Donnerstag, 28. Februar 2013

Genre oder Nische? Für wen schreiben wir?

Zur Zeit habe ich, da ich nicht schreibe und weder überarbeite noch plotte, viel Zeit, über mich und das Schreiben nachzudenken. Zumindest in den Stunden, die mir vom vermehrten Arbeitseinsatz im Beruf übrig bleiben.Wenn ich eine Bilanz ziehen will, was mein Schreiben im Genre und in den Nischen betrifft, so ist der Fall ganz klar: Meine beiden ersten Romane waren eindeutig Nischenthemen. Mit der Agentur kam dann ein Vertrag mit einem größeren Verlag, bei dem ich inzwischen den 4. Roman veröffentliche. Dazwischen erschienen noch ein regionales Buch und ein Kalender bei einem Kleinverlag sowie eine Anthologie mit drei Kurzgeschichten von mir. Den ersten Roman habe ich im letzten Jahr als E-Book wiederaufgelegt, der zweite erschien im Mai 2012 als E-Book seiten des Verlages. Zum Thema Genre, Nischen und Self Publishing habe ich einen interessanten Artikel bei Kerstin Brömer im Literaturjournal gefunden. Demnach hat man im Buchhandel eher Chancen, etwas zu verkaufen, wenn die Buchhändler wissen, wo sie es hinstellen sollen. Dank Cover und Klappentext wussten sie es bei meinen Büchern, aber schon der historische Roman "Das Vermächtnis des Bischofs" wanderte von den Regionalia über die historischen Romane zu den Regionalkrimis (und steht jetzt unter "Schwabenromane" im Regal). Offensichtlich sind Leser sehr kritisch, was Genres betrifft. Wenn auf einem Buch "Thriller" draufsteht, möchten sie keinen gemütlichen Krimi lesen. Und ehrlich gesagt, bin auch ich über so etwas schon enttäuscht gewesen. Fantasy im historischen Roman und im Krimi/Thriller mag ich zum Beispiel ebenfalls nicht.

Vor mehr als zehn Jahren schrieb ich in einer Schreibwerkstatt Kurzgeschichten. (insgesamt ca.50). Da gab es eine Zeitlang eine Werkstattleiterin, Jutta Miller-Waldner, die einzelne Geschichten kommentierte. Sie prophezeite mir, dass ich wohl niemals für die Massen schreiben würde. Das wollte ich auch nicht, und doch ist es soweit gekommen, dass es jetzt schon Vorbestellungen für meinen historischen Roman gibt, der im Juni erscheinen soll. Irgendwem müssen diese Geschichten also gefallen haben! Interessant ist auch, in welchen Kategorien ich diese Kurzgeschichten geschrieben habe. Aus einigen haben sich nämlich Romane entwickelt. Es waren belletristische Geschichten, Essays, Familiengeschichten, Märchen, Krimis und Thriller, Satiren, Horror, Sience Fiction und historische. Jetzt ist die Frage, wie ich auf der Tonleiter weiter spielen möchte/könnte/sollte.Gerade lese ich das Buch meiner Kollegin Tanja Schurkus über Matthias Claudius, eine Romanbiografie. Über ihn wusste ich nicht viel mehr, als dass er Lieder wie "Der Mond ist aufgegangen" geschrieben hat -und bin fasziniert von den zeitlichen Umständen, in denen dieser Dichter lebte, über die Schauplätze (Hamburg, Darmstadt), über die Kollegen, mit denen er verkehrte, seine Liebe und sein Festhalten am Glauben, gegen den Widerstand von Goethe, Herder und anderen Größen jener Zeit! Ob ich noch mal so eine Romanbiografie schreiben möchte? Über Annette von Droste-Hülshoff ist schon sehr viel geschrieben worden, über Martin Wieland und Sophie la Roche ebenfalls. Wie wäre es mal mit einem Maler wie Lucas Cranach, dessen Bilder mir jedesmal in den Museen entgegenspringen?

Ich werde in der nächsten Zeit noch ein wenig aufräumen. Alte Kurzgeschichten, die nichts Besonderes aussagen, werde ich endlich mal wegschmeißen und nur die Besten aufbewahren. Romanideen, die sich nicht ausbauen lassen oder zu denen ich keinen Zugang mehr habe, werden eliminiert. Und dabei merke ich, dass mein Kopf immer klarer wird für das, was ich eigentlich wirklich schreiben möchte, auch wenn ich es momentan noch nicht wirklich weiß.

