Montag, 20. April 2009

Bilder aus Bebenhausen


Alice hat mich gerade dazu angeregt, einmal darüber nachzudenken, was eigentlich aus unseren Figuren wird, nachdem sie in die Welt hinausgezogen sind. Ich selbst finde sie meist an den Schauplätzen wieder und sehe sie vor mir, wie sie sich bewegen und ihr Leben meistern und gestalten, leiden und sich entwickeln. Einen finde ich auf jeden Fall immer wieder, auch in meiner nächsten Umgebung. So auch gestern bei einer Wanderung vom Kloster Bebenhausen ins Goldersbachtal. Ob jemand von den vielen Besuchern, den Professoren in schwarzen Mänteln, die Hände auf dem Rücken gefaltet, das Schild an dem Haus hinter der Mauer gesehen hat: "Hier weilte Eduard Mörike vom 6. Juni bis 25. Juli 1874." Und hier entstand 1863 das Gedicht "Bilder aus Bebenhausen".

Hinter den licht durchbrochenen Turm, wer malt mir dies suesse,
Schimmernde Blau, und wer rundum das warme Gebirg? -
Nein! wo ich kuenftig auch sei, fuerwahr mit geschlossenen Augen
Seh ich dies Ganze vor mir, wie es kein Bildchen uns gibt.


Vom Kloster Bebenhausen, wie auch Maulbronn Weltkulturerbe der Menschheit, führt einer der schönsten Wanderwege rund um Tübingen ins Goldersbachtal, in den Schönbuch hinein. Er beginnt oberhalb des Klosters und läuft zunächst durch den Wald mit Blick hinab auf den mäandernden Bach. Der Bärlauch hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr ausgebreitet, und so ist er auch hier massenhaft vertreten. Ein Knoblauchduft liegt in der Luft. Wir pflücken ein Sträußchen, für Nudelsuppe und Bärlauchpesto. Der Weg geht hinab zu einem Teich, der von den Mönchen als Fischweiher angelegt wurde. Hier müsste man mal unter der Woche herkommen, wenn nicht so viele Leute die Gegend bevölkern. Trotzdem ist die Ruhe vollkommen. Der Wanderweg bewegt sich auf eine Hütte mit Grillstelle zu. Dort ist ein Tor angebracht, um das Wild vor dem Ausbrechen aus dem Gehege zu bewahren. Auf dem Rückweg sehen wir, in welch vollkommener Harmonie dieses Kloster in die Landschaft gebaut worden ist. Ich sehe Eduard und Wilhelm Waiblinger, den Feuerkopf, von Tübingen her den Berg heruntersteigen, ins Gespräch über die Liebe vertieft, die für Eduard nie "ein Haus" hatte. Ein Häher rätschte, und im Wald leuchtete rot der Aaronstab. Man kann auch auf dem Radweg zurückgehen, immer dem anderen großen Bach, dem Goldersbach, folgend. Nach Tübingen hin gibt es einen Wanderparkplatz, der auf einen geologischen Lehrpfad führt, da kann man mit etwas Glück beim Steineklopfen etwas finden. In Bebenhausen gibt es verschiedene Wirtschaften. Eine erreicht man bei der Rückkehr auf dem Radweg. Es ist eine Pilgerherberge mit Biergarten, in der es alle Kaffeespezialitäten und preiswerte Gerichte gibt.