Ein gutes Leben ist eines, das auch Katastrophen und Scheitern miteinbezieht.
Die Jagd nach dem Glück wird zum Terror des "Sollens".
Wünsche und Ziele werden nicht auf Tauglichkeit für das eigene Leben überprüft, im Zweifel trennt man sich nicht von falschen Lebenszielen und gescheiterten Hoffnungen.
Für Retzer ist ein gutes Leben die Vermeidung schlechten Lebens, das heißt, vermeidbares Unglück sollte ausgeschlossen werden.
Man kann sich auch einfach wohlfühlen, indem man einen Espresso trinkt oder ein gutes Essen genießt. Daraus ein Dauerwellnessglück machen zu wollen, ist schon wieder Zwang und Terror. Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens ist wesentlich, ohne sich beim Genuss mit allen Sinnen anzustrengen, auch noch darüber nachzudenken.
Ich mache mir jetzt einen Espresso und schaue mir nachher etwas über die bayerischen Seen an, bevor die Katastrophe wieder heranwalzt, sprich die Arbeit, eine unangenehme berufliche Fahrt morgen über die schwäbische Alb, wahrscheinlich im Wintersturm, und ein knallvoller beruflicher Terminkalender nächste Woche. Gehört zum Leben, hihi. Und ich könnte diesen Beruf, der meist sinnhaft ist, auch beenden wie das Schreiben, das ebenso sinnhaft sein kann. Meine Definition vom Glück ist die: Wärme, Licht, Nahrung, Zugehörigkeit zu jemandem und zu mir selbst, aber auch Aufbruch, Abenteuer und Erschaffen von etwas, sei es ein Kind, ein Roman, ein Bild.