Dienstag, 17. Dezember 2013

Kein Entkommen an Weihnachten!

Da es bekanntermaßen kaum noch Sendungen im Fernsehen gibt, die man sich ohne Gähnzwang reinziehen kann, sehen wir uns ab und zu die Marktberichte an. Der Bericht gestern vom NDR war ein Aha-Erlebnis: Marktbericht vom NDR. Da wurden Edel-Produkte aus dem Discounter getestet und wie zu erwarten, verzog der Koster meistens angewidert das Gesicht. Ich hatte nun gerade Edel-Wildlachs aus Norwegen geschenkt bekommen und weiß, wie die meisten Produkte aus dem Discounter schmecken - manchmal sehe ich es schon der Packung an. Dann wurde dieses beliebte Schmecktest-Spielchen gemacht. Drei Frauen, die am liebsten auf dem Markt einkauften, sollten ihren Lieblings-Rotkohl herausschmecken. Gegen den liebevoll selbst gekochten wurden der Apfel-Rotkohl aus dem Glas und der gefrorene Rotkohl gesetzt. Der aus dem Glas schmeckt am besten, meinte ich, bei der Erinnerung an blauverfärbte Bretter, eine schweißgebadete Stirn und einem viel zu "bissigen" Rotkohl, der dann auch noch in unbewältigbaren Mengen vorhanden war. Und siehe da, der Rotkohl aus dem Glas wurde bei der Blindverkostung als der Beste empfunden, Platz zwei der tiefgefrorene. (Der Lachs war übrigens o.k.!)



Jetzt sollte man aber nicht denken, dass ich den Rotkohl zu meiner Weihnachtspute mit Apfelfüllung serviere. Die Zeiten sind vorbei, und der Weihnachtsputer war ein Gericht, das meine Mutter hervorragend zuzubereiten verstand. Noch besser konnte es mein Schwiegervater, und bei ihm bekam jeder auch nicht nur ein kleines Stück vom Bein, der Rest müsste für die Feiertage reichen, sondern so viel man wollte mitsamt knuspriger Haut, Soße und Rotkohl aus dem Glas. Das ist alles schön für die Erinnerungen, wie der Räucheraal, den es bei uns immer zusammen mit Nordseekrabben und Sild am Heiligabend gab. Diese Weihnachten wollten wir es endlich mal wahrmachen - und einfach weg sein. In eine Stadt fahren, übernachten, essen, wo noch etwas offen hat. In meinem Urlaub nach den Feiertagen wollten mein Sohn und ich auf eine ostfriesische Insel, zum Relaxen, zum Wandern am Strand, egal, bei welchem Wetter. Pustekuchen! Schon vor Wochen saß ich am PC und bekam heiße Ohren, so schnell flitzten die Hotelbuchungen an mir vorbei. Schnell buchen, letzte Gelegenheit! Alle Welt sitzt über die Feiertage auf den Nordseeinseln, geht dort am Strand spazieren und überfüllt die Kneipen. Die Alpen kann man ja sowieso vergessen, und im Schwarzwald wohnen wir ja schon, da, wo andere ihren Weihnachtsurlaub machen. Also müsste, nach langen Jahren, mal wieder ein Flug in die Sonne her (mein letzter fand, glaube ich, 2008 statt, nach Zypern im April). Die Suche dauerte Stunden, Tage. Schon immer träumte ich von einem Wanderurlaub auf Madeira. Im Jahr 2001 feierten wir dort einen Familiengeburtstag. Wir fuhren nach Stuttgart, setzten uns in den Flieger und waren nach vier Stunden dort. Aber tempera mutantur, wie es so schön heißt. Die Zeiten ändern sich, und wir uns mit ihnen. Von Stuttgart geht es nur mit Zwischenlandungen in Barcelona, Lissabon, München oder Düsseldorf und dehnt sich dann auf bis zu 20 Stunden. Man müsste also erstmal in aller Herrgottsfrühe nach Frankfurt fahren, um dort einen Flieger zu erwischen, der immerhin auch noch 6-7 Stunden braucht. Die schönsten Hotels auf Madeira sind inzwischen ausgebucht. Genauso ergeht es mir mit allen anderen Flügen, sei es nach Teneriffa, Istanbul oder Sizilien. Allmählich verstehe ich die Leute, die sich in keinen Flieger setzen. Da hockt man inzwischen so eingezwängt, dass man hinterher Muskelkrämpfe zu beklagen hat. Billig, billiger, am billigsten! So, wie die ganze Geizistgeil-Mentalität. Und so wird es kommen, und so wird es bleiben. An Weihnachten naht sich wieder die Warmfront mit Regen oder gar Sturm, wir werden wegfahren, aber bald wiederkommen, unsere Rituale abhalten und mit den Jungen die Fondue Bourgignonne zelebrieren.

