Sonntag, 20. November 2011

Das Bergcafé Reusten




Vor 5 Millionen Jahren, im Pliozän, hob sich der Reustener Sattel auf, gleichzeitig mit Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Dahinein grub sich tief in den Muschelkalk die Kochhart – und formte den Kochhartgraben. Auf dem Reustener Kirchberg wurde eine Zungenburg errichtet, die von drei Seiten unzugänglich war.



Der alte Friedhof. Rechts davon fällt der Muschelkalkfelsen steil ab und gibt den Blick frei auf einen See, der aus einem Steinbruch entstand und wie ein dunkles Auge am Fuß des Berges liegt. Manchmal hört man die Schreie der Wanderfalken, die in der Wand nisten.



Hinter dem Friedhof ein vom Sturm umgerissener Baum. Obendrauf die vertrockneten Überreste einer Königskerze.






    



So grün war das Gras im November
noch nie!




An dieser Stelle, auf der Friedhofsmauer, haben wir mal eine Mistel vom Baum runtergeholt. 












An den Steilhängen und auf den Felsköpfen wachsen die blaue Scilla,  Bocks-Riemenzunge, Küchenschellen, Händelwurz, deutscher – und Fransenenzian, Kalkaster, Gold- und Silberdistel.



Oberhalb der Felsköpfe kann man lagern
oder auf einer Bank sitzen, den Wanderern zuschauen, sich den Kopf freiwehen und die Seele baumeln lassen.

Und hier das Bergcafé Reusten, das schon in meiner Studentenzeit ein Geheimtipp und ein beliebtes Ausflugsziel war. Zwei Schwestern, Sophie und Marie Haupt, haben das Bergcafé zu ihrem Lebensinhalt gemacht, ganz urige schwäbische Originale. Ihre Enkelin hat ihnen ein Denkmal in einem Buch gesetzt.



Wenn man ein Stück den geteerten Weg Richtung Sportheimgaststätte geht, sieht man Obstbäume, die über und über mit Misteln besetzt sind. Meist hängen sie so hoch, dass man ohne Leiter nicht drankommt.
Heute war ein Ast abgebrochen, so dass ich ein schönes Stück Mistel erwischte, die hänge ich daheim vor meine Terrassentür.
Die Mistel, auch Donnerbesen, Druidenfuß, Hexenkraut, Wintergrün, Bocksbutter, Albranken, Vogelkraut oder Kreuzholz genannt.
wird durch Vögel verbreitet, die die weißen Beeren gefressen haben.
Die Mistel hatte schon in alten Zeiten magische Bedeutung. Noch heute küsst man sich unter einem Mistelzweig und die Mistel gehörte unabdingbar in Miraculix' Zaubertrank!







Und hier noch einmal das legendäre Bergcafé. Die Sophie habe ich vor etwa 10 Jahren noch  gesehen, sie erinnerte sich an mich. Rechts neben der Eingangstür war die Toilette, die man mit einem Krug Wasser spülen musste, dahinter eine Terrasse, auf der man Mostbowle, Kaffee und Kuchen sowie kleine Gerichte verzehren konnte. Einmal schimpfte Marie: "Könnet die nicht alle das Gleiche bschtellen, mei Pfann ist zu klein für Spiegel - und Rühreier!" Heute gibt es eine Damen- und eine Herrentoilette draußen und statt der Spiegeleier stehen Schnitzel, Leber, Rostbraten und Maultaschen auf der Speisekarte, erstere mit Spätzle, versteht sich. Sonst hat sich eigentlich nichts verändert. Und hier zu sein, über die Hügel zu wandern, in die Urstromgräben hinabzuschauen und weit ins Land hinein, das erdet und wird zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Anfahrt über Autobahn Stuttgart-Tübingen-Richtung Herrenberg, beim Bahnübergang in Pfäffingen links abbiegen.Man kann auch von Tübingen aus mit der Ammertalbahn fahren und 4Km nach Reusten wandern. Hier noch eine Liste mit Gasthäusern.
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