Samstag, 8. August 2015

Heißes Leben und Schreiben

Kann sich einer überhaupt noch vorstellen, dass es um den 11. Juni herum eine Schafskälte gab und man sogar nachts die Heizung anwerfen musste? Außer im Jahr 2003 habe ich nie so einen Sommer erlebt! Und meine Zeitung berichtet heute, dass der Hitzerekord in Baden-Württemberg mit über 40° zwei Mal in Bad Kitzingen im Fränkischen geknackt wurde. Ja, es hat auch seine Nachteile, verminderte Ernten und Weinlesen, verbranntes Gras, Algenblüte in den Seen, Waldbrände, Kreislaufbeschwerden. Das ewige Warten auf das Gewitter, wenn sich die Wolken tintenschwarz am Himmel ballen. Und wieder ist das örtliche Ereignis anderswo niedergegangen. Aber es wird noch kommen, vielleicht schon morgen! Die Vorteile überwiegen: Wann zuletzt hatten wir so viel Sonne satt, solche tropischen Nächte, die man im Freien verbringen konnte, solche Blütenpracht und solchen Wuchs? Im Winter hatte ich mir noch vorgestellt, ich würde quer durch Europa reisen, wenn ich mit der Arbeit aufhöre. Aber das ist ja nun gar nicht mehr nötig gewesen. Alle Orte, an denen wir waren (u.a. Ellwangen, Staufen, Hindelang, schwäbische Alb, Schwarzwald) hatten heuer dieses Flair des Südens. Die letzten Tage der Sonnenglut habe ich dann nur noch an unbekannten Seen verbracht, an denen sich ausschließlich ein paar Einheimische tummelten. Früher habe ich Kurzgeschichten und Teile von Romanen an Seen und am Meer geschrieben. Oder auch im Café. Das habe ich jetzt zwei Mal versucht, aber nach ein paar Seiten fiel mir der Griffel aus der Hand. Viel leichter ist es mit dem Lesen. Dabei ist mir jetzt via Buchhandlung in Calw ein Krimi von Elisabeth Herrmann in die Hand gefallen "Zeugin der Toten". Ihr Stil läuft mir sehr gut rein, das Thema ist dem meines Jetztzeit-Krimis nicht unähnlich. Alles in allem, auch wenn man den "Verlust des Arbeitsplatzes", den ich gar nicht vermisse, und andere Verluste bedenkt, war die erste Zeit des Nichts - und - Allestuns bisher eine ungeheuer produktive und entspannte Zeit. Selbst das Einkaufen und Essengehen wird immer mehr zum Genuss. Petra van Cronenburgs Beitrag "Tomatensalat: ein Geschäft" hat mir dazu mal wieder einen Anreiz gegeben. Und so schmeckten die Antipasti beim Italiener heute, als wären die Zutaten ganz und gar nicht aus dem Supermarkt gekommen: der Parmaschinken wie vom italienischen Metzger, hauchdünn geschnitten, das eingelegte Mittelmeergemüse wie aus Italien, und die Melonen hatten einen Reifegrad, den sie im Discounter niemals erreichen können, weil sie unreif geerntet werden.