Sonntag, 15. Mai 2011

Ich habe meinen Darling gekillt!

Jedem Autor geht es in seiner Schreiblaufbahn immer wieder einmal so, dass er tage-, wochen-, monatelang sich kaum zum Schreiben aufraffen kann. Man fragt sich, ob es einen Sinn habe, für wen schreibt man eigentlich, es kommen keine Reaktionen. Der Plot hängt, man hat keine Ideen mehr. Aber das war es nicht.  Der wahre Grund für diese Schreibunlust kann ganz woanders liegen. Der Begriff "Kill your Darlings" scheint zunächst diesen Schreibaposteln wie Frey oder Stephen King oder Sol Stein entsprungen zu sein, wenn er nicht tatsächlich aus dem Mund Ernest Hemingways stammen sollte, was ich heute Morgen nicht eruieren konnte. Mein ganz besonderer und einzigartiger Mord an einem "Darling" war heute der, dass ich ein Bild, dass ich zu Beginn des Romans hatte, eliminieren musste, und das war ein Wirt, der mit seinem eigenen Fleischklopfer erschlagen wurde. Den Wirt gab es wirklich, der Mord entsprang meiner Phantasie. So, wie sich die Geschichte entwickelt hat, passte das Bild einfach nicht mehr hinein. Und dazu muss ich sagen, dass mich Ereignisse in einem Schwarzwalddorf in der Nähe zu dem Thema angeregt haben, das ich dann immer weiter ausgesponnen habe, natürlich mit einem Exposé und sonst auch vernünftigem Plan, an dem ich mich orientieren konnte. Warum klebte das Thema seit Wochen fest, warum ging nichts mehr? Es gab auch einen zweiten Grund. Ich habe mich dazu verleiten lassen, den Rezensionen zu folgen, die bemängeln, wenn erst spät ein realer Toter auftaucht, nicht nur einer in der fernen Vergangenheit. Das habe ich heute ganz klar erkannt, den Darling-Wirt als Leiche eliminiert und einiges bis Seite 91 umgearbeitet, mit wachsendem Vergnügen, denn jetzt ist der Weg wieder frei für den Roman, den ich wirklich schreiben wollte. Mein Darling war also eine Idee, die nicht mehr in das Geschehen hineinpasste.Kill your darlings heißt also nicht, dass die Hauptfigur oder besonders sympathische Figuren, denen der Leser über lange Zeit folgt, sterben. Es geht um Figuren und Motive, Bilder und Ideen,die eine Geschichte in ihrer Entwicklung behindern.
Morgen gehts weiter.