, der Hölderlin- und Mörikestadt. Aber auch dort gibt es eine gut sortierte Buchhandlung, an der wir nicht vorbeikommen. Schön, dass meine Hure und der Mönch dort immer noch zwischen den Spitzentiteln liegt. Mein historischer Krimi wurde von der Buchhändlerin von den Historischen zu den Regionalkrimis gestellt. Durch diesen Akt wiederum wurde ich fündig mit "Das finstere Tal" von Thomas Willmann, ausgezeichnet mit dem Stuttgarter Krimipreis, ein Genremix erster Güte, heißt es. Nach dem Klappentext klingt er genau so, wie ich Krimis gern habe (und wie ich liebend gern mal einen schreiben würde, wenn ich könnte!). Ein Maler kommt in ein abgelegenes Alpental, von den Bewohnern misstrauisch beäugt Sie werden vom Schnee eingeschlossen und dann geschehen Morde ...Ich habe es noch nicht angefangen, werde es gleich tun, aber es hat unsere Phantasie schon angeheizt. Bei einer Wanderung auf der Schwäbischen Alb entdeckten wir ein so genanntes Höllenloch, gleich darauf ein totes Reh, das mit einem Pfeil erschossen zu sein schien. Am nächsten Tag wird eine Leiche in dem Höllenloch entdeckt. Was verschweigen die Einwohner des Dörfchens? Welche Geheimnisse sind in ihrer Kirche verborgen, dass sie uns nicht reinlassen wollen, und warum ist der Reporter fluchtartig weggelaufen, als wir kamen? Da sieht man wieder einmal, wie die Themen auf der Straße bzw. im Wald und auf der Wiese liegen!
Edit: Inzwischen habe ich das Buch von Willmann schon gelesen, konnte es nicht mehr aus der Hand legen, wie man so schön sagt. Es hat vom ersten Augenblick an reingerissen, schon durch die archaisch anmutende Sprache, die sehr dicht am Geschehen ist, wenn auch nicht in der Perspektive ihrer Figuren. Das atmet alles, es rennt, qualmt, tut weh, es rinnt der getaute Schnee. Alles beginnt ganz harmlos,
ist aber zunehmend von Schatten überdüstert, die den Showdown ahnen lassen. Dieser Roman ist nicht nur eine Mischung aus Alpenroman, Krimi und Western, da schauen nicht nur Ludwig Ganghofer und Sergio Leone heraus, sondern auch Patrick Süskind, "Spiel mir das Lied vom Tod" und Thriller, die in den Bergen spielen. Dass es völlig ohne Ermittler auskommt, ist der Tatsache geopfert,dass manches wenige doch ein wenig zu unglaubwürfig erscheint. Ich war mir nie sicher, ob die Geschichte im 18. Jahrhundert spielt oder am Anfang des 20.Jahrhunderts (Na ja, elektrisches Licht werden sie in den Alpenhochtälern lange nicht gehabt haben).
Aber bis wann gab es das Recht der ersten Nacht? Bis Anfang des 19.JH, und Zigaretten gab es seit 1850, die man aber sicher nicht mit Zunderschwamm und Feuerstein anzündete. Zwischendurch dachte ich auch an Parodie und an Sebastian Fitzek, bei dem ich mich auch manchmal gefragt habe, wozu eigentlich der ganze tolle Plot. Na, wenn, dann eben zur uneingeschränkten Unterhaltung! Eigentlich hat Willmann auch alles parodiert, was je zu dem Thema geschrieben wurde, Preise einheimste und Besteseller wurde ("Tannöd"). Für alle, die ermittlerlose Krimis und Thriller, in einer atemberaubenden Landschaft hautnah geschildert, lieben, die sich durch eine ewige, etwas verwirrende Rückblende und durch Perspektivenwechsel nicht drausbringen lassen und die sich auf einen gefahrvollen Ritt in ein düsteres, in jeder Hinsicht rückständiges und von der Außenwelt abgeschnittenes Tal begeben wollen, in dem kaum gesprochen wird, was sich in spärlichen Dialogen niederschlägt. Das finstere Tal werde ich auf jeden Fall nie wieder vergessen!

"Höllenloch" auf der Schwäbischen Alb