Freitag, 17. September 2010

Was soll ich heute kochen?

Immer, wenn ich mir überlege, mit welchem Projekt ich beim Schreiben weitermache oder was ich heute schreiben könnte (man merkt, dass ich in der notwendigen Ruhephase bin, gell?), fällt mir dieser Witz von der Hausfrau ein, die auf einem Marktplatz ein Schild hochhält:
Was soll ich heute kochen?
Da sie in der Nähe der Buchhandlung steht, erhält sie vielfältige Antworten. Die Luft schwirrt von Kochrezepten, die ihr aus allen Ecken zugerufen werden.
Blut ist vom Feinsten, wispert eine junge, bleiche Schöne, ist nahrhaft und gesund und vor allem unverfälscht. Wer es variieren oder etwas Festes zwischen den Zähnen haben möchte, mixe sich eine Bloody Mary oder brate ein Steak englisch.
Bloß nicht!, protestiert ein anderes Buch. Bloß keine Tiere essen! Habt ihr die Skandale schon vergessen?
Und wenn ihr seht, wie alles in Verwesung übergeht, vergeht euch sowieso der Appetit, schaltet sich ein anderes ein. Denkt an die Maden, die lederartige Haut. Denkt daran, wie es ist, neben einem Folteropfer Fleisch zu schneiden, mit Peperoni, in Ringe geschnitten, anzubraten und langsam verkohlen zu lassen, derweil du auf die Pirsch nach dem nächsten Opfer gehst!
Ipfuiteufel, meint Chamisso auf seiner Weltreise. Dazumal haben wir noch Delphine harpuniert, sie schmecken aber nicht so gut wie die Haie.
Ihr mit euren kleinkarierten Rezepten, wirft Z., ein Bestsellerautor, ein. Kocht doch mal so was richig Revolutionäres, etwas, das die ganze Nation umrührt!
Die Hausfrau guckt ratlos. Was vor ihr an den Ständen angeboten und marktbeschrien wird, besteht aus Kartoffeln, Kohl, gelben Rüben, Fleisch, Fisch, Wurst und Käse, Butter, Eiern, allenfalls noch Tee, Gewürzen und Honig.
Bleib im Lande und nähre dich redlich, heißt es weiter. Die Leute mögen Bodenständiges, Heimisches, das sie wiedererkennen.
Viel zu langweilig, kontert ein amerikanischer Bestseller. Ihr müsst serienmäßig kochen, mit Blut, Innereien, Fleisch, und das Ganze immer neu variieren.
Die Hausfrau ist bleich geworden.
Also, nach den Rezepten wollte ich eigentlich nicht kochen. Ich nehme dann mal Tomaten und grüne Bohnen von der Reichenau, einen Braten vom Halleschen Landschwein, der dann in Dunkelbiersoße geschmort wird, Zucchini aus Italien, spanische Chorizo, französischen Hartkäse und Bodenseefelchen. Vor dem Hauptgang gibt es ein Amuse Geule, zum Nachtisch ein Sorbet surprise. Oder vielleicht auch mal wieder russischen Borschtsch, nach kreativem Speialrezept gekocht, dafür bräuchte ich noch rote Bete und Diverses, oder Tapas: Gambas in Knoblauchöl, Albondigas in Tomatensoße, schwarze Oliven, Artischockenherzen in Vinaigrette, eine Tortilla mit Krabben, und danach den unvergleichlichen Flan
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