Montag, 30. Oktober 2017

Raben

Raben seien nicht besonders beliebt, habe ich kürzlich in einem Fernsehbericht gehört. Und das wundert auch nicht, wenn sie zu Hunderten und Tausenden in den Bäumen sitzen, die Anwohner mit ihrem Krächzen in denWahnsinn treiben und mit viel List und Tücke umquartiert werden müssen. Von solchen Gedanken war wohl auch Georg Trakl besessen, als er Anfang des letzten Jahrhunderts dieses Gedicht schrieb:

                      Die Raben
Über den schwarzen Winkel hasten
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei
Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.

O wie sie die braune Stille stören,
In der ein Acker sich verzückt,
Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,
Und manchmal kann man sie keifen hören

Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,
Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug
Und schwinden wie ein Leichenzug
In Lüften, die von Wollust zittern.


Georg Trakl
(Gedichtausgabe 1913)
Ich selbst mag allerdings Raben. Nicht nur, weil sie zu den klügsten Tieren überhaupt gehören. Es wurde gezeigt, dass sie dazu fähig sind, zusammen zu arbeiten. Wenn ein Tablett mit Futter an beiden Seiten nur durch zwei Fäden gleichzeitig herangezogen werden kann, warten sie solange, bis der andere da ist und ziehen dann gleichzeitig. Oder sie werfen Nüsse auf die Straße, lassen sie von Autos überfahren und picken sie an einer Ampel auf. Der Rabe ist treu und gilt als Symbol der Weisheit, im Mittelalter allerdings auch als böses Omen. Weil er mir so lieb ist, habe ich ihn als Symbolfigur für meinen Roman aus dem Dreißigjährigen Krieg verwendet, der jetzt frisch und neu seinem Ende entgegengeht. Vielleicht kann ich ihn im Jahr 2018 veröffentlichen, wenn der 400 Jahre seit dem Beginn dieses großen, verheerendeneuropäischen Krieges gedacht wird. Ein Rabe auf dem Cover würde sich ebenfalls gut machen, oder ein Baum mit Raben.