Dienstag, 26. Februar 2013

Der Krimiautor: Wie eine Träne im Ozean

Es gibt noch einen Grund, warum ich daran zweifle, ob es sinnvoll wäre, meinen Krimi jetzt auf den Markt zu werfen: Die Überfülle von Neuerscheinungen. Allein in diesem Jahr sind es wieder unüberschaubar viele. Ich sehe mich und mein Buch darin schwimmen wie eine Träne im Ozean. Man schaue sich nur mal die Neuerscheinungen des Gmeiner Verlags für das Jahr 2013 an:
Programm 2013
Das beginnt mit einem historischen Krimi von der Erfolgsautorin Brigitte Riebe, mit einer Auflage von 20 000 und vielen Werbemaßnahmen. Es folgen etliche historische Krimis und historische Romane, vom Mittelalter über den 30jährigen Krieg bis zu den Gebrüdern Grimm, zum 2. Weltkrieg und später. Dann folgen Frauenromane, später eine wahre Flut von Krimis, meist regional verortet. Damit meine ich nicht, dass ich die Bücher nicht gut finden würde, auch die Cover finde ich größtenteils sehr ansprechend und gelungen. Es ist, auch wenn ich in die Buchhandlungen gehe, zunächst zu viel Masse, als dass man die Klasse noch erkennen könnte. Und so lasse ich meinen Krimi weiter in den Dateien abhängen und wende mich aktiv anderen Dingen zu.

Samstag, 23. Februar 2013

Machen Verlage die Autoren kaputt?

Seitdem ich 2004 meinen ersten Roman veröffentlichte, wehre ich mich dagegen, in Folge "immer dasselbe" schreiben zu sollen. Egal, ob Klein - oder Großverlag, unabhängig von Erfolg und Misserfolg, es wurde immer erwartet, die einmal befahrene Schiene weiter zu bedienen. Das wollte ich nicht. Und ich wollte raus aus den Zügen, die immer in die gleiche Richtung fuhren, alle gleich aussahen und irgendwann total überfüllt waren. Ich hatte eine ganze Palette von historischen, kriminologischen und Thriller-Ideen, teilweise schon ausgeführt, teilweise auch veröffentlicht, manche aber immer noch auf der Festplatte. Momentan bin ich ziemlich orientierungslos, um es ehrlich zu sagen. Fragen, die ich mir stelle:
Was wird mit meinem Hausverlag, wenn das nächste Buch nicht "erfolgreich" ist?
Was mache ich mit meinem Schwarzwaldkrimi, der in überarbeiteter Form vorliegt? Soll ich ihn mit Hilfe von Testlesern und mindestens 12 Überarbeitungen zur Bestform bringen? Wem soll ich ihn dann anbieten? (Meinem Agenten zuerst, denn er war an der Plotentwicklung beteiligt). Wird von mir erwartet, dass ich ihn unter Pseudonym herausbringe, wegen des Genrewechsels? Oder steht mein Name inzwischen so da, dass ich jonglieren könnte? Der Krimi ist nicht ganz Genre-lupenrein, er hat auch Thrillerelemente. So etwas wurde mir schon mal in einer Rezension vorgeworfen, dass es solche Elemente in einem historischen Roman gab. Und auch der Thriller, den ich gerade lese "Bluternte" von Sharon Bolton wird am Thrillergenre gemessen: Er sei doch eher gemütlich wie ein Krimi. Mir gefällt das im Übrigen recht gut, was sie schreibt, schon die Atmosphäre des Moordorfes mit Abteiruine und Friedhof.

Bei jedem Zweifel wurde mir von Kollegenseite geraten, doch das zu schreiben, was mir in die Finger käme und wofür ich brenne. Das habe ich auch getan, nur kollidiert es immer wieder mit dem "Markt"! Meine eigensten Bücher waren fast immer die am schlechtesten verkauften, von Verlags- und Agentenseite her gesehen. Den besten Rat, den mir andere gaben und den ich auch weitergeben würde, ist der: einfach immer weiterschreiben, die Texte optimieren und sich nicht beirren lassen! Alles, was mir in den letzten Wochen durch den Kopf ging, habe ich im Blog von Petra A. Bauer wiedergefunden.

Machen Verlage die Autoren kaputt?

