Mittwoch, 20. März 2013

Das ideale Schriftstellerleben

Wie sah eigentlich das Leben aus, das ich mir immer von einem Schriftsteller vorgestellt habe? Auf jeden Fall irgendwie romantisch und beglückend. Wenn ich Schriftstellerin wäre, so dachte ich in meiner grenzenlosen Naivität, würde ich die meiste Zeit des Jahres in der Welt herumfahren, umgeben von grandioser Natur und wohliger Sonnenwärme schreiben, und natürlich würden die Verlage alles drucken, was aus meiner Feder käme einschließlich meines Tagebuchs. Ich wäre Reiseschriftstellerin geworden. Den Winter würde ich an der Cote d'Azur verbingen, den Sommer in meiner Hütte am Bodensee. Darüber, woher das Geld kommen sollte, habe ich mir nicht den Kopf zerbrochen. Natürlich würde ich einem Zirkel von Gleichgesinnten angehören, die sich gegenseitig bei Recherchen und bei der Durchsicht ihrer Manuskripte helfen.

Ein halbes Leben später zeigte sich mir ein völlig anderes Bild: Die Autoren hatten Schwierigkeiten, überhaupt etwas bei den Verlagen zu landen. Und wenn sie etwas landeten, kam es nicht in die Buchhandlungen, verkaufte sich schlecht, wurde verramscht und es folgte kein neuer Vertrag. Schaffte es jemand in die größeren Verlage, musste er bestimmten Webmustern folgen, um am Ball sprich im Geschäft zu bleiben. Er hatte Trends zu bedienen, die jederzeit wieder kippen konnten. Selbst Bestsellerautoren bleiben nicht selbstverständlich ruhigen Blutes, denn sie müssen immer fürchten, ihren Bestsellerrang zu verlieren. Dann gab es Einbrüche bei den Verlagen und im Buchhandel. Ein Autor, der die Schnauze voll hat von diesen Bedingungen, macht sich neuerdings mit zunehmender Begeisterung und zunehmendem Erfolg selbständig - er wird zum Selfpublisher. Aber auch auf diesem Gebiet ist nur wenigen der große Erfolg vergönnt, der Rest versucht seine Werke im Social Media bekannt zu machen und zu vertreiben. Und auch das gelingt nur dann, wenn er zur "Marke" wird.

Da ist überall der Wurm drin, möchte man sagen. Alle diese Wege zum Buch, zum Ruhm und vielleicht auch zum Geld sind mit Pflastersteinen verstellt, die es mühsam wegzuräumen gilt. Aus meiner mehr als 10 jährigen Erfahrung kann ich aber feststellen, dass es nur einen Weg geben kann: den eigenen. Von allen diesen Erfahrungen habe ich etwas mitbekommen, bin gescheitert, wieder aufgestanden, habe Reisen gemacht, geschrieben, bin in der Sonne und am Bodensee und in der Provence gesessen, habe Verlagen zu- und abgesagt, eine Gratwanderung gemacht, es selber probiert, um schließlich feststellen zu können: Wesentlich ist, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und sich von nichts und niemand vereinnahmen zu lassen. Die hilfreichen Kollegen sind da, es gibt auch immer noch hilfreiche Lektoren und Verlage. Verlassen kann man sich aber darauf nicht. Nur auf seine eigenen Kräfte und sein eigenes Schreiben. Wer das durchhält und quasi einen inneren Kompass für den Dschungel von heute hat, der bleibt. Weil er schreibt.