Samstag, 9. Oktober 2010

Für Bestseller muss man früh aufstehen

Beim Montsegur-Autorenforum fand ich kürzlich ein Interview mit dem britischen Bestsellerautor Ken Folett. Na, das ist natürlich traumhaft, wenn man seine Bücher 100 Millionen mal verkauft und täglich 1000 Dollar dafür ausgeben kann, dass andere für einen recherchieren. Dazu ein Haus auf Antigua hat und monatelang herumreisen kann. Einer der Kernsätze Folletts ist, dass sich der Autor quälen solle, nicht der Leser. Wer eine Aussage brauche, solle lieber Kafka lesen. Follett wird als völlig ungequält bezeichnet. Auch sein Arbeitstag scheint wie ein Spaziergang: Um halb acht setzt er sich mit einer Tasse Tee an den Computer und schreibt bis 16.00, egal, ob er mitten in einer spannenden Szene oder bei einem seiner berühmten Cliffhänger ist. Das ist ein gutes Leben, möchte man denken, und: so gut möchte ich es auch mal haben. Sollte ich jetzt auch einen Familienroman schreiben, weil das immer die besten sind?
In unserer Tageszeitung habe ich heute, nach vielen Berichten über Stuttgart 21, einen Artikel über eine Frau hier gleich um die Ecke gelesen. Sie ist im Vorruhestand und hat ein Buch, Kurzgeschichten über ihr Arbeitsleben bei einem Automobilhersteller, herausgegeben und schreibt jetzt ein zweites. Ihr Tagespensum der Schriftstellerei beginnt sogar schon um 6.00, sie ist ja frühes Aufstehen gewöhnt. Ob ich vielleicht schon um 5.00 aufstehen müsste, um einen Bestseller zu schreiben?
Von Ken Follett habe ich "Die Säulen der Erde" gelesen und fand es, bis auf die kitschigen Sexszenen, so gut, dass ich es zweimal oder sogar dreimal gelesen habe. Da war ich allerdings noch voll auf dem historischen Tripp. Dann noch mal was wie "Die Zwillinge", aber ich weiß nicht mehr, worum es da ging. Damit war das Interesse an diesem Autor erstmal erschöpft. Der Familienroman von Thomas Wolfe gefällt mir gut in seiner Abgründigkeit, allerdings muss ich Follett insofern recht geben, dass zu viele Personen zu ausführlich beschrieben werden, darüber lese ich hinweg. Ob ich Lust auf einen Familienroman mit 1000 Seiten habe, in dem es um 200 Personen und um Handlungen geht, bleibt mal dahingestellt ...abgesehen davon merke ich es Büchern inzwischen an, wenn sie nach einem maschinenartigen Konzept erstellt wurden, in dem Fehler nicht mehr passieren können.



Hier wohne, lebe, arbeite und schreibe ich