Darin beschreibt sie das Dilemma der Autoren und der Trends, denen immer hinterhergehechtet wird. Bei den langen Vorlaufszeiten ist der Zug meist wieder abgefahren, wenn das Buch veröffentlicht wird. Was die E-Books betrifft, rät die Autorin davon ab, aktuelle Herzensprojekte in den Ring zu werfen - sie sieht das eher als Möglichkeit, vergriffene Werke wieder aufzulegen. So, wie ich es ja auch getan habe und wieder tun würde. Übrigens fällt mir dabei ein Thema ein, das ich schon mal in einem Roman verarbeitet habe: Die Suche nach dem Stein der Weisen ("Das Vermächtnis des Bischofs"): Da wird die Suche nach dem Stein allmählich ab absurdum geführt - um dann doch als Frage offen zu bleiben. (Und prompt kam wieder eine Kritik, die den Roman nicht "historisch" genug fand!) Genauso agieren gerade die Verlage und auch viele Autoren: Irgendwo muss doch das Rettende stecken, irgendwo muss es doch herkommen, irgendwie muss es mir dir ihm ihr ihnen doch gelingen, endlich aus niederen Metallen Gold zu machen!

Siehe dazu auch: Such dir ein globales Dorf von Petra van Cronenburg.

Freitag, 22. Februar 2013

Mein erster Roman weltweit erhältlich!

Das ist ein kleiner Muntermacher für mich in diesen kalten, trüben Tagen mit dem Grieselschnee: Nachdem der Verkauf meines E-Books "Eduard Mörike. Ein Leben auf der Flucht" sich der Nullgrenze entgegenbewegt, hat sich andernorts anscheinend eine Menge getan. Die Printausgabe wird jetzt nicht nur in der Stanford University von Kalifornien zur Ausleihe angeboten, sondern noch von ca. 15 anderen Bibliotheken weltweit! Beziehungsweise wurden diese Einträge erst jetzt "hochgeschwemmt", und ich habe nie gewusst, dass das Buch in all diesen Bibliotheken steht. Fazit: Die E-Book-Ausgabe eines Buches, selbst 10 Jahre nach erstmaligem Erscheinen, kann ihm einen enormen unerwarteten Auftrieb bringen, es wird sicht-barer. Hier die Auflistung:
1.
Bloomington, IN 47405 United States


2.
Stanford, CA 94305 United States



3.
Berkeley, CA 94720 United States



4.
New York, NY 10018 United States




5.
Yale University
Sterling Memorial Library
New Haven, CT 06520 United States




6.
Strasbourg CEDEX, 67070 France



8.
Universitätsbibliothek Kiel
Zentralbibliothek
Kiel, 24118 Germany


9.
Deutsche Nationalbibliothek
German National Library
Frankfurt am Main, D-60322 Germany


10.
Hofbibliothek Aschaffenburg
Hofbibliothek und Stiftsbibliothek Aschaffenburg
Aschaffenburg, D-63739 Germany


11.
Frankfurt am Main, D-60325 Germany
12.
Lausanne-Dorigny, 1015 Switzerland


Basel, 4051 Switzerland
Buch Buch

14.
Universität Bern
University of Bern
Bern 8, 3000 Switzerland


15.
Université de Neuchâtel
Bibliothèques de l'Université
Neuchâtel, 2000 Switzerland


16.
Bayerische Staatsbibliothek
Bavarian State Library (BSB)
München, D-80539 Germany


Erste Seite
 

Donnerstag, 21. Februar 2013

Kleine Fluchten als "Therapie"

Gestern haben wir - wie jetzt eigentlich immer häufiger -eine kleine Flucht nach vorn angetreten, nach Stuttgart, der "Großstadt zwischen Wald und Reben". Es gibt Städte, Dörfer und Landschaften, die allen Frust, den man mit sich herumschleppt, vergehen lassen. Vergessen sind schwierige Arbeitsbedingungen, Elster-Formulare, unstete Verlage und missmutige Mitmenschen. Fahr mal hin, sollte die Devise sein, nix wie weg oder getreu dem Motto von Gary Moore: Over the Hills and far away!