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Social Media - ausgespäht

Als ich heute Morgen endlich mal wieder Muße hatte, in den Social Media-Bereich zu schauen, fand ich Petra van Cronenburgs Artikel Prolls oder Publikum? über eben diese Medien, und applaudierte innerlich.Seit ein paar Monaten beobachte ich nämlich bei mir dieselben Phänomene von Ärger und gefühlter Sinnlosigkeit, was die Kommunikation dort betrifft. Jetzt war ich ein paar Tage gar nicht bei Facebook und klickte die Seite probehalber mal wieder an.
Es hatten sich Spiele angesammelt, Seitenfeed, jede Menge Content und rechts die Anzeigen, die geschaltet werden. Man kann diese Spiele nicht löschen, nur unsichtbar machen und soll dann auch noch begründen, warum man sie nicht haben will. Seit Beginn meiner Zeit dort halte ich mich in Berlin auf und will gar nicht wissen, wie ich das wieder wegkriege. Dabei bin ich seit zig Jahren nicht in Berlin gewesen. Ob es stimmt, dass mein Sohn dort heute an einem Veteranenstammtisch teilnimmt? Ich dachte, der wäre ganz woanders? Den Seitenfeed kann ich ebenfalls nicht löschen,und ich habe auch keine Lust mehr, damit meine Zeit zu verschwenden. Die Anzeigen werden nach den Google-Suchanfragen geschaltet, die ich in letzter Zeit gestartet habe. Ach, und ich dachte, Thalia hätte eine Anzeige zu meinem Buch gebracht! Da stehen jetzt Hotels von Städten, in die ich fahren möchte, dort standen Anzeigen aus meiner Heimatstadt,bis ich die gelöscht habe mit dem Ergebnis, dass FB mich täglich auffordert, mein Profil zu vervollständigen. Schöne neue Welt, Big Brother is watching all your life! Ständig sollen meine Freunde im Chat sein und wenn einer zu einer Veranstaltung einlädt, wird behauptet, diese und diese Freunde würden hingehen, obwohl sie es gar nicht tun. Was soll das? Für die Anzeigen habe ich ja noch Verständnis, umsonst ist eben auch Social Media nicht zu haben. Es gibt allerdings auch Leute, die es richtig machen, nämlich nur mit Freunden und Verwandten Nachrichten austauschen. Aber dafür gibt es doch eigentlich Email und Telefon?

Bei einem Umzug kürzlich ist das (Festnetz-)Telefon ausgefallen. Zwecks einfacherer Kommunikation kaufte ich ein neues Handy. Es war ein Smartphone, wie sich herausstellte. Das zweite, das alte Handy, lud ich mit 50 Euro auf. Innerhalb von drei Tagen war es leer. Da guckte ich aber dumm in die Röhre. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, die Funktionen des Smartphones auszuprobieren, mal zu FB damit zu gehen usw., aber bis heute liegt es stumm in meinem Rucksack und wird nur hervorgezogen, wenn ich mit jemandem kommunizieren will oder muss. Ich habe keine Lust mehr, mir von Robotern die Zeit stehlen zu lassen!
(Sobald ich solche Sprüche loslasse, kommen übrigens diese Roboter mit Phantasienamen wie Vampirestat oder Secretsearch, vornehmlich aus den USA und aus der russischen Föderation. Also sind die meisten Leser hier auch nicht echt, seufz :-)) Oder werde ich einfach nur, wie so viele andere, ausgespäht?

Montag, 2. Dezember 2013

Weg von der Fiktion


Wir müssen für einen Text brennen, schrieb mir kürzlich ein Agent, sonst können wir ihn nicht engagiert anbieten. Genauso geht es uns Autoren. Wenn wir nicht für unseren Text brennen, können wir ihn nicht engagiert Verlagen und Agenturen anbieten. Da ist aber doch ein kleiner Unterschied. Erstmal sind die Agenten- und Verlagskerzen aus unterschiedlichem Material gemacht. Da gibt es Wachs, Stearin, echtes Bienenwachs und sonst noch Materialien, die ich nicht kenne. Neulich haben sie erst Kerzen in so einem Verbrauchermagazin verglichen - wobei natürlich die meisten schlecht abschnitten. Es muss also ein Funke zur Kerze springen, der sie auch entzündet. Und viel wichtiger: Es muss ein Funke zu den Lesern überspringen. Als Leserin habe ich das gerade gemerkt: Ich habe einen Roman über das 19. Jahrhundert gelesen, ja, es war das Buch aus dem öffentlichen Regal in Obersontheim. Es hieß "Das Medaillon" und war von Gina Mayer. Über die Neandertaler-Funde, über Apotheker und Bibliothekare, auf zwei Zeitebenen und wahnsinnig spannend. Solche Bücher möchte ich wieder lesen.

Ich selbst habe mich momentan vom fiktiven Schreiben abgewendet, wie schon gesagt, und mich auf die Spuren von Köpfen aus dem 18./19. Jahrhundert begeben. Es ist fast wie am Anfang, als ich über den Dichter Mörike recherchiert hatte: Ein absoluter Film, der da abgeht, ein immer tieferes Eindringen in ein Leben, das um so mehr fasziniert, je mehr man darüber erfährt. Dazu die Recherche vor Ort, in diesem Fall auf dem Hohenasperg bei Ludwigsburg. Ein trauriger, grauer, abweisender Ort. Mauern, Nato-Draht, eine Kanone und ein kleines Mädchen, das verloren über das Plateau lief und ins Land schaute. Und ein verlorener Ort sollte es auch sein, für die Gefangenen, die dort in den vergangenen Jahrhunderten einsaßen. Gestern habe ich einen Bericht darüber geschrieben (Orte zum Reinschmecken)-und konnte kaum noch aufhören. Kurz vor Mitternacht habe ich ihn veröffentlicht und mich dann glücklich zurückgelehnt. Es muss gar kein Buch daraus werden, ist mir momentan viel zu anstrengend. Viel lieber spiele ich zur Zeit mit vielen Möglichkeiten.