Samstag, 9. April 2016

Generation "Kopf unten" und die kleinen Fluchten

Neben allem, was ich auch schon im Fernsehen und im Internet mitbekommen habe, las ich heute einen Zeitunsartikel über die sogenannten Smombies. Smombie ist ein Begriff, der sich aus "Smartphone" und "Zombie" zusammensetzt. Vom Rückschritt des Fortschritts: Digitaler Burnout, Smombies & Generation Head-Down Das beginnt schon mal recht lustig mit einer Darstellung des aufrechten Gangs bei Menschen, der erst auf allen Vieren kriecht, allmählich auftsteht, dann aufrecht geht und in der Endphase den Kopf wieder nach unten senkt, dem Boden immer näher kommt und  damit die Übersicht verliert. Vieles ist schon bekannt wie das Verkehrsschild in Stockholm, das nicht vor spielenden Kindern, sondern vor Menschen mit Handys und Smartphones warnt. Dabei geht es offensichtlich gar nicht mehr ums Telefonieren: 7 Minuten pro Tag soll die durchschnittliche Gesprächsdauer des Smartphonenutzers betragen. Der Rest wird mit Kontaktieren bestimmter Kommunikationsseiten wie Facebook oder Twitter verbracht. Es wird empfohlen, "digitale Diäten", smartphonefreie Zonen für sich einzurichten, zum Beispiel im Schlafzimmer. Speziell für den Straßenverkehr hat die Dekra eine Studie veröffentlicht, die heute in den Zeitungen abgedruckt wurde. Die-Unfaelle-der-Generation-Kopf-unten. Wenn sechs von zehn Bundesbürgern ein Smartphone besitzen und es täglich einige Stunden nutzen, ist das in der Tat ein beachtenswertes gesellschaftliches Phänomen. Und es kann gefährlich werden, wie wir gesehen haben.

Die meisten derer, die diesen Blogeintrag lesen, werden gar kein Smartphone haben oder es so sinnvoll nutzen wie das Messer, mit dem sie Salami schneiden. Ich selbst habe (noch) keins, sehe aber über die genannten Aspekte hinaus noch weitere Zusammenhänge. Eine Rückmeldung in den sozialen Medien zu bekommen, so las ich an anderer Stelle, setze bestimmte Glückmomente frei, das bekannte Serotonin. Das verfliegt aber auch schnell wieder, so dass es bald wiederholt werden muss. Das beschränkt sich nicht nur auf den Gebrauch von Geräten. Es geht ME auch darum, sich Parallelwelten zu erschaffen, um die schnöde Gegenwart eine Zeit lang vergessen zu können. Die meisten der Smartphonebesitzer werden nicht das Glück haben, sich eigene Welten zum Beispiel durch Schreiben, Malen oder Musik erschließen zu können. Wahrscheinlich haben sie sogar verlernt, Bücher zu lesen. Oder sie lesen kürzere Texte auf dem Smartphone. Ich persönlich halte Parallelwelten für äußerst gesund, wenn sie als solche erkannt und persönlichkeitsfördernd eingesetzt werden. Hat sich nicht unter anderem im neunzehnten Jahrhundert eine ganze literarische Genration von Schriftstellern damit über Wasser gehalten? Wenn sich heute vor allem junge Menschen darin total verlieren, ist das besorgniserregend. Handy und Smartphone können auf der anderen Seite auch Orientierungsmittel im Dschungel der modernen Welt sein. Das Umfeld sollte den Blick vom Boden heben und genau beobachten, was geschieht, sollte aufklären und alternative Welten anbieten.