Dienstag, 23. Juni 2009

Das Marzipanteufelchen

Heute ist ein Tag, na so lala, ohne Biss und Riss. Ich reibe mir die Augen. Draußen eine Kreischsäge, durch die Ritzen kriecht die Sommerkälte. Es klopft -und herein kommt: Ich traue meinen Augen nicht! Mein gutes, altes Schreibteufelchen. Aber wie hat es sich verändert! Füllig ist es geworden, die Ärmchen rund, keine schwarzen Krallen mehr, sondern Marzipanschweinchenfinger.
Wo hast du denn so lange gesteckt?, frage ich.
In der Hölle, wo denn sonst?
Du siehst eher aus, als hättest du geschlemmt, wer weiß wo, stelle ich fest.
Das Teufelchen gähnt.
Es gibt nichts mehr zu tun, meint es. Du brauchst mich ja nicht mehr, keiner braucht mich mehr.
Wer sagt denn das? Ich für meinen Teil vermisse dich sehr. Du warst immer das Schwungrad meiner Phantasie, der Brunnen meiner schöpferischen Kraft!
Na, na, nicht übertreiben, sagt das Teufelchen. Du musst jetzt einfach aus dir selber schöpfen.
Und wenn der Brunnen ab und zu mal leer ist?, frage ich.
Es gibt andere Quellen. Schau dich um. Was willst du mit einem Teufelchen, das in die Jahre gekommen ist, Speck angesetzt hat, dir kein Feuer mehr unter dem Hintern machen kann und will.
Du meinst, ich soll selber ...
Ich bin ein Teil von dir, du weißt es. Dabei bist du träge geworden, versuchst dich auf deinen Lorbeeren auszuruhen. Aber das funktioniert nicht. Immer weiter, immer höher, immer tiefer, immer besser, immer schlechter, scheitern oder an der Oberfläche bleiben oder darüber hinausgehen! Vertrödel nicht die besten Stunden! Bleib dran, bleib wach, bleib da, du selbst, lass dich nicht ins Bockshorn jagen!
Ich weiß auch nicht. Mein Antrieb...
Potzblitz und Teufelswerk! Soll ich wieder ein wenig Höllenspuk betreiben, damit du in die Gänge kommst? Soll es krachen und rauchen? Wie war denn das, als du einen Roman mit diesem Titel geschrieben hast? Was wolltest du erreichen?
Einen Verlag, gelesen werden.
Das hast du erreicht. Jetzt fang an.