Dienstag, 14. September 2010

Das Chamäleon

Ich bin keine Künstlerin, sondern ein Chamäleon, das habe ich jetzt herausgefunden. Ein Chamäleon ist landläufig ein Wesen, das sich farblich seiner Umgebung anpasst (um sich zu tarnen, nehme ich an, und um besser an die Fressbeute zu kommen). Das war nämlich so:
Als ich in der Schule war, wollte ich Buchhändlerin werden. Damals verdiente man bei Thalia aber so wenig, dass mein Vater mir heftig abriet. Statt dessen wurde ich Sozialpädagogin. Während des Studiums schrieb ich für Scheine (nein, keine Geldscheine, auch wenn man das jetzt denken könnte) und am Schluss eine Diplomarbeit, weil es sich so gehörte. Dann kamen die großen Bewegungen, und ich schrieb politisch, weil damals das Wort noch ein erhebliches Gewicht hatte.
Als ich ein kleines Kind hatte, wollte ich ein Kinderbuch schreiben, später einen Mediationsratgeber. Es hätte auch ein Erfahrungsbericht werden können, mit dem ich viele erreicht hätte, denn Mediation war zu der Zeit noch ein Fremdwort. Später fing ich begeistert an zu wandern und schrieb Wanderberichte. Als das Moos der frühen Schreibjahre abgebröckelt war, folgten Kurzgeschichten, die ich in einer stürmischen Oktobernacht im Computer entdeckte, vor fast genau zehn Jahren. Aus den Kurzgeschichten wurden erste Romane. Ich schrieb über einen Dichter, weil ich den schon aus der Vorzeit kannte und schrieb historische Geschichten, weil unser Geschichtslehrer uns zu wenig über die Leute damals erzählt hat. Wenn die Warterei mal wieder zu nervig war, schrieb ich Wander- und Ausflugsberichte und siehe da, auch dafür gab es verlegerische Interessenten.
Was bleibt zu tun? Was ist der nächste Schritt? Jetzt müsste ein Ratgeber über Burnout folgen. Und als Schlussrakete ein Psychiatrie-Thriller! Bis zu den Rentnerkrimis ist ja noch ein wenig Zeit.:-)
Preisfrage: Was wäre gewesen, wenn ich Buchhändlerin geworden wäre?