Sonntag, 25. Juli 2010

Ver-rückte Autoren

Das, was Petra van Cronenburg auf meinen letzten Eintrag in ihrem Blog beantwortet bzw. den umstehenden bunten Autorenhäusern zugerufen hat, ist mir wie aus der Seele geflogen.
Auch ich würde heute jedem, der veröffentlichen will, empfehlen, sich erst einmal auszutoben, so wie man sich austobt, bevor man sich "ewig" bindet. Heutzutage sind das ja die Junggesellenabschiede, die diese Funktion übernehmen. Vielleicht kann ich noch mal kurz-und sehr subjektiv-zusammenfassen, wie ich diese ganzen Phasen erlebt habe. Ich erinnere mich genau, dass ich früher sozusagen"mit glühenden Ohren und fliegendem Atem" schrieb. Es war - und ist -ein besonderer Rausch, ein Glücksgefühl, das aus dem Bauch kommt, wahrscheinlich vom Solarplexus, den ich an dieser Stelle vermute. Es warf mich, für die Dauer des Schreibens, immer aus der Realität, und das ging weiter, bis ich mir Orte aussuchte, die mich wieder dorthin zurückbrachten, Cafés zum Beispiel, die ich vor meiner Arbeit am Nachmittag besuchte. Als Übergang schrieb ich auch dort. Während der Romane war ich immer halb weggetreten, weil ich mir neue Szenen ausdachte. Dann wurde ich manchmal gefragt: Wo bist du denn grad? Naja, in der Provence...in einer anderen Stadt, in einer anderen Zeit.

Mein erster Roman war unfertig, als ich ihn aus lauter Ungeduld schon anbot.
Die Lektoren von Klett-Cotta gaben mir wertvolle Hinweise und fanden ihn auch teilweise sehr schön. Da habe ich mich noch mal gewaltig auf den Hosenboden gesetzt und ihn fertig geschrieben. Aufgrund des Exposés hat ihn der vierte oder fünfte Verlag genommen-und mit dem Lektorat ihn in drei Monaten zusammen mit mir auf Hochglanz gebracht. Erst heute waren wir bei einem Ausflug in Lahr, wo dieses Lektorat seinen Anfang nahm. Bevor ich den Vertrag bekam, hatte ich schon den zweiten Roman angefangen. Es ist also, wie es der geneigte Leser schon ahnen wird, eine Geschichte der Ungeduld und der "kreativen Fülle". Dieser zweite Roman wurde sofort von einem anderen kleinen Verlag genommen, wieder ein Treffen, wieder ein Lektorat. Nur standen die Bücher nicht in den Buchhandlungen, wie ich zerknirscht bemerkte.

Eigentlich wollte ich mal weg von den historischen Romanen -und schrieb einen Gegenwartsroman mit Vergangenheitsbezug. Darin war aber nun wieder-vertrackt-ein historischer Roman verborgen, mit dem ich schließlich bei einer Agentur landete. Mithilfe dieser Agentur kamen zwei Bücher für fast ein Jahr in die Buchhandlungen und verkauften sich sehr gut. (Der dritte steht noch aus). Das hat meinem Schreiberego natürlich sehr gut getan. Dass der historische Roman langsam das Ende der Fahnenstange erreichen würde, wusste ich ziemlich bald, denn der Markt war übersättigt. Das ist der Moment, in dem ich mich gerade befinde. Die Schere, die es noch zu knacken gilt, heißt: Genrewechsel sei schwer und ohne Pseudonym fast nicht zu schaffen! Deshalb probiere ich gerade so viel herum mit Kalendern und Anthologie und Baden-Württemberg-Projekt. Das Gefühl des Solarplexus kam übrigens mit meiner "Pilgerin" zurück, weil ich mir das Thema ganz allein ausgesucht und ohne Verlagsaussicht geschrieben habe. Da dachte ich nicht: oh, diese exotischen Schauplätze gehen aber nicht, oh je, was werden sie zu den Landschaftsbeschreibungen sagen, ui, da ist ja ein Fantasy-Element drin-nein, ich habe gedacht, wenn das jemand liest, dann liest er es gern. Ebenso war es mit dem Letzten, dem Florenz-Roman. Der war wieder so ganz meiner. (Aber e i n e n Roman konnte ich nicht schreiben, weil das 18. Jahrhundert "nicht geht". Jetzt geht gar nichts mehr mit Historischen, seltsamer Ausgang eines millionenfachen Geschäfts!) Und ich relativiere meine Aussage: Der Traum vom Schreiben ist ausgeträumt in: Falsche Träume und falscher Rat können in den Frust führen, wenn nicht gar in den Burnout. Ab und zu ist Innehalten angesagt und eine Bilanzierung des Erreichten. Und ob das noch mit dem, womit man angetreten ist, zusammengeht und harmoniert.