Dienstag, 19. Februar 2013

Das diebische Elster-Formular

Wenn ich morgens aufwache, höre ich die Elstern keckern und im Walnussbaum miteinander zanken. Sie zanken sich um die größten Brocken, wie alle Kreaturen auf der Welt sich um die dicksten Brocken zanken. Der Elster wird nachgesagt, dass sie Silberlöffel stiehlt, um ihr Nest damit aufzuwerten. Seit ein, zwei Jahren gibt es eine andere Art von Elster, die nicht minder silberlöffelgierig ist. Die Steuererklärungen kommen nicht mehr mit der Post, sondern man muss sie online ausfüllen oder aber persönlich zum Rathaus wackeln und die Formulare abholen. Etwa im September letzten Jahres bekam ich die Aufforderung vom Finanzamt, nun doch endlich meine Steuererklärung abzugeben. Ich habe es mit der Elster versucht, aber irgendwann hatte ich das Bedürfnius, in die Tastatur zu beißen und die Wände hoch - und runterzurasen. Immer, wenn ich ein Feld nicht ausgefüllt habe, das ich nicht ausfüllen k o n n t e, ging es nicht weiter. Man konnte das Dingens dann weder speichern noch ans Finanzamt weiterleiten. Schließlich habe ich kapituliert und bin zum Rathaus unserer Stadt gegangen, den Wagen so geparkt, dass ich nicht auch noch ein Knöllchen abkriegen würde. Die Formulare lagen griffbereit beim Empfang. Nun füllte ich den Vordruck brav aus und bekam ein paar Monate später den Auftrag, eine geringe Summe nachzuzahlen, was ich auch tat. Aber es muss außerhalb der angegebenen Frist gewesen sein, denn nach einer Mahnung kam ein Schreiben mit der "Androhung einer Zwangsvollstreckung"!. Ich habe nur den Kopf geschüttelt und mich gefragt, was der Bürger sich eigentlich noch alles gefallen lassen muss - nachdem er jahrelang zum Beispiel 10 Euro Praxisgebühr gezahlt hat, was dann mit einem Mal nicht mehr nötig war.

Nun ist es wieder soweit: Die Steuererklärung ist fällig. Diesmal ging es einwandfrei mit dem Ausfüllen des Elsterformulars, und ich war schon fast glücklich. Alle Bescheinigungen des Arbeitgebers, der Bank und des Verlages lagen griffbereit. Gerade wollte ich aufatmend auf "Ans Finanzamt übermitteln" drücken, da kommt ein roter Balken und sagt, ich solle die Religionsgemeinschaft eintragen. Wie könnte ich das, ohne zu lügen, da ich doch ausgetreten bin? Also schreibe ich "Keine" hin. Und will abschicken. Da kommt ein roter Balken und sagt: Ich solle das ausländische Land eintragen, in dem ich Kapitalertrräge erwirtschaftet hätte. Ja heilisakralausitzidanocheinmal! Will ich es ausdrucken, streikt der Drucker, meldet Papierstau, obwohl da gar kein Stau ist und hat kaum noch Tinte drin. Ich habe das alles jetzt erstmal mit einem Fluch in die Dateien zurückbefördert. Ich muss es der diebischen Elster ja gar nicht so bald in den Rachen werfen. Sie werden nämlich, sobald sie von einer "Einnahme aus selbständiger Arbeit" hören (sprich: Verlagsertrag) sofort den spitzen Schnabel wetzen und mir mindestens ein Drittel bis die Hälfte davon wegnehmen und womöglich noch viermal im Jahr eine Steuervorrauszahlung auf meine Bücher von jeweils 300 Euronen abfordern! Zweimal ist es mir schon gelungen, das abzuwenden, weil die Einnahmen ja gar nicht regelmäßig fließen. Wollt ihr wissen, was ich an einem Buch verdiene? Über zwei Jahre verteilt? Knapp zwei Monats-Nettogehälter! Da frage ich mich wirklich, wie Durchschnittsautoren jemals von ihrer Arbeit leben können sollen!

