Freitag, 13. Mai 2016

Schlechtwettertrauma

Vor einiger Zeit sah ich im Blog eines mir bekannten Autors die Überschrift: "Petrus auf offener Straße erschossen!"Las sich wie eine Zeitungsmeldung in dem Sinne: Wegen anhaltender Schädigung der Bevölkerung wurde Petrus eliminiert. Dabei blieb es offen, welche Konsequenzen das haben würde. So drastisch müssen wir in der Sache ja gar nicht vorgehen. Schon in der Schule musste ich mal einen Aufsatz schreiben, ob man sich von schlechtem Wetter beeinflussen lassen sollte. Damals hing ich, glaube ich, noch in der Schiene: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung. Das ist aber, so merkte ich im Lauf der Jahre, wahrscheinlich nur ein Versuch, den Umsatz der Regenbekleidungsindustrie anzuheizen. Schlechtes Wetter ist doof und bleibt doof, besonders wenn es zu Pfingsten kommt und die ganze darauffolgende Woche bleibt. Weihnachten war es wärmer als jetzt!, schreien die Zeitungen. Nass werden ist dabei gar nicht mal so schlimm. Die Farben werden grau und lustlos, die Vögel pressen den Schnabel zusammen und die Gesichter der Menschen sind verbissen oder hoffnungslos.

Nun habe ich ja vergangenen Dienstag den hervorragenden zweistündigen Vortrag der Psychologin und Traumaexpertin Michaela Huber angehört. Von Trauma kann natürlich keine Rede sein, wenn irgendetwas im täglichen Umfeld schiefgeht. Ich erinnere mich an die sogenannte "Kühlschrankdepri", die manche Zeitgenossen befällt, wenn sie da hineingucken. Aber man kann etwas anderes aus dem ableiten, was mir von dem Vortrag stark im Gedächtnis zurückgeblieben ist.
Bisher dachte ich immer, wenn das Wetter dauerhaft schechter, unbeständiger und unbegreiflicher wird, kann ich ja immer noch schreiben. Das funktioniert aber nicht so einfach. Schönes Wetter, das es bis vor einigen Jahren in zuträglichem Umfang noch gab, beflügelt die Phantasie, entlastet Körper und Seele, lässt die Vögel singen, die Menschen freundlich gucken und die Pflanzen wachsen. Da nützt alles Schreiben dagegen an überhaupt nichts. Aber man kann, so lernte ich in dem besagen Vortrag, seine Ressourcen finden und neu erwecken, für sich selber sorgen und nicht immer nur für andere, neue Wege gehen. Schlechtes Wetter, auch wenn es sich über die Jahre wiederholt, kann an sich kein Trauma auslösen. Echte Traumata gehören in die Hand des Psychotherapeuten. Aber dauerhaft mieses Wetter kann eine Art Phobie auslösen, nämlich es vermeiden, ständig davor fliehen  zu wollen, sich wie in einem Gefängnis zu fühlen. Denn konnte an früher noch in den Süden fahren, muss man derzeit feststellen, dass die Tiefdruckzonen sich eben dort befinden und die schwülwarme Luft zu uns herüberschaufeln. Diesem Phänomen müssen wir uns stellen und das für uns Beste daraus machen. Wobei das keine andere Erkenntnis ist als die, zu der ich in meinem jugendlichen Schulaufsatz gekommen bin.

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