Montag, 29. März 2010

Nachricht vom Schreibteufelchen

Das Leben als Autorin (und als Betreuerin psychisch Kranker) wird nie langweilig, ständig ist etwas los, gibt es neue Perspektiven, viel zu bedenken.
Am Samstag flüsterte mir das geheimnisvolle Männchen etwas zu. War es vielleicht mein Schreibteufelchen? Auf jeden Fall saß es in einer Buchhandlung in Reutlingen, kramte in einer Schublade unter dem Regal, in dem mein Buch steht, winkte mich mit einer Bewegung seiner kleinen schwarzen Hand heran und sagte leise: Da drin ist nichts mehr, deine Bücher haben sich komplett verkauft! Das da oben ist das Letzte.
Und, muss ich jetzt wieder eins nachwerfen?
So sieht es aus. Aber du bist ja am Ball, hast noch andere Projekte laufen. Mach es nicht wie Frau Meckel, die aus lauter Selbstdarstellungsgier dort landete, wo sie jetzt ist.
Ich werde mit mir Haus halten, Teufelchen. Apropos Haushalt. Wusstest du, dass frische Eier gar nicht frisch sein müssen? Ich hatte eine alte und eine neue Eierpackung, freilaufend selbstredend, und das Ei von der alten Packung schwamm tiefer im Wasser als das von der neuen.
Die Welt will betrogen sein. Man darf nicht immer glauben,was auf den Packungen steht.
Ja, soll ich die Eier denn mit einem Becher Wasser in der Hand kaufen?
Am besten selber Hühner halten. Was planst du?
Ich würde mir gern einen Regionalkrimi kaufen. Den da: "Rauhnacht" von Volker Klüpfel, ein Allgäu-Krimi.
Willst du etwa selber Regio-Krimis schreiben?
Nein, keine Kommissar-Serien. Will nur wissen, ob ich Lust dazu hätte. Und "Rauhnacht" ist ein toller Titel, finde ich.
Nimm lieber das erste der Reihe, "Milchgeld", das kostet auch weniger. Dann kannst du immer noch entscheiden. Und deine literarischen Ambitionen?
Dafür habe ich dies hier gekauft. Stolz zeige ich ihm meine Erwerbung:
"Die Kunst des Wanderns. Ein literarisches Lesebuch." Mit Texten von Flaubert über Hölderlin bis Adorno.
Gut, gut. Das Teufelchen nimmt das Buch und setzt sich in einen der plüschigen Sessel. Ich bringe ihm eine Tasse Kaffe, und mir ebenfalls eine.
Also, fängt es an, wohin soll die Reise gehen?
Ich schreibe mein Reisebuch, mach das andere fertig und dann ...
Und dann?
Dann kommt noch ein Kalender, und ich kenne inzwischen eine Lyrikerin mit Koch-Gedichten, und dann...
Und dann?
Ach Teufelchen, ich weiß es noch nicht, sag du mir doch, wo es langgehen soll. Genreschreiben ist trendabhängig, Genrewechseln geht nur mit Pseudonym, sagt man, meinen Thriller muss ich bestimmt in einer Erzählung verwursteln, die ich vergeblich zu Literaturwettbewerben senden werde.
Du wirst deinen Weg schon gehen, sagt das Teufelchen und bläst die Backen auf. Wird es jetzt gleich in die Luft gehen, Schwefel um sich verbreiten, Purzelbäume schlagen, mich mit seiner kleinen schwarzen Gabel pieken? Alle würden herschauen, wie peinlich. Nichts dergleichen geschieht.
Denk dran, Denis Scheck würde dich wohl nicht in die Tonne werfen, so er deine Bücher in die Hände bekäme.
Das läuft mir runter wie Öl.
Bis morgen, sagt das Teufelchen.
Wieso bis morgen?
Hast du es schon vergessen?
Ich merke, wir sind inzwischen in meiner Wohnung. Der alte PC grummelt vor sich hin.
Stimmt ja, ich bringe den Rechner heute zum Freund meines Sohnes, und morgen werde ich einen Windows7 haben, ganz günstig und in schwarzsilbernem Design. Bis morgen!