Donnerstag, 14. Februar 2013

Georg Lotz und die "erbettelten Rezensionen" oder: ruhmsüchtige Autoren

Hamburg Jungfernstieg 19.JH, gemeinfreies Bild

Mein Vorfahr Georg Lotz (1784-1844), war kein großer Schriftsteller, aber ein Literaturkritiker, Autor, Übersetzer und Verleger. Darüber hinaus vermittelte er Theateraufführungen in seinem Haus in Hamburg. In dem Buch über das Hamburger Biedermeier von Herrmann Blumenthal wird Lotz als "eine exemplarische literarische Existenz in der 'wenig aufgehellten Geistesgeschichte Hamburgs im neunzehnten Jahrhundert" gewürdigt.
Zitat Blumenthal: "Er war Kaufmann in Marseille, dann als Agent mehrerer Handelshäuser in Berlin und Leipzig tätig, bevor er sich wieder in seiner Heimatstadt Hamburg niederliess. Georg Lotz gründete 1817 die Zeitschrift "Originalien", mit der er über seine Heimatstadt hinaus Bedeutung erlangte. Ein Augenleiden liess ihn völlig erblinden. Mit einer umfassenden Würdigung von Lotz' Leben und Werk sowie einer umfangreichen Auswahl aus seinen damals vielgelesenen Schriften (Gedichte, Versspiele der Muße, Novellen (Die Jüdin von York. Stumme Liebe) und literarische und kritische Aufsätze über Veröffentlichungen  (...)anderer Autoren."
Zitat Ende.

Diese Biografie über meinen Vorfahr habe ich aus der umfangreichen Bibliothek meines Vaters Johann Georg Lotz entnommen, der die vielen alten Bücher wiederum von seinem Vater Paul Lotz erhalten hatte. Die Bibliotek diente mir übrigens schon mal als Ausgangspunkt eines Romans, der nie veröffentlicht wurde, ebenso wie das Kontor meines Großvaters in der Ferdinandstraße nahe der Hamburger Alster. Paul Lotz war ein bibliophiler Antifaschist, der in die Niederlande emigrierte und deshalb bei uns immer "Opa Holland" hieß. Darin befinden sich auch Tagebücher von Friedrich Hebbel, dessen Erfolgsstück "Judith" Georg Lotz in seinem Haus in Hamburg aufführen ließ. Es ist von Streitereien mit der Dame eines Literatursalons die Rede, die davon sprach, die Rezensionen seien "erbettelt", was Hebbel zurückweist. Allerdings habe Lotz ihn mit Goethe verglichen, was man ja nun wirklich nicht tun dürfe (in Wirklichkeit hatte Lotz geschrieben, das Stück gefalle ihm am besten gleich nach "Faust II: Freund-und Feind-Stimmen zu Hebbel). Ist das nicht wie in einem Autorenforum? Da treten Franz Kafka, Sigmund Freud, Theodor Fontane, Theodor Storm auf und viele andere Schriftsteller ihrer Zeit, verreißen den armen Hebbel oder loben ihn hoch in den Himmel. Hebbel bedankt sich enthusiastisch in seinen Tagebüchern. Würde er heute leben, hätte er das wohl in einem Blog getan! :-)

Dasss es auch durchaus lustig zuging, zeigt der "poetische Scherz" von einem Adolf Müllner, den Lotz in den Originalien veröffentlichte: Lotz hatte Müllner ein Paket mit Hummern und Madeira geschickt. Daraus entspann sich folgender Dialog:
Lotz: "Glücklich, wenn unser Fleisch behaget dem tragischen Fürsten,
Und er lächelnd gesteht: siehe, die Bursche sind gut.
Denn wer genug getan hat seiner Mitlebenden Besten,
Der hat genug getan jeder folgenden Zeit."

Darauf Müllner: "Krebse verderben Verlegern den Magen,
Kurz vor der Leipziger Messe zumal;
Aber ein Autor kann Hummer vertragen 
Bei dem madeiragefüllten Pokal. (...)" 

Jungfernstieg-in der ersten Straße links befand sich das Kontor meines Großvaters

Weitere Artikel dazu:
Georg Lotz und die E-Books
Verleger und Autoren-eine unendliche Beziehungsgeschichte! 
 

Mittwoch, 13. Februar 2013

Social Media -ein Entfremdungsmodell?

Wann ist genug genug?

In den letzten Tagen las ich vermehrt in den umgebenden Blogs, dass Autoren bei Facebook&Co ausgestiegen seien, sich zumindest mit dem Gedanken daran tragen oder gar nicht erst auf den fahrenden Zug aufspringen-zum Beispiel bei Alice Gabathuler, Schreibblockade  und Jutta Wilke. Bei mir ist es so, dass ich zwar durch Autorenforen und Blogs am meisten gelernt habe. Sowohl Twitter als auch FB waren und sind Mechanismen für mich, die mich anfänglich begeisterten, teilweise aber auch zu häufigem Kopfschütteln führten. Dann wurde ich mehr und mehr hineingesogen, stellte fest, dass die Zeit mindestens doppelt so schnell verging und ich das eigene Leben letztendlich versäumte. Jeweils nach einem halben Jahr habe ich festgestellt, dass meine ursprüngliche Intention, nämlich eine Buchidee oder ein E-Book bekannt zu machen, fehlgeschlagen war. Und es war für mich immer wieder enttäuschend zu sehen, dass die mit viel Mühe und Zeit angefertigten Blogbeiträge, die ich dort verlinkt hatte, von kaum jemandem gelesen werden. Ich selbst lese zwar verlinkte Blogbeiträge anderer, aber keine Zeitungsartikel oder Hintergrundinformationen zu Dingen, die mich eigentlich nicht interessieren müssen. Wo war ich denn, bevor dieser Hype begann? In Autorenforen, noch früher in gesellschaftlichen Gruppen, die etwas bewegen wollten, wie bei den Grünen. Da habe ich mit Begeisterung Zeitungsartikel geschrieben, mit den Parteifreunden in der Wirtschaft gesessen und Feste gefeiert. Ich habe glücklicherwiese keine 2000 Freunde bei Facebook (dafür kommen jetzt täglich neue Follower bei Twitter dazu), sondern 119, die ich auf 96 reduziert habe. Man kann so viele Freundschaften nicht pflegen, ohne sich völlig von sich selbst zu entfernen!

Das andere Szenarium ist folgendes: Was das Schreiben betrifft, stehe ich an einer Kreuzung mit vier Astgabeln. Einer weist auf den Verlag, der im Sommer einen Roman von mir herausbringt. Wenn der floppt, brauche ich mir um weitere Verträge keine Hoffnung machen, auch der Krimi wird dann wohl nicht mehr untergebracht. Die zweite Astgabel ist das Self Publishing, das aber wie ein Berg vor mir steht. Wie soll ich das alles bewältigen? Irgendwie habe ich auch den Eindruck, als spielten meine Bücher im Internet so gut wie keine Rolle. Wenigstens habe ich jetzt mal bei KDP SElect gekündigt, um mein E-Book ab 3. März auch woanders einstellen zu können. Die dritte Astgabel wären Klein- und andere Verlage, die ich ohne Agentur suchen könnte. Und die vierte wäre die Option, bloß noch Blogbeiträge zu schreiben und alles, was sonst noch so aus meiner Feder fließt (siehe auch "Orte zum Reinschmecken") einfach ins Netz zu stellen. Irgendwann könnte ja mal jemand vorbeikommen und es drucken wollen ...
Siehe dazu auch "Und immer wieder: die Verkaufszahlen", vor zweieinhalb Jahren  im Blog geschrieben, als das Wünschen noch geholfen hat und die Situation gar nicht so viel anders war.

Montag, 11. Februar 2013

Mein Vorfahre Lotz und die E-Books

Karl Kloiböck, mein langjähriger schreiberischer Begleiter und Testleser der ersten Stunde hat noch mehr Werke meines Schriftsteller-Vorfahren im Netz ausgegraben: Novellen, Erzählungen und Romane. Es gibt sogar eine Erzählung über Dante und Beatrice. Vielleicht ist der Schauplatz auf dem Weg der Archetypen zu mir gekommen? Denn auch ich habe ein Buch über die Stadt Florenz geschrieben. Georg Lotz würde sich allerdings wundern, wenn er wüsste, dass seine Bücher jetzt auch als kostenlose E-Books zu haben sind ...

Donnerstag, 7. Februar 2013

Verleger und Autoren-eine unendliche Beziehungs-Geschichte!

Durch eine Diskussion auf Facebook angeregt, bin ich wieder auf einen meiner Vorfahren gestoßen, Georg Lotz (1784-1844), der in Hamburg, München und anderswo lebte. Er war ein Schriftsteller seiner Zeit, Kaufmann, Autor, Übersetzer und Herausgeber, verkehrte im Literatursalon Heinrich Heines und übersetzte Sir Walter Scott, den Vater des historischen Romans. Von ihm stammen historische Romane und Erzählungen wie "Abendfahrten auf den Lagunen" oder "Die Jüdin von York". Sein Reisebuch "Wanderungen eines jungen Norddeutschen in Spanien, Portugal und Noramerika" ist 2010 und 2011 als Reprint neu aufgelegt worden und wird von vielen Portalen wie Weltbild angeboten, allerdings zum stolzen Preis zwischen 79,90,- und 230,-Euro. Deshalb gibt es natürlich schwuppdiwupp auch gleich einen kostenlosen Download. Im Zuge dieser Recherchen fand ich auch noch einen Brief des Verlegers Campe (Hoffmann und Campe) an Heinrich Heine, der damals in Paris in der Rue Cité Bergère No 3 lebte. Darin beklagt sich Campe über Georg Lotz, der in München krank darnieder liege, nichts zu beißen habe und ihn um einen Vorschuss für sein nächstes Buch gebeten hätte. Campe gab das Geld, auch wenn er selber nicht viel hatte. Es verging eine lange Zeit, aber das Buch kam und kam nicht, auch wenn Campe es alljährlich anmahnte. Schließlich habe Lotz das Geld zurückzahlen wollen, aber das ging Campe gegen den Strich, weil er doch das Buch haben wollte und nur das Buch!


Zwischen damals und heute liegen Welten, nicht wahr? Heute kannst du zehn Bücher geschrieben haben und fühlst dich immer noch wie ein Bittsteller bei den Verlagen. Warten auf Zusagen, Zittern, wenn es heißt, wir müssen erst die Verkaufszahlen abwarten, bevor wir ein weiteres Manuskript anbieten können. Anfangs rannte man jeden Tag zum Briefkasten, ob eine Antwort des Verlags auf das angeforderte Manuskript da war. Später war es die elektronische Mailbox, die man wieder und wieder ausquetschte, bis endlich eine erlösende Antwort kam, sei sie positiv oder negativ. Ja, es war eine Mail, die mein Leben veränderte. Im Februar 2002 kam die Mail eines Verlegers, bei dem ich schon persönlich vorgesprochen hatte, mit der Antwort, dass man mein Buch veröffentlichen wolle, wenn ich bereit sei, kleinere Änderungen zusammen mit dem Lektorat vorzunehmen. Ich schwebte tagelang über den Baumwipfeln! Zehn Jahre und zehn Bücher weiter sehne ich mich immer noch nach einer Mail oder einem Anruf, die mein Leben verändern könnten. Aber sie kommen nicht bzw. sie sind alle schon dagewesen. Mein Leben hat sich radikal verändert. Georg Lotz lebte in einer Zeit, als die Verleger noch zum Autor kamen, wir leben in einer Zeit, in der wir uns überlegen müssen, ob wir diese unendliche Geschichte noch weiter aushalten, die Sache selbst in die Hand nehmen oder einfach weitermachen und auf bessere Zeiten warten wollen.

Sonntag, 3. Februar 2013

Bücher auf der grünen Wiese

Gestern, in Tübingen. Beim Gang vom Uhlanddenkmal durch die Platanenallee wird das ganze Ausmaß des Desasters sichtbar: ein Hochwasser, das ich dort noch nie so erlebt habe! Die Leute stehen auf der Neckarbrücke und schauen sich das Spektakel an. Wir kämpfen uns die Neckargasse hoch, trinken einen Kaffee beim Italiener. Im modernen Antiquariat in der Hirschgasse steht ein Schild. (Hier wurde auch meine Mörike-Printausgabe noch an den Leser gebracht)
                       
Verehrte Kunden, steht da sinngemäß. Viele Leser kaufen ihre Bücher jetzt im Internet oder auf der grünen Wiese. In Reutlingen, Stuttgart, Esslingen sind die Einkaufsmöglichkeiten besser als in unserer Stadt. Deswegen gehen wir jetzt online. AUSVERKAUF! 50% auf die Hälfte des Preises!
Ein Stück weiter vorne: Der Rimpo ist umgezogen, der traditionelle Platten-und CD-Laden, von der Ecke Hirschgasse/ Marktstraße ganz hinten in die Ammergasse, viel kleiner und enger alles jetzt.

Es fängt an zu regnen, alles ist grau und kalt. Schnell weg, durch den Tunnel zurück zum Auto. In der Parkanlage leuchtet es gelb unter den Bäumen. Die ersten Winterlinge, wie immer in Tübingen, denn der nächste Frühling kommt bestimmt, irgendwann. Auf der Rückfahrt durch das Neckartal sehen wir riesige Seen, wo einst Wiesen und Äcker waren. Reißende Fluten wälzen sich über das Land, vor Imnau ist die Straße wegen Hochwassers gesperrt. Also die steile Straße den Berg hinauf. In Schwalldorf tanzen die Narren auf der Straße, da dürfen wir nicht durch. Also ausweichen und oben weiter Richtung Horb.Wie närrisch bunt und grau ist doch die Welt!