"Ein schöner Tag zum Laufen, nicht wahr?", rief mein Begleiter ihm zu. Erst beim dritten Mal reagierte der Mann.
"I muaß laufe", sagte er. "Bin gestern aus dem Krankenhaus komme, Operationen, brauche Sauerstoff."
"Das ist recht", meinte mein Begleiter. "Nur net einroste."
Der Mann wurde gesprächig, zeigte uns einen Rundweg, den wir laufen konnten.
"Bin 93 jahre alt", gestand er stolz.
Wir waren baff. Ein Auto fuhr langsam vorbei.
"93 Jahre!", rief mein Begleiter den Insassen zu. "Wenn das kein Vorbild ist!"
Dann liefen wir los.
"Ja, ihr seid etwas schneller", sagte der Mann und stapfte voran.
Wir liefen unsere lange Runde zwischen Maisfeldern hindurch, an deren Rändern Sonnenblumen standen. Sie hatten ihre Gesichter von der Sonne abgewandt.
"Vielleicht gucken sie nur nach Osten, wo die Sonne aufgeht", vermutete ich. In den Wäldern standen massenhaft Pilze, die aus dem triefenden Moos geschossen waren. In der Ferne rotdachige Häuser und die blaue Mauer der schwäbischen Alb. Ganz unspektakulär, das alles, und doch unvergesslich. Ich habe das Buch "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" nicht gelesen, aber ich vermute, dass diesen Erdenbürger dasselbe antrieb wie unseren Wanderer: Es ist nie zu spät, noch einmal loszugehen.
Gefällt mir sehr, dieser Beitrag, liebe Christa!
AntwortenLöschenVor allem, weil er so fein das erdende, ganz normale Leben da draußen in der Natur zeigt, wo man den ganzen nervigen Sabbel des Alltags immer so schön abschütteln kann. Ich freue mich auch schon, wenn mein Hund bei fallenden Temperaturen mehr Lauflaune entwickelt, um Studen durch Wälder zu streifen.
Herzlichst, Petra
Hat mir auch sehr gefallen, diese
AntwortenLöschenGeschichte da draußen ...davon kann man dann wieder zehren bis zum nächsten Mal. Fast nirgendwo außer beim Unterwegs sein draußen kann ich so gut abschalten.
Herzlichst